Polizeirechtlicher Stadtrundgang
2.
Halt: Generalklausel - Voraussetzungen
Boygroup Schwerpunkte: Grundbegriffe der polizeirechtlichen Generalklausel - Verfassungsmäßigkeit der Verwendung des Begriffs "öffentliche Ordnung" - Voraussetzungen einer Störung der "öffentlichen Ordnung" Nathalie Neuschwander: "In unserem ersten Fall lernen wir letztlich die allgemeinsten Grundlagen des Polizei- und Ordnungsrechts kennen. Es geht um die sog. polizeirechtliche Generalklausel, die sich im Saarland in § 8 Abs. 1 SPolG findet, ihre Verfassungsmäßigkeit und die Definition der dort verwandten Begriffe. Tatsächlich sind diese Definitionen immer heranzuziehen, wenn der Bundes- oder Landesgesetzgeber die Begriffe 'Gefahr', 'öffentliche Sicherheit', 'öffentliche Ordnung' usw. verwendet (deutlich etwa BVerwG, 7 C 20/15 v. 20.10.2016, Abs. 12 = NVwZ 2017, 624 Abs. 12; BVerwG, 3 C 46/16 v. 14.9.2017, Abs. 18 = BVerwGE 160, 169 Abs. 18). Daher können Sie diese Definitionen gleich mal auswendig lernen; wir werden sie immer wieder brauchen und in Klausuren kann man sie sich nicht so einfach rekonstruieren, weil es sich um über hundert Jahre alte Zweckbegriffe handelt, deren Inhalt sich nicht von selbst erklärt (der aber in allen Bundesländern gleich verwendet wird). Studierende und Rechtsreferendare in Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Sachsen haben insoweit allerdings seinen gewissen Vorteil. Denn die Polizei- und Ordnungsgesetze dieser Länder enthalten 'Begriffsbestimmungen', die die gängigen polizeirechtlichen Begriffe legaldefinieren (siehe § 2 BremPolG, § 3 Abs. 3 SOG M-V, § 2 Nds. SOG, § 3 SOG LSA, § 3 SächsPBG, § 4 SächsPDVG). Auf diese Legaldefinitionen ist dann aber auch in der Fallbearbeitung zu verweisen - allerdings nur wenn und soweit diese Gesetze auch anwendbar sind (weil die Legaldefinitionen nur innerhalb des Anwendungsbereichs der jeweiligen Gesetze gelten). Insbesondere können diese Legaldefinitionen nicht unmittelbar zur Auslegung von Bundesrecht herangezogen werden, weil Landesrecht natürlich nicht Bundesrecht konkretisieren kann. Dies hindert aber natürlich nicht daran, diese landesrechtlichen Legaldefinitionen gleichsam als 'Spickzettel' auch für die Definition der gleichlautenden Begriffe im Bundes- und Landesrecht zu nutzen. Denn die jeweiligen Landesgesetzgeber haben insoweit nur die überkommenen und von der Rechtsprechung eben bei der Auslegung aller Gefahrenabwehrgesetze einheitlich verwendeten Definitionen in Gesetzesform gegossen. Zu den Definitionen dann doch noch etwas Historisches. Sie gehen vielfach auf die Rechtsprechung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts zurück, wobei die bekanntesten Entscheidungen in diesem Zusammenhang die sog. Kreuzberg-Erkenntnisse sind: PrOVG, Erkenntnis v.10.6.1880, Preußisches Verwaltungsblatt 1879/80, 401 ff. (Nachdruck DVBl. 1985, 216 ff.) und PrOVG, II B 23/82 v. 14.6.1882 = PrOVGE 9, 353 ff. (Nachdruck in DVBl. 1985, 219 ff. und VBlBW 1993, 271 ff.). Sie sehen, ich habe Ihnen diese Urteile sogar ausgedruckt und mitgebracht. Ihre Bedeutung wird ausführlich in einem Beitrag von Kroeschell (VBlBW 1993, 268 ff.; ferner Rott, NVwZ 1982, 363 f.) dargelegt. Vielleicht haben ja einige von Ihnen Lust, sich hiermit einmal zu beschäftigten. Wir gehen aber jetzt zu unserem Fall, bei dem wir auch lernen können: Definition ersetzt nicht Subsumtion. Wenn die Begriffe der polizeirechtlichen Generalklausel definiert sind, müssen Sie fragen, ob ihre Voraussetzungen im vorliegenden Fall auch tatsächlich erfüllt sind. Hier liegt der Schwerpunkt unserer Arbeit . . ." Verlaufen? Folgen Sie diesem Zeichen: |
Die
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1.
Halt: Begrüßung: Organisation der Polizei
- Einheits- und Trennungssystem 2. Halt: Generalklausel - Voraussetzungen Boygroup-Fall Waschanlage-Fall Laserdrome-Fall3. Halt: Generalklausel - Verhältnismäßigkeit und Störerauswahl 4. Halt: Inanspruchnahme des Nichtstörers Kameradschaftsbund Deutsche Eiche-Fall5. Halt: Polizeipflichtigkeit von Hoheitsträgern 6. Halt: Anspruch auf polizeiliches Einschreiten 7. Halt: Standardmaßnahmen und ihr Verhältnis zur Generalklausel Fahrrad weg-Fall8. Halt: Versammlungsrecht Saarheim Alternativ-Fall9. Halt: Verwaltungsvollstreckungsrecht Nächtliche Schlagfertigkeit-Fall Be- und Erstattung-Fall10. Halt: Exkurs: Abschleppfälle 11. Halt: Schadensersatz- und Ausgleichsansprüche Die-Göttin-Fall12. Halt: Polizeiverordnung Ordnungsliebe-Fall13. Halt: Gefahrenabwehr durch Vertrag 14. Halt: Gefahrenabwehr und Staatsrecht Zusammenfassung und Verabschiedung |
Zeichnung: Dr. Satish Sule
© Klaus Grupp (Universität des Saarlandes) und Ulrich Stelkens (Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer)
mit freundlicher Unterstützung der jurmatix Legal Intelligence UG (haftungsbeschränkt), Gersheim