Lösungsvorschlag
Sammy im Saarheimer See
Stand der Bearbeitung: 1. September 2023
© Klaus Grupp (Universität des Saarlandes) und Ulrich Stelkens (Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer)
mit freundlicher Unterstützung der jurmatix Legal Intelligence UG (haftungsbeschränkt), Gersheim
Siehe hierzu
zur Frage der Erledigung eines Handlungspflichten auferlegenden Verwaltungsaktes durch Vollstreckung im Wege der Ersatzvornahme: BVerwG, 7 C 5.08 v. 25. 9.2008, Abs. 12 f. = NVwZ 2009, 122 ff.; BVerwG, 8 C 5/15 v. 15.6.2016 = NVwZ 2017, 236 ff.; VGH Mannheim, 5 S 2104/95 v. 19.1.1996, = VBlBW 1996, 302; VGH Mannheim, 10 S 2350/07 v. 8.1.2008 = VBlBW 2008, 305; VGH Mannheim, 1 S 512/19 v. 3.5.2021 = VBlBW 2022, 16 ff.; OVG Münster, 10 A 3363/92 v. 4.11.1996 = NWVBl. 1997, 218, 219; Enders, NVwZ 2009, 958 ff.; Jäckel, NVwZ 2014, 1625 ff.; Labrenz, NVwZ 2010, 22 ff.; Pietzcker, in: Festschrift für Wolf-Rüdiger Schenke, 2011, S. 1045, 1052 ff.; Reimer, Die Verwaltung 48 (2015), 259 ff.; Schwerdtfeger/Alheid, NdsVBl. 2021, 153 ff.
die Fallbearbeitungen von Guldi, VBlBW 1997, 278 (Fall) und 316 ff. (Lösung); Klaß, JA 2014, 273 ff. - und zur zivilrechtlichen Seite des Falles: Bröcker/Cosack, JuS 1994, 1036 ff.
Rathgeber wird sich zunächst fragen müssen, was Escher überhaupt will: Erkennbar sieht sich Escher sowohl durch die Aufforderung der Polizisten, den Kaiman aus dem See zu holen, in seinen Rechten beeinträchtigt als auch durch den Kostenbescheid selbst. Rathgeber wird also untersuchen müssen, welche Rechtsbehelfe gegen diese Maßnahmen jeweils in Betracht kommen.
Erster Teil: Rechtsbehelfe gegen die Aufforderung, den Kaiman einzufangen
Die Aufforderung, den Kaiman einzufangen, stellt unproblematisch einen (mündlichen) Verwaltungsakt i.S.d. § 35 SVwVfG dar, das nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 SVwVfG anwendbar ist. Um gegen diese Maßnahme vorzugehen, erscheint insoweit zunächst die Erhebung eines Widerspruchs nach § 69 VwGO als geeigneter Rechtsbehelf. Dieser Rechtsbehelf hat Aussicht auf Erfolg, wenn er zulässig und begründet ist.
A) Zulässigkeit
Der Widerspruch ist zulässig, wenn die Voraussetzungen der §§ 68 ff. VwGO gegeben sind.
Anmerkung: Zur Zulässigkeit eines Widerspruchs siehe diesen Hinweis.
I. Vorliegen einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit i.S.d. § 40 VwGO
Die Zulässigkeit des Widerspruchs hängt zunächst davon ab, ob im Klageverfahren eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit i.S.d. § 40 VwGO vorläge, weil nur in diesem Fall die §§ 68 ff. VwGO Anwendung fänden, da die Regelungen über das Widerspruchsverfahren an die Regelungen über die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs anknüpfen.
Anmerkung: Siehe hierzu Hufen, § 6 Rn. 2.
Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit i.S.d. § 40 VwGO liegt vor, weil die für die Streitentscheidung maßgeblichen Normen solche des Polizeirechts sind und damit dem öffentlichen Recht zugehören.
Anmerkung: Das Saarland bezeichnet als "Polizei" i.S.d. SPolG (s. § 1 Abs. 1 SPolG) die Vollzugspolizei (§§ 82 ff. SPolG) und die Polizeiverwaltungsbehörden (§§ 75 ff. SPolG), denen gemeinsam die Aufgabe der Gefahrenabwehr (s. § 1 Abs. 2 SPolG) zugewiesen wird. Sowohl die Vollzugspolizei wie die Polizeiverwaltungsbehörden können sich damit unmittelbar auf die im SPolG enthaltenen Ermächtigungsgrundlagen berufen - es sei denn, eine bestimmte Ermächtigung ermächtigt ausschließlich die Vollzugspolizei (z. B. bei § 10 SPolG). Das Saarland folgt damit (in preußischer Tradition) dem sog. "Einheitssystem", bei dem alle Behörden, denen allgemeine Gefahrenabwehraufgaben übertragen sind, als "Polizei" bezeichnet werden und die Befugnisse aller "Polizeibehörden" in einem einheitlichen "Polizeigesetz" geregelt sind. Außer dem Saarland folgen diesem Modell noch Baden-Württemberg und Bremen (einen Link zu ihren "Polizeigesetzen" finden Sie hier). Die übrigen Bundesländer folgen dagegen dem sog. "Trennungssystem", das nur die "Vollzugspolizei" als "Polizei" bezeichnet, während die Behörden, die in der preußischen Tradition "Polizeiverwaltungsbehörden" heißen, i.d.R. als "Ordnungsbehörden" bezeichnet werden. Dabei folgen Berlin, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein einem "abgeschwächten Trennungssystem". Hier wird zwar zwischen der "Polizei" (damit ist eben nur die Vollzugspolizei gemeint) und "Ordnungsbehörden" (in Hamburg und Niedersachsen schlicht als "Verwaltungsbehörden", in Sachsen-Anhalt als "Sicherheitsbehörden" bezeichnet) unterschieden. Die Aufgaben, Befugnisse und Organisation der Polizei- und Ordnungsbehörden werden jedoch in einem einheitlichen "Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung" (in Rheinland-Pfalz "Polizei- und Ordnungsbehördengesetz", in Schleswig-Holstein Zweiter Teil, Abschnitt III [Öffentliche Sicherheit] des LVwG) geregelt (einen Link zu diesen "Gesetzen über die öffentliche Sicherheit und Ordnung" finden Sie hier). Konsequenter ist das Trennungssystem dagegen in Bayern, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Thüringen ausgestaltet. Deren "Polizeigesetze" regeln ausschließlich die Aufgaben, Befugnisse und Organisation der Vollzugspolizei, wobei die Vollzugspolizei schlicht als "Polizei" bezeichnet wird. Die Aufgaben, Befugnisse und die Organisation der allgemeinen "Ordnungsbehörden" (in Bayern: "Sicherheitsbehörden") ergeben sich dagegen aus einem eigenem Gesetz, das in Bayern "Landesstraf- und Verordnungsgesetz", sonst "Ordnungsbehördengesetz" heißt (einen Link zu diesen "Polizeigesetzen" und "Ordnungsbehördengesetzen" finden Sie hier). Seit dem 1. Januar 2020 folgt schließlich auch Sachsen (das bisher wie das Saarland dem Einheitssystem gefolgt hatte) dem Trennungssystem, wenn auch auf eine eigene Weise: Zwar gibt es in Sachsen nunmehr mit dem Sächsischen Polizeibehördengesetz (SächsPBG) und dem Sächsischen Polizeivollzugsdienstgesetz (SächsPDVG) unterschiedliche Gesetze für die Vollzugspolizei und die Ordnungsbehörden. Jedoch bezeichnet das SächsPBG die Ordnungsbehörden nach wie vor als "Polizeibehörden" (vgl. § 1 SächsBG), während das SächsPDVG den Polizeivollzugsdienst nur verkürzt als "Polizei" bezeichnet (§ 1 Satz 2 SächsPDVG). Wichtig ist schließlich: Wenn Bundesgesetze von "Polizei" (z. B. in § 36, § 44 Abs. 2 StVO), "Vollzugspolizei" (z. B. in § 80 Abs. 1 Nr. 2 VwGO) oder "Polizeidienst" (z. B. in § 163 StPO) sprechen, ist in allen Bundesländern - auch solchen, die dem Einheitssystem folgen - immer nur die Vollzugspolizei gemeint.
II. Statthaftigkeit des Widerspruchs
Der Rechtsbehelf des Widerspruchs ist nach § 68 VwGO nur dann zulässig, wenn im Anschluss an das Vorverfahren Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage zu erheben wäre. Bei der Aufforderung, den Kaiman aus dem See zu holen, handelt es sich um einen Verwaltungsakt i.S.d. Legaldefinition des § 35 VwVfG, des § 31 SGB X, des § 118 AO und der entsprechenden Bestimmungen der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder handelt, die als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes auch für die Auslegung der VwGO maßgeblich ist.
Anmerkung: Zum Verwaltungsaktbegriff der VwGO siehe U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 35 Rn. 12 und 15.
Daher könnte im Klageverfahren eine Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft sein. Dies wäre jedoch ausgeschlossen, wenn sich der Verwaltungsakt bereits i.S.d. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erledigt hätte. Inwieweit bei Erledigung eines Verwaltungsakts ein hiergegen gerichteter Widerspruch noch zulässig ist, ist im Einzelnen umstritten. Insbesondere die Rechtsprechung hält den Widerspruch gegen einen erledigten Verwaltungsakt für unzulässig.
Anmerkung: So BVerwG, I C 49.64 v. 9.2.1967, Abs. 11 = BVerwGE 26, 161, 165; BVerwG, 7 C 45/74 v. 7.6.1978 = BVerwGE 56, 24, 26; BVerwG, 8 C 30/87 v. 20.1.1989 = BVerwGE 81, 226, 229; ausführlich zu dieser Frage Hufen, § 6 Rn. 13.
Dies bedarf hier jedoch keiner näheren Untersuchung, wenn im vorliegenden Fall keine Erledigung eingetreten ist. Ein Verwaltungsakt ist i.S.d. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erledigt, wenn er keine Regelungswirkung mehr entfaltet (vgl. § 43 Abs. 2 SVwVfG). Hier ist der Verwaltungsakt mit der Entfernung des Kaimans aus dem See bereits vollzogen worden. Escher kann also dieser Aufforderung gar nicht mehr nachkommen und muss es auch nicht mehr. Damit hat sich sein (primärer) Regelungsgehalt erschöpft. Insoweit könnte also Erledigung eingetreten sein.
Anmerkung: Die Falllösung geht hier mit der ganz h. M. davon aus, dass der Begriff der "Erledigung" des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO mit dem Erledigungsbegriff des § 43 Abs. 2 VwVfG und der entsprechenden Regelungen in den anderen Verwaltungsverfahrensgesetzen identisch ist. Für einen durchaus bedenkenswerten anderen Ansatz siehe Reimer, Die Verwaltung 48 (2015), 259 ff.
Jedoch ist zu berücksichtigen, dass die Polizei hier Kosten für die Durchsetzung der Verfügung im Wege der Verwaltungsvollstreckung geltend gemacht hat. Die Rechtmäßigkeit dieses Kostenbescheides hängt von dem Bestand der Grundverfügung ab, hier der Aufforderung, den Kaiman aus dem See zu holen.
Anmerkung: Siehe hierzu U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 35 Rn. 227.
Wird die Grundverfügung also aufgehoben, wird hiermit dem Kostenbescheid die rechtliche Grundlage entzogen, da das Verwaltungsvollstreckungsrecht die Berechtigung der Erhebung von Vollstreckungskosten im gestreckten Verfahren an das Vorliegen einer wirksamen Grundlagenverfügung anknüpft.
Anmerkung: Siehe hierzu den Scheunenabbruch-Fall.
Wird die Grundverfügung bestandskräftig, kann umgekehrt auch gegenüber dem Kostenbescheid nicht mehr geltend gemacht werden, dass die Verfügung, für die Kosten erhoben wurden, rechtswidrig war. Gerade dieser rechtliche Zusammenhang zwischen Kostenbescheid und Grundverfügung bedeutet, dass der Grundverfügung auch weiterhin trotz ihres Vollzuges noch Regelungswirkung zukommt.
Anmerkung: So BVerwG, 7 C 5.08 v. 25. 9.2008, Abs. 12 f. = NVwZ 2009, 122; BVerwG, 8 C 5/15 v. 15.6.2016, Abs. 16 = NVwZ 2017, 236 Abs. 16; ferner: VGH Mannheim, 5 S 2104/95 v. 19.1.1996, Abs. 19 = VBlBW 1996, 302; VGH Mannheim, 10 S 2350/07 v. 8.1.2008, Abs. 53 ff. = VBlBW 2008, 305; VGH Mannheim, 1 S 512/19 v. 3.5.2021, Abs. 32 ff. = VBlBW 2022, 16, 19 ff.; OVG Münster, 10 A 3363/92 v. 4.11.1996, Abs. 11 ff. = NWVBl. 1997, 218, 219; Reimer, Die Verwaltung 48 (2015), 259, 270 ff.; Schwerdtfeger/Alheid, NdsVBl. 2021, 153, 155 ff. Teilweise wurde dagegen angenommen, die Grundverfügung erledige sich auch dann mit ihrem Vollzug, wenn sie noch die causa für einen Kostenbescheid bilde. Der Bestand der Grundverfügung sei zwar Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Kostenentscheidung, dies sei aber nicht Teil der Regelung der Grundverfügung (so etwa [noch] VGH Mannheim, 1 S 1544/87 v. 9.6.1988 = NVwZ 1989, 163; OVG Schleswig, 4 L 73/92 v. 20.10.1992 = NJW 1993, 2004; ebenso heute noch Enders, NVwZ 2009, 958, 960 f.; Jäckel, NVwZ 2014, 1625 ff.; Pietzcker, in: Festschrift für Wolf-Rüdiger Schenke, 2011, S. 1045, 1052 ff.). Folgt man diesem Ansatz, wäre näher auf den Streit über die Zulässigkeit des Fortsetzungsfeststellungswiderspruchs einzugehen. Hält man ihn für nicht statthaft, wäre zu fragen, inwieweit hier eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog in Betracht käme (siehe zu einer solchen Konstellation den Nächtliche-Schlagfertigkeit-Fall), jedoch wäre eine solche Klage wegen fehlenden Fortsetzungsfeststellungsinteresses unzulässig: Weder besteht eine Wiederholungsgefahr noch ein Rehabilitationsinteresse. Auch das Interesse, nicht mit den Kosten der Vollziehung eines rechtswidrigen Bescheides belastet zu werden, vermag ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse dann nicht zu begründen: Ist die Grundverfügung erledigt, kann sie nicht bestandskräftig werden, so dass deren Rechtmäßigkeit inzident im Rahmen der Anfechtungsklage gegen den Kostenbescheid geprüft werden kann (so VGH Mannheim, 14 S 2640/83 v. 26.3.1984 = NVwZ 1985, 202, 205). Siehe zu diesem Problem auch Labrenz, NVwZ 2010, 22 f.: Wer keine Erledigung des Grundverwaltungsakts annehme, müsse wegen Art. 19 Abs. 4 GG annehmen, dass die Rechtsbehelfsfristen nur bei einer Rechtsbehelfsbelehrung eingriffen, die den Betroffenen darauf hinweist, dass er den Grundverwaltungsakt auch nach seinem Vollzug noch gesondert angreifen muss.
III. Widerspruchsbefugnis
Nach § 70 Abs. 1 VwGO darf nur der Beschwerte Widerspruch erheben. Beschwert ist derjenige, der nach § 42 Abs. 2 VwGO gegen den Bescheid klagebefugt wäre. Escher wäre hier klagebefugt, da die Aufforderung, den Kaiman aus dem See zu holen, einen an ihn gerichteten, ihn belastenden Verwaltungsakt darstellt, so dass bei seiner Rechtswidrigkeit zumindest eine Verletzung seines Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG in Betracht kommt.
Anmerkung: Siehe hierzu BVerwG, 6 C 8/14 v. 5.8.2015, Abs. 21 = BVerwGE 152, 355 Abs. 21; zu dieser Adressatentheorie ferner diesen Hinweis.
IV. Widerspruchsfrist
Die Widerspruchsfrist nach § 70 Abs. 1 VwGO ist noch nicht abgelaufen, da dem mündlichen Verwaltungsakt (natürlich) keine schriftliche Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt worden ist, so dass die Widerspruchsfrist nach § 70 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 2 VwGO ein Jahr beträgt.
Anmerkung: Einem mündlichen Verwaltungsakt muss nach § 37 Abs. 6 SVwVfG auch keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt werden, vg. U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 37 Rn. 150.
V. Rechtsschutzbedürfnis oder Widerspruchsinteresse
Escher könnte das Widerspruchsinteresse fehlen, wenn es einen leichteren Weg zum Erfolg gäbe.
Anmerkung: Siehe hierzu Hufen, § 6 Rn. 38.
Insoweit könnte überlegt werden, ob es nicht einfacher für Escher wäre, wenn er ausschließlich den Kostenbescheid angreift, da er letztlich nur durch die Geltendmachung der Kosten beschwert wird. Dies würde aber voraussetzen, dass bei der Frage der Rechtmäßigkeit des Kostenbescheides inzident die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung geprüft werden könnte. Dies wäre jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn die Grundverfügung bestandskräftig geworden wäre. Das Widerspruchsinteresse Eschers besteht also darin, dass er außer durch Erhebung des Widerspruchs gegen die Grundverfügung nicht klären kann, ob die Kosten für die Vollziehung eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes erhoben wurden.
Anmerkung: Siehe hierzu OVG Münster, 10 A 3363/92 v. 4.11.1996, Abs. 13 = NWVBl. 1997, 218, 219. Anders wäre es nur, wenn man annimmt, dass die Grundverfügung schon mit ihrem Vollzug erledigt wäre. Siehe hierzu VGH Mannheim, 1 S 1544/87 v. 9.6.1988 = NVwZ 1989, 163; vgl. hierzu oben Erster Teil A II.
VI. Ergebnis zu A
Nach alledem wäre ein gegen die Aufforderung, den Kaiman aus dem See zu holen, gerichteter Widerspruch also zulässig. Zuständig zur Entscheidung über den Widerspruch wäre nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 AGVwGO das Ministerium für Inneres, Bauen und Sport, weil sich die Zuständigkeit des Landespolizeipräsidiums nach der aufgrund § 82 Abs. 2 SPolG erlassenen Verwaltungsvorschrift über Organisation und Aufgaben des Landespolizeipräsidiums auf das Gebiet des Saarlandes erstreckt und sie dem Ministerium für Inneres, Bauen und Sport nach § 82 Abs. 3 und 4 SPolG unmittelbar untersteht. Den Widerspruch einlegen sollte Rathgeber nach § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO bei dem Landespolizeipräsidium, obwohl eine Einlegung unmittelbar beim Ministerium für Inneres, Bauen und Sport nach § 70 Abs. 1 Satz 2 VwGO für den Fristablauf unschädlich wäre.
B) Begründetheit
Der Widerspruch ist nach dem Rechtsgedanken des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO jedenfalls begründet, soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig ist (§ 68 Abs. 1 VwGO) und der Verwaltungsakt den Widerspruchsführer dadurch in seinen Rechten verletzt. Dann ist die Widerspruchsbehörde (in mit der Anfechtungsklage durchsetzbarer Weise) verpflichtet, den Ausgangsbescheid aufzuheben.
Anmerkung: Zur Begründetheit eines Widerspruches siehe diesen Hinweis.
Da sich Escher gegen einen an ihn gerichteten, ihn belastenden Verwaltungsakt wendet, ergibt sich eine Verletzung seiner Rechte schon aus Art. 2 Abs. 1 GG, sollte der Verwaltungsakt rechtswidrig sein.
Anmerkung: Siehe hierzu BVerwG, 6 C 8/14 v. 5.8.2015, Abs. 21 = BVerwGE 152, 355 Abs. 21. Allgemein zur Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts siehe diesen Hinweis, zur Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Gefahrenabwehrverfügung diesen Hinweis.
Die Ermächtigungsgrundlage für die an Escher gerichtete Aufforderung, den Kaiman aus dem See zu holen, findet sich in § 8 Abs. 1 SPolG.
I. Formelle Rechtmäßigkeit
Das Landespolizeipräsidium - für das die Polizeivollzugsbeamten Prinz und Haßdenteufel gehandelt haben - müsste für die auf in § 8 Abs. 1 SPolG gestützte Anordnung zunächst zuständig gewesen sein. Ihre allgemeine Zuständigkeit zur Gefahrenabwehr ergibt sich aus § 1 Abs. 2 SPolG. Fraglich ist jedoch, ob die Vollzugspolizei insoweit sachlich zuständig war, weil sie zur Gefahrenabwehr nur tätig werden darf, soweit die Abwehr der Gefahr durch eine andere Behörde - insbesondere die Polizeiverwaltungsbehörde - nicht oder nicht rechtzeitig möglich erscheint (§ 85 Abs. 2 Satz 1 SPolG). An diese Voraussetzungen sind im Hinblick auf die Effektivität der Gefahrenabwehr jedoch keine zu strengen Maßstäbe anzulegen. Es ist nicht erforderlich, dass die Polizeivollzugsbehörde stets eine Entscheidung der Polizeiverwaltungsbehörde herbeiführt, wenn dies überhaupt als möglich erscheint.
Anmerkung: Siehe hierzu Haus/Wohlfarth, Rn. 166.
Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Vollzugspolizei immer dann einschreiten darf, wenn Bedienstete der Polizeiverwaltungsbehörden nicht vor Ort sind und daher ohne vorherige Information durch die Vollzugspolizei auch keine Entscheidung treffen könnten. So liegt der Fall hier: Vor Ort waren nur die Polizeivollzugsbeamten Prinz und Haßdenteufel, denen eine sofortige Maßnahme zur Gefahrenabwehr als notwendig erschien. Dementsprechend war die Abwehr der Gefahr durch die zuständige Polizeiverwaltungsbehörde nicht rechtzeitig möglich.
II. Materielle Rechtmäßigkeit
Nach § 8 Abs. 1 SPolG ist die Polizei befugt, im Rahmen der ihr durch § 1 Abs. 2 SPolG übertragenen Aufgabe der Gefahrenabwehr die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung im Einzelfall zu begegnen.
1. Vorliegen einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung
Tatbestandsvoraussetzung des § 8 Abs. 1 SPolG ist das Vorliegen einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung.
Anmerkung: Die nachfolgend aufgeführten Definitionen der Begriffe "öffentlicher Sicherheit", "öffentlicher Ordnung" und "Gefahr" sind Standarddefinitionen des Polizei- und Ordnungsrechts bzw. des Gefahrenabwehrrechts, die bei der Fallbearbeitung beherrscht werden müssen und deren Wiedergabe - natürlich nur wenn es darauf ankommt - sowohl in universitären Übungsarbeiten als auch bei Klausuren im ersten wie im zweiten Staatsexamen erwartet wird. Sie gelten grundsätzlich immer, wenn der Bundes- oder Landesgesetzgeber die Begriffe "Gefahr", "öffentliche Sicherheit", "öffentliche Ordnung" usw. verwendet (BVerwG, 7 C 20/15 v. 20.10.2016, Abs. 12 = NVwZ 2017, 624 Abs. 12; BVerwG, 3 C 4/16 v. 14.9.2017, Abs. 18 = NVwZ 2018, Abs. 18; BVerwG, 3 C 46/16 v. 14.9.2017, Abs. 18 = BVerwGE 160, 169 Abs. 18). Diese Begriffe müssen also - jedenfalls für Klausuren aber auch für die mündlichen Prüfungen - auswendig gelernt werden. Studierende und Rechtsreferendare in Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Sachsen haben insoweit allerdings seinen gewissen Vorteil. Denn die Polizei- und Ordnungsgesetze dieser Länder enthalten "Begriffsbestimmungen", die die gängigen polizeirechtlichen Begriffe legaldefinieren (siehe § 2 BremPolG, § 3 Abs. 3 SOG M-V, § 2 NPOG, § 3 SOG LSA, § 3 SächsPBG, § 4 SächsPDVG). Auf diese Legaldefinitionen ist dann aber auch in der Fallbearbeitung zu verweisen - allerdings nur wenn und soweit diese Gesetze auch anwendbar sind (weil die Legaldefinitionen nur innerhalb des Anwendungsbereichs der jeweiligen Gesetze gelten). Insbesondere können diese Legaldefinitionen nicht unmittelbar zur Auslegung von Bundesrecht herangezogen werden, weil Landesrecht natürlich nicht Bundesrecht konkretisieren kann. Dies hindert aber natürlich nicht daran, diese landesrechtlichen Legaldefinitionen gleichsam als "Spickzettel" auch für die Definition der gleichlautenden Begriffe im Bundes- und Landesrecht zu nutzen. Denn die jeweiligen Landesgesetzgeber haben insoweit nur die überkommenen und von der Rechtsprechung eben bei der Auslegung aller Gefahrenabwehrgesetze einheitlich verwendeten Definitionen in Gesetzesform gegossen.
Unter den Begriff "öffentliche Sicherheit" fallen sowohl der Schutz individueller Rechtsgüter (nämlich Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre und Vermögen des Einzelnen) als auch der des Staates und seiner Einrichtungen sowie der gesamten Rechtsordnung.
Anmerkung: Siehe hierzu BVerfG, 1 BvR 233, 341/81 v. 14.5.1985 = BVerfGE 69, 315, 352; BVerwG, 6 C 12/11 v. 28.3.2012, Abs. 23 = BVerwGE 143, 74 Abs. 23; BVerwG, 7 C 20/15 v. 20.10.2016, Abs. 12 = NVwZ 2017, 624 Abs. 12; Götz/Geis, § 10 Rn. 3.
Die "öffentliche Ordnung" wird definiert als die Gesamtheit der ungeschriebenen Regeln für das Verhalten des Einzelnen in der Öffentlichkeit, deren Beachtung nach den jeweils herrschenden Anschauungen als unerlässliche Voraussetzung eines geordneten staatsbürgerlichen Zusammenlebens betrachtet wird
Anmerkung: Siehe hierzu BVerwG, 6 C 1.13 v. 26.2.2014, Abs. 15 = NVwZ 2014, 883, Abs. 15; Götz/Geis, § 11 Rn. 1; Koch, Jura 2021, 1151 ff.
"Gefahr" bedeutet gemäß der Legaldefinition des § 8 Abs. 1 SPolG eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung. Eine solche konkrete Gefahr liegt vor, wenn ein bestimmter einzelner Sachverhalt, d.h. eine konkrete Sachlage oder ein konkretes Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führen würde. Der Schadenseintritt braucht nicht mit Gewissheit zu erwarten sein. Andererseits ist aber die bloße Möglichkeit des Schadenseintritts nicht ausreichend. Der erforderliche Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist dabei abhängig vom Rang des Rechtsgutes, in das eingegriffen werden soll, sowie vom Rang des polizeilichen Schutzgutes.
Anmerkung: Zum Begriff der konkreten Gefahr: BVerfG, 1 BvR 1619/17 v. 26.4.2022, Abs. 158 = BVerfGE 162, 1, 76 f.; BVerfG, 1 BvR 1345/21 v. 9.12.2022, Abs. 187 = BVerfGE 165, 1, 95 - Polizeiliche Befugnisse nach SOG MV; BVerwG, 6 C 12/11 v. 28.3.2012, Abs. 27 = BVerwGE 143, 74 Abs. 27; BVerwG, 3 C 4/16 v. 14.9.2017, Abs. 19 = NVwZ 2018, Abs. 19; BVerwG, 3 C 46/16 v. 14.9.2017, Abs. 19 = BVerwGE 160, 169 Abs. 19; Götz/Geis, § 12 Rn. 17 f.
Hier bestehen am Vorliegen einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit nach dem Sachverhalt letztlich keine Zweifel: Es bestand eine Gefahr für die körperliche Unversehrtheit der Badegäste: Das Tier war nach den Angaben des Sachverständigen Dr. Zimmer tatsächlich nicht völlig ungefährlich.
2. Inanspruchnahme einer nach §§ 4 ff. SPolG polizeipflichtigen Person
Tatbestandsvoraussetzung einer auf § 1 Abs. 2 i.V.m. § 8 Abs. 1 SPolG gestützten Maßnahme ist weiterhin, dass diese sich an den richtigen Adressaten richtet, die insoweit die Eingriffsermächtigungen der §§ 8 ff. SPolG ergänzen.
Anmerkung: Siehe hierzu Goldhammer, Jura 2021, 638 f. Die Frage, ob der polizeirechtlich in Anspruch Genommene überhaupt in Anspruch genommen werden darf, ist keine Frage des Entschließungs- oder gar des Rechtsfolgeermessens und damit auch keine Frage der Verhältnismäßigkeit. Sie darf auf keinen Fall mit der Frage verwechselt werden, ob die Auswahl zwischen mehreren Polizeipflichtigen ohne Ermessensfehler getroffen wurde. Auch diese Frage stellt sich nur, wenn mehrere Personen nach den §§ 4 ff. SPolG materiell polizeipflichtig sind, also überhaupt als Adressaten einer Polizeiverfügung in Betracht kommen, siehe hierzu den Baumfällig-Fall.
Wer polizeirechtlich in Anspruch genommen werden kann, bestimmt sich nach § 4, § 5 und § 6 SPolG. Hier war Escher zunächst "Gefahrenverursacher" i.S.d. § 4 Abs. 1 SPolG. Denn hierzu gehört (nach der überwiegend vertretenen "Theorie der unmittelbaren Verursachung") jedenfalls derjenige, der selbst die konkrete Gefahr unmittelbar herbeiführt, mit anderen Worten: in dessen eigener Person die Gefahrenschwelle überschritten wird.
Anmerkung: Siehe hierzu nur Götz/Geis, § 13 Rn. 10 ff.; ferner Pietsch/Sommerfeld, JA 2022, 840, 842 ff.; im Ergebnis (mit einer etwas anderen Herleitung) auch Goldhammer, Jura 2021, 638, 641 ff.
Dies ist bei Escher gegeben, da er das - nicht ganz ungefährliche - Tier an einen Ort verbracht hat, an dem es entwischen konnte und eine Gefahr für andere Menschen darstellte. Darüber hinaus war Escher ohnehin auch als Eigentümer des Tieres nach § 5 Abs. 2 SPolG für die von ihm ausgehenden Gefahren verantwortlich.
3. Ordnungsgemäße Ermessensausübung (§ 40 SVwVfG i.V.m. § 2, § 3 SPolG)
Die Tatbestandsvoraussetzungen für den Erlass einer auf § 8 Abs. 1 SPolG gestützten Polizeiverfügung lagen somit gegenüber Escher vor. Die zu treffende Maßnahme steht jedoch im Ermessen der Polizeibehörde, so dass dies Behörde die Grenzen des Ermessens nach § 2, § 3 SPolG, § 40 SVwVfG hätte einhalten müssen. Dazu gehört auch, dass dem Pflichtigen nichts Unmögliches auferlegt werden darf. Dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen: Zunächst lag keine objektive Unmöglichkeit i.S.d. § 44 Abs. 2 Nr. 4 SVwVfG vor, so dass der Verwaltungsakt nicht nichtig ist: Schließlich hat Serge Sauvant gezeigt, dass es vergleichsweise unproblematisch möglich war, den Kaiman einzufangen. Auch eine nur ausnahmsweise zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes führende subjektive Unmöglichkeit lag nicht vor: Es wäre Escher schon möglich gewesen - ähnlich wie Serge Sauvant - den Kaiman aus dem See zu holen, nur wusste er nicht, wie dies geht. Jedoch hätte er sich ohne weiteres sachkundig machen können.
4. Ergebnis zu II
Insgesamt war folglich die Aufforderung, den Kaiman einzufangen, auch materiell rechtmäßig.
III. Ergebnis zu B
Die rechtmäßige Anordnung konnte Escher folglich nicht in seinen Rechten verletzen. Ein Widerspruch gegen diese Maßnahme wäre also unbegründet.
C) Ergebnis des Ersten Teils
Da der Widerspruch gegen die Aufforderung, den Kaiman einzufangen, unbegründet ist und damit keine Aussicht auf Erfolg hat, wird Rathgeber nicht zur Erhebung eines solchen Widerspruchs raten, da hierdurch nach § 9a SaarlGebG und § 80 Abs. 1 Satz 3 SVwVfG nur weitere Kosten für Escher entstehen würden.
Zweiter Teil: Rechtsbehelfe gegen den Kostenbescheid
Auch der Kostenbescheid stellt unproblematisch einen Verwaltungsakt i.S.d. § 35 SVwVfG dar. Um gegen diese Maßnahme vorzugehen, ist daher auch hier die Erhebung eines Widerspruchs nach § 69 VwGO ein geeigneter Rechtsbehelf. Dieser Rechtsbehelf hat Aussicht auf Erfolg, wenn er zulässig und begründet ist.
A) Zulässigkeit
Der Widerspruch ist zulässig, wenn die Voraussetzungen der §§ 68 ff. VwGO gegeben sind.
Anmerkung: Zur Zulässigkeit eines Widerspruchs siehe diesen Hinweis.
I. Vorliegen einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit i.S.d. § 40 VwGO
Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit i.S.d. § 40 VwGO liegt vor, weil die für die Streitentscheidung maßgeblichen Normen solche des Polizeirechts und des Polizeikostenrechts sind und damit dem öffentlichen Recht zugehören.
II. Statthaftigkeit des Widerspruchs
Da der Kostenbescheid ein - noch nicht erledigter - an Escher gerichteter, diesen belastender Verwaltungsakt i.S.d. Legaldefinition des § 35 VwVfG, des § 31 SGB X, des § 118 AO und der entsprechenden Bestimmungen der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder ist, der als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes auch für die Auslegung der VwGO maßgeblich ist, ist der Widerspruch auch statthaft.
Anmerkung: Zum Verwaltungsaktbegriff der VwGO siehe U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 35 Rn. 12 und 15.
III. Widerspruchsbefugnis
Nach § 70 Abs. 1 VwGO darf nur der Beschwerte Widerspruch erheben. Beschwert ist derjenige, der nach § 42 Abs. 2 VwGO gegen den Bescheid klagebefugt wäre. Escher wäre hier klagebefugt, da der Kostenbescheid, einen an ihn gerichteten, ihn belastenden Verwaltungsakt darstellt, so dass bei seiner Rechtswidrigkeit zumindest eine Verletzung seines Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG in Betracht kommt. Insbesondere stellt Festsetzung von Gebühren oder Kostenerstattungsansprüchen einen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit des Adressaten dieser Maßnahme dar, da Art. 2 Abs. 1 GG insbesondere auch den Anspruch schützt, durch die Staatsgewalt nicht mit einem finanziellen Nachteil belastet zu werden, der nicht in der verfassungsmäßigen Ordnung begründet ist.
Anmerkung: Siehe hierzu BVerfG (K), 1 BvR 45/15 v. 30.5.2018, Abs. 13 = NVwZ 2019, 57 Abs. 13. Allgemein zu dieser Adressatentheorie diesen Hinweis.
IV. Widerspruchsfrist
Die Widerspruchsfrist nach § 70 Abs. 1 VwGO ist noch nicht abgelaufen.
V. Ergebnis zu A
Ein Widerspruch gegen den Kostenbescheid wäre also zulässig. Zuständig zur Entscheidung über den Widerspruch wäre auch hier nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 AGVwGO das Ministerium für Inneres, Bauen und Sport, weil sich die Zuständigkeit des Landespolizeipräsidiums nach der aufgrund § 82 Abs. 2 SPolG erlassenen Verwaltungsvorschrift über Organisation und Aufgaben des Landespolizeipräsidiums auf das Gebiet des Saarlandes erstreckt und das Landespolizeipräsidium dem Ministerium für Inneres, Bauen und Sport nach § 82 Abs. 3 und 4 SPolG unmittelbar untersteht. Den Widerspruch einlegen sollte Rathgeber nach § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO aber bei dem Landespolizeipräsidium, obwohl eine Einlegung unmittelbar beim Ministerium für Inneres, Bauen und Sport nach § 70 Abs. 1 Satz 2 VwGO für den Fristablauf unschädlich wäre.
B) Begründetheit
Der Widerspruch ist nach dem Rechtsgedanken des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO jedenfalls begründet, soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig ist (§ 68 Abs. 1 VwGO) und den Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt. Dann ist die Widerspruchsbehörde (in mit der Anfechtungsklage durchsetzbarer Weise) verpflichtet, den Ausgangsbescheid aufzuheben.
Anmerkung: Zur Begründetheit eines Widerspruches siehe diesen Hinweis.
Da sich Escher gegen einen an ihn gerichteten, ihn belastenden Verwaltungsakt wendet, ergibt sich eine Verletzung seiner Rechte schon aus Art. 2 Abs. 1 GG, sollte der Verwaltungsakt rechtswidrig sein.
Anmerkung: Siehe hierzu BVerwG, 6 C 8/14 v. 5.8.2015, Abs. 21 = BVerwGE 152, 355 Abs. 21. Zur Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts siehe diesen Hinweis.
I. Ermächtigungsgrundlage
Hier werden Kosten für die Ersatzvornahme der durch die Aufforderung an Escher begründeten Verpflichtung, den Kaiman einzufangen, verlangt. Folglich könnte als Ermächtigungsgrundlage für den Kostenbescheid § 21, § 77 Abs. 1 und 2, § 78 Abs. 1 SVwVG i.V.m. § 1 Abs. 2, § 10 Abs. 1 Nr. 9 der Kostenordnung zum SVwVG in Betracht kommen.
Anmerkung: Vgl. zu dieser "Rechtsgrundlagenzusammenstellung" OVG Saarlouis, 3 D 359/08 v. 26.1.2009, Abs. 10 = NVwZ 2009, 602, 603; OVG Saarlouis, 2 A 407/09 v. 3.2.2010, Abs. 14 = BauR 2011, 655; VG Saarlouis, 5 K 1755/12 v. 22.5.2013, Abs. 26 = LKRZ 2013, 425; in anderen Bundesländern kann dies durchaus anders aussehen, s. z. B. für Baden-Württemberg: VGH Mannheim, 1 S 2283/20 v. 24.2.2022, Abs. 23 = NVwZ-RR 2022, 911 Abs. 21; für Nordrhein-Westfalen: OVG Münster, 5 A 470/14 v. 13.9.2016, Abs. 24 ff. = NWVBl. 2017, 164; OVG Münster, 20 A 2970 v. 12.6.2023, Abs. 36 = NVwZ-RR 2023, 1444 Abs. 32; allgemein hierzu Kugelmann/Alberts, Jura 2013, 898, 902 f. In anderen Bundesländern kann auch ein ganz anderer Aufbau notwendig sein, da u. U. mit der "unmittelbaren Ausführung" eine anderes "Vollstreckungsinstrument" als der Sofortvollzug mit anderen Kostenregelungen anwendbar sein kann. Siehe hierzu diesen Hinweis.
Jedoch ist fraglich, ob das SVwVG vorliegend anwendbar ist: Nach § 1 Abs. 3 SVwVG bleiben nämlich die Vorschriften des Saarländischen Polizeigesetzes zur Durchführung von polizeilichen Verfügungen mit Zwangsmitteln unberührt, so dass "Polizeiverfügungen" in diesem Sinne ausschließlich nach Maßgabe der Spezialvorschriften der §§ 44 ff. SPolG vollstreckt werden und Kosten für die Vollstreckungshandlungen nur nach Maßgabe der Spezialvorschriften der § 90 SPolG i. V. m. §§ 1 ff. PolKostVO geltend gemacht werden können. Unter "polizeilichen Verfügungen" i.S.d. des
§ 1 Abs. 3 SVwVG werden alle unmittelbar auf die §§ 8 ff. SPolG gestützten Maßnahmen verstanden.Anmerkung: Siehe hierzu den Scheunenabbruch-Fall und den Abgeschleppt-und-Abgezockt-Fall.
Da das Landespolizeipräsidium hier einen auf § 8 Abs. 1 SPolG gestützten Verwaltungsakt vollstrecken wollte (s.o. Erster Teil A II), kommt als Ermächtigungsgrundlage für den Kostenbescheid nur § 46 Abs. 1 Satz 2, § 90 Abs. 1 SPolG i.V.m. §§ 1 ff. PolKostVO in Betracht. Dass diese Kosten durch Verwaltungsakt festgesetzt werden dürfen, lässt sich § 90 Abs. 2 Satz 3 SPolG i. V m. § 13 Abs. 4 SaarlGebG entnehmen.
Anmerkung: Siehe zum hiermit angesprochenen Problem der "Verwaltungsaktbefugnis" diesen Hinweis.
II. Formelle Rechtmäßigkeit
Folglich ergibt sich die Zuständigkeit des Landespolizeipräsidiums für die Kostenfestsetzung aus § 90 Abs. 2 Satz 3 SPolG i.V.m. § 10 SaarlGebG: Hiernach werden die "Gebühren" von der Behörde festgesetzt, die die Amtshandlung vorgenommen hat. Diese Vorschrift gilt entsprechend auch für die Geltendmachung von sonstigen Kosten. Bei den vorgenommenen Amtshandlungen handelt es sich hier um die einzelnen Ersatzvornahmemaßnahmen, die vom Landespolizeipräsidium veranlasst worden waren. Dass diese Kosten durch Verwaltungsakt festgesetzt werden dürfen, lässt sich § 90 Abs. 2 Satz 3 SPolG i.V.m. § 13 Abs. 4 SaarlGebG entnehmen.
Anmerkung: Vgl. OVG Saarlouis, 3 D 359/08 v. 26.1.2009, Abs. 109 = NVwZ 2009, 602, 603; siehe zum hiermit angesprochenen Problem der "Verwaltungsaktbefugnis" diesen Hinweis.
Im Übrigen wurde das Verfahren nach §§ 9 ff. SVwVfG eingehalten, so dass der Bescheid formell rechtmäßig ist.
III. Materielle Rechtmäßigkeit
Somit ist "nur" fraglich, ob der Bescheid materiellrechtlich rechtmäßig ist. Insoweit ist anerkannt, dass nur die Kosten rechtmäßiger Ersatzvornahmehandlungen erstattet werden müssen, weil sonst keine Ersatzvornahme i.S.d. § 46 Abs. 1 Satz 2 SPolG vorliegt, für die Kosten nach § 90 Abs. 1 SPolG i.V.m. §§ 1 ff. PolKostVO erhoben werden können.
Anmerkung: Siehe hierzu auch OVG Bremen, 1 A 104/12 v. 15.4.2014, Abs. 6 = NVwZ-RR 2014, 849; OVG Bremen, 1 LB 47/15 v. 4.12.2019, S. 12 = NVwZ 2020, 1374 Abs. 55; OVG Magdeburg, 2 L 44/17 v. 25.7.2019, Abs. 32 = NVwZ-RR 2020, 160 Abs. 27; VGH Mannheim, 1 S 512/19 v. 3.5.2021, Abs. 32 = VBlBW 2022, 16, 17; OVG Münster, 11 A 1386 v. 9.4.2008, Abs. 21 = NVwZ-RR 2008, 437 f.; OVG Münster, 14 A 220/16 v. 29.4.2016, Abs. 5 ff. = NVwZ-RR 2016, 683 Abs. 5 ff.; Kugelmann/Alberts, Jura 2013, 898, 903; Pracht, VBlBW 2024, 48, 55. Anders wäre es nur dann, wenn man annähme, dass die verschiedenen Ersatzvornahmehandlungen Verwaltungsakte i.S.d. § 35 SVwVfG darstellen würden. Deren Rechtmäßigkeit müsste dann - wie die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung - in einem gesonderten Anfechtungsverfahren überprüft werden. Jedoch handelt es sich bei den Ersatzvornahmehandlungen eindeutig um Realakte, so dass ihre Verwaltungsaktsqualität nicht ernsthaft untersucht werden muss (siehe aber U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 35 Rn. 93 ff.). Siehe zu diesem Problemkreis den Lösungsvorschlag zum Nächtliche-Schlagfertigkeit-Fall.
Außerdem müsste die Kostenfestsetzung auch der Höhe nach nicht zu beanstanden sein.
1. Rechtmäßigkeit der Ersatzvornahmehandlungen
Zu untersuchen ist also zunächst, ob die Voraussetzungen für eine Ersatzvornahme nach § 46 SPolG überhaupt vorlagen. Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen nach § 44 Abs. 1 SPolG waren hier gegeben: Der Verwaltungsakt, durch den Escher aufgefordert wurde, den Kaiman einzufangen, war wirksam und auf eine Handlung gerichtet. Rechtsbehelfe gegen diesen Verwaltungsakt hätten nach § 80 Abs. 2 Nr. 2 VwGO keine aufschiebende Wirkung gehabt.
Anmerkung: Wer angenommen hat, dass sich die Grundverfügung mit ihrem Vollzug erledigt hat (s.o. Erster Teil A II), muss hier - letztlich im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG - inzident prüfen, ob die Grundverfügung rechtswidrig war (siehe hierzu VGH Mannheim, 14 S 2640/83 v. 26.3.1984 = NVwZ 1985, 202, 205).
Zuständig für die Verwaltungsvollstreckung war nach § 44 Abs. 3 SPolG das Landespolizeipräsidium als die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Androhung des Zwangsmittels war nach § 50 Abs. 1 Satz 3 SPolG entbehrlich, da von dem Kaiman objektiv eine gegenwärtige Gefahr für die Badegäste ausging. Einer Zwangsmittelfestsetzung bedarf es nach saarländischem Polizeirecht nicht (anders etwa § 14 VwVG des Bundes). Auch die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen gemäß § 46 SPolG lagen hier vor.
Die Voraussetzungen einer Ersatzvornahme lagen somit vor, so dass Escher grundsätzlich zum Ersatz der hieraus entstandenen Kosten verpflichtet ist.
Anmerkung: Nicht zu prüfen ist an dieser Stelle, ob die konkret vorgenommenen und veranlassten Maßnahmen tatsächlich geeignet waren, den Kaiman zu fangen. Zwar wird man annehmen können, dass die Polizei rechtlich verpflichtet ist, nur geeignete Ersatzvornahmehandlungen vorzunehmen. Jedoch kann sich hieraus allein noch keine Verletzung der Rechte Eschers ergeben: Eine solche Rechtsverletzung tritt erst dann ein, wenn für ungeeignete Maßnahmen Kosten erhoben werden.
2. Zutreffende Kostenfestsetzung der Höhe nach
Fraglich ist jedoch, ob die von Edgar Escher zu erstattenden Kosten der Höhe nach zutreffend festgesetzt wurden. Dies wäre dann nicht gegeben, wenn Kosten festgesetzt worden wären, die die Behörde nach § 46 Abs. 1, § 90 Abs. 1 SPolG i. V. m. §§ 1 ff. PolKostVO nicht hätte erheben dürfen.
a) Vorliegen eines Gebührentatbestandes
§ 90 Abs. 2 SPolG i.V.m. §§ 1 ff. PolKostVO gehen davon aus, dass bei den Kosten der Ersatzvornahme zwischen "Gebühren" und "Auslagen" zu unterscheiden ist. Wie § 1, § 2 und § 3 Satz 1 PolKostVO zeigen, darf die Polizei für die ihr selbst entstehenden Aufwendungen grundsätzlich "nur" die Gebührensätze nach § 1 und § 2 PolKostVO geltend machen. Erfüllt eine bestimmte Aufwendung keinen Gebührentatbestand nach § 1 und § 2 PolKostVO oder übersteigen die tatsächlich angefallenen Aufwendungen die Gebührensätze, besteht dementsprechend keine Verpflichtung zum Kostenersatz.
Besondere Auslagen i. S. des § 3 Satz 2 PolKostVO können jedoch unabhängig davon nach § 3 Satz 3 PolKostVO grundsätzlich in voller Höhe geltend gemacht werden. Zu den besonderen Auslagen gehören insbesondere die Beträge, die anderen Personen für ihre Tätigkeit zu zahlen sind. "Andere Personen" i.S.d. § 3 Satz 2 PolKostVO sind insbesondere die nach § 46 Abs. 1 SPolG zulässigerweise "Beauftragten".
Prinzipiell ist im vorliegenden Fall sowohl der Gebührentatbestand des § 1 Nr. 5 PolKostVO für die Kosten des Einsatzes der Polizei vom 10. Juli und der Tatbestand des § 3 Satz 2 und 3 PolKostVO erfüllt, da die Kosten, die die Nass & Tief GmbH der Polizei in Rechnung gestellt hat, als besondere Auslagen anzusehen sind.
b) Kosten unrichtiger Sachbehandlung
Jedoch ist bei der Festsetzung der Kosten zu berücksichtigen, dass solche Kosten nicht zu erheben sind, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären. Dies ist ein allgemeiner Grundsatz des Verwaltungsvollstreckungsrechts, der nicht nur dann zu berücksichtigen ist, wenn dies - wie etwa in (§ 19 VwVG des Bundes i.V.m.) § 346 Abs. 1 AO, oder in § 12 der aufgrund § 77 Abs. 6 SVwVG erlassenen Kostenordnung zum Saarländischen Verwaltungsvollstreckungsgesetz geschehen - ausdrücklich geregelt ist. Kosten dürfen also nur für solche Ersatzvornahmen erhoben werden, die in Bezug auf die Kosten verhältnismäßig sind.
Anmerkung: Siehe hierzu OVG Münster, 14 A 220/16 v. 29.4.2016, Abs. 5 ff. = NVwZ-RR 2016, 683 Abs. 5 ff.; siehe auch den Be- und Erstattung-Fall.
Die Ersatzvornahmemaßnahmen selbst müssen also geeignet, im Hinblick auf die Kosten erforderlich und zumutbar gewesen sein, wobei es auf eine Prognose der Vollstreckungsbehörde ankommt. Grundsätzlich sind also auch Kosten objektiv aussichtsloser Vollstreckungsmaßnahmen erstattungsfähig, wenn die Vollstreckungsbehörde sie für aussichtsreich halten durfte.
Anmerkung: Siehe hierzu auch VGH Kassel, 5 UE 3736/04 v. 29.6.2005, Abs. 30 ff. = NVwZ 2006, 108 f. (für objektiv überdimensionierten Feuerwehreinsatz); ferner OVG Münster, 20 A 2970 v. 12.6.2023, Abs. 45 = NVwZ-RR 2023, 1444 Abs. 35.
Um dies zu klären, muss zwischen den an den verschiedenen Tagen veranlassten Maßnahmen differenziert werden.
aa) Kosten der Maßnahme vom 10. Juli
Die Kosten der Maßnahme vom 10. Juli sind nach Grund und Höhe nicht zu beanstanden: Auf Grund der Außergewöhnlichkeit der Gefahr und der zu ihrer Beseitigung notwendigen Kenntnisse ist nicht zu beanstanden, wenn die Polizei erst einmal versucht, mit eigenen - nach dem ersten Anschein prinzipiell geeigneten - Mitteln die Gefahr zu beseitigen. Da der 10. Juli nach dem Sachverhalt ein Sonntag war, war auch wohl nicht möglich, sich vor dem Einsatz näher über die notwendigen Schritte zu informieren, die erforderlich sind, um einen Kaiman einzufangen. Im Hinblick auf den betriebenen Aufwand erscheint die volle Ausschöpfung des Gebührenrahmens des § 1 Nr. 5 PolKostVO auch nicht als unangemessen (vgl. § 4 PolKostVO).
bb) Kosten der Maßnahme vom 11. Juli
Die Maßnahme am 11. Juli mag zwar für den Laien - wozu auch saarländische Polizisten zählen, was die Kaimanjagd betrifft - nach dem ersten Anschein durchaus tauglich gewesen sein, um den Kaiman zu fangen. Man wird der Polizei insoweit auch nicht vorwerfen können, der Nass & Tief GmbH vertraut zu haben, wenn sie angab, mit dem Problem fertig werden zu können. Allerdings hätte wohl nahegelegen, sich bei Fachleuten zunächst über die einzuleitenden Schritte zu erkundigen, bevor man derart kostspielige Maßnahmen veranlasst. Wenn man nicht darauf gekommen ist, Dr. Zimmer vom Saarheimer Zoo anzurufen (auf das Naheliegendste kommt man erfahrungsgemäß nur selten), so wäre doch ein Anruf bei anderen Zoos - oder etwa bei einer Alligatorfarm ggf. auch im Ausland - durchaus angezeigt gewesen. Insoweit erscheint die sofortige Beauftragung der Nass & Tief GmbH im Hinblick auf die Kosten als voreilig und damit als unverhältnismäßig (jedoch ist hier auch eine andere Auffassung vertretbar).
cc) Kosten der Maßnahme vom 12. Juli
Die Fortführung der Jagd am 12. Juli durfte wohl auch für den Laien als nicht mehr geeignet erscheinen, den Kaiman zu fangen, so dass sie im Hinblick auf die hierdurch entstehenden Kosten als unverhältnismäßig erscheint. Jedenfalls hätte nach dem Scheitern der Jagd am Vortrag dringender Anlass bestanden, Erkundigungen von Fachleuten einzuziehen. Selbst wenn man also annimmt, dass die Maßnahme vom 11. Juli verhältnismäßig war, so trifft dies für die Maßnahme vom 12. Juli nicht mehr zu.
dd) Kosten der Maßnahme vom 13. Juli
Nachdem sich am Abend des 12. Juli ein Kaiman-Fachmann bei der Polizei gemeldet hat, der eine wesentlich einfachere Möglichkeit zum Einfangen des Tieres aufzeigte und die Maßnahmen der Nass & Tief GmbH als völlig untauglich bezeichnete, war die Fortführung der Jagd am 13. Juli - für jedermann erkennbar - weder geeignet noch erforderlich, um die Gefahr zu beseitigen.
ee) Ergebnis zu b
Dementsprechend durfte die Polizei nur die Kosten für die Maßnahme vom 10. Juli, jedoch nicht mehr für die Maßnahmen vom 11. bis 13. Juli festsetzen, da diese Kosten bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären.
c) Ergebnis zu 2
Dementsprechend war nur die Festsetzung der Kosten für die Maßnahme vom 10. Juli rechtmäßig.
3. Ergebnis zu II
Soweit in dem Kostenbescheid auch die Kosten für die Maßnahmen vom 11. bis 13. Juli festgesetzt wurden, ist der Kostenbescheid rechtswidrig.
III. Ergebnis zu B
Ein Widerspruch gegen den Kostenbescheid insgesamt wäre damit nur soweit begründet, wie Kosten für die Maßnahmen vom 11. bis 13. Juni festgesetzt wurden, da nur insoweit der Kostenbescheid rechtswidrig ist und Escher in seinen Rechten verletzt.
C) Ergebnis des Zweiten Teils
Weil die Regelungen des Kostenbescheides im Hinblick auf die für die verschiedenen Tage entstandenen Kosten unproblematisch teilbar sind, sollte Rathgeber dem Escher - auch gerade in Bezug auf die durch die Abweisung des Widerspruchs entstehenden Kosten nach § 9a SaarlGebG und § 80 Abs. 1 Satz 3 SVwVfG - empfehlen, Widerspruch nur insoweit einzulegen, als Kosten für die Maßnahmen vom 11. bis 13. Juli entstanden sind.
Fragen und Anregungen zur Lösung? stelkens@uni-speyer.de
Zu einer nach Berliner Landesrecht zu lösenden Fallvariante bei den Hauptstadtfällen
Teilnehmer des Polizeirechtsrundgangs: Nach Bearbeitung hier lang!
Zeichnung: Dr. Alexander Konzelmann, Stuttgart