© Klaus Grupp (Universität des Saarlandes) und Ulrich Stelkens (Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer)
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Im Stadtrat der Stadt Saarheim wird beschlossen, die Stadt als "Künstler-Mekka im Herzen Europas" auszubauen, um so den Standort attraktiver zu machen. Im städtischen Haushaltsplan werden daher Mittel angesetzt, um junge Künstler aus der Region bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Oberbürgermeister Oskar Obenauf wurde ermächtigt, nach den Richtlinien des Stadtrates - im Rahmen der entsprechenden Haushaltsansätze - Jahresstipendien für Projekte solcher Künstler in Höhe von monatlich 500,- Euro zu gewähren.
Auf eine Ausschreibung hin bewarb sich u.a. der freischaffende Saarheimer Künstler Edgar Escher mit dem Konzept "Sanitäter" aus zusammengeschraubten Waschbecken und Badewannen. Am 9. Januar erhielt Escher von Obenauf ein auf den Vortag datiertes Schreiben, in dem ihm das Stipendium in Höhe von monatlich 500,- Euro für das laufende Jahr bewilligt wurde, wobei betont wurde, der "Sanitäter" sei bis Ende des Jahres fertig zu stellen und die benötigten Materialien seien - sofern es sich um neuwertige sanitäre Anlagen handele - von dem Saarheimer Unternehmen Philippy & Popp AG zu beziehen. In dem Schreiben wird Escher auch darauf hingewiesen, dass es sich bei der von uns beabsichtigten Stipendium um eine "De-minimis-Beihilfe" i.S.d. Verordnung (EU) 2023/2831 der Kommission vom 13. Dezember 2023 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen. Auch die weiteren in dieser Verordnung enthaltenen Vorgaben waren genau eingehalten worden.
Anmerkung: Bitte klicken Sie hier, um die beiliegende Kopie des Bescheides vom 8. Januar einzusehen.
Am 30. März schrieb Escher jedoch dem Oberbürgermeister, er könne die Verwendung von Produkten der Philippy & Popp AG aus künstlerischen Erwägungen nicht länger verantworten und beabsichtige, seine Vorstellungen mit neuwertigen Werkstoffen anderer Firmen zu verwirklichen. Der Kulturdezernent der Stadt Saarheim, Detlef Dawo, suchte daraufhin Escher am 6. April in seiner Saarheimer Werkstatt auf und unterhielt sich mit ihm über die Verwendbarkeit der Produkte der Philippy & Popp AG, ohne dass über eine etwaige Beendigung des Stipendiums gesprochen wurde. Auf Frage nach seinen Fortschritten wies Escher auf ein Gebilde, das noch weit entfernt von der Fertigstellung war und lediglich aus drei erheblich beschädigten aneinandergeschraubten Waschbecken bestand. Namens des Vorstandsvorsitzenden der Philippy & Popp AG, Innozenz Piätsch, wurde Dawo später glaubwürdig erklärt, dass es bei sachgemäßer Installation und Behandlung der Waschbecken zu solchen Schäden nicht hätte kommen können. Hiervon wurde Escher unterrichtet, der jedoch auf seinen künstlerischen Erwägungen beharrte und auf die Verwendung anderer Materialien bestand.
Daraufhin erhielt Escher am 16. April einen auf den 15. April datierten Bescheid Obenaufs, in dem ihm mitgeteilt wurde, dass die Auszahlung des Stipendiums ab dem 1. Mai eingestellt werde, weil er die vorgesehenen Materialien nicht verwenden wolle und Gründe für eine Abweichung von der Materialbezugsklausel nicht ersichtlich seien.
Anmerkung: Hier besteht die Möglichkeit, Einblick in eine Kopie des Bescheides vom 15. April zu nehmen
Gegen diesen Bescheid legte Escher am 28. April Widerspruch ein und begründete ihn u.a. damit, dass diese Reaktion auf sein gewandeltes Verständnis von dem Werk völlig überzogen und für ihn gänzlich überraschend gekommen sei; er sei auch davon ausgegangen, dass die Erfüllung der Materialbezugsklausel für die Weitergewährung des Stipendiums nicht entscheidend gewesen sei. Obenauf überprüfte die von Escher vorgebrachten Gründe sorgfältig, half jedoch dem Widerspruch nicht ab, sondern legte ihn dem Kreisrechtsausschuss des Saarpfalz-Kreises zur Entscheidung vor.
Frage 1: Wie wird der Kreisrechtsausschuss entscheiden?
Gehen Sie davon aus, dass der Kreisrechtsausschuss unter Vorsitz des Landrats des Saarpfalz-Kreises Ludolf Landheimer dem Widerspruch durch Bescheid vom 4. Juni stattgibt. Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Stadt das ihr zustehende Ermessen hinsichtlich der Einstellung des Stipendiums falsch ausgeübt habe; die Interessen Eschers seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Obenauf ist empört; er ist der Ansicht, dass der Kreisrechtsausschuss die Zweckmäßigkeit der Stipendiumseinstellung geprüft habe, obwohl ihm diese Kompetenz nicht zukomme. Nach Beauftragung durch den Stadtrat erhebt Obenauf daher am 18. Juni namens der Stadt Saarheim Klage gegen den Kreisrechtsausschuss vor dem Verwaltungsgericht des Saarlandes und beantragt, den Widerspruchsbescheid aufzuheben. Landheimer hält in seiner für den Kreisrechtsausschuss angefertigten Klageerwiderung die Klage von vornherein für unzulässig: Das Widerspruchsverfahren diene dem Schutz des Bürgers und nicht dem der Behörden; dieser Schutz werde ausgehebelt, wenn zugelassen würde, dass die Ausgangsbehörde gegen den Widerspruchsbescheid klagen dürfe.
Frage 2: Hat die Klage der Stadt Saarheim Aussicht auf Erfolg?
Zu einer nach Berliner Landesrecht zu lösenden Fallvariante bei den Hauptstadtfällen
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