© Klaus Grupp (Universität des Saarlandes) und Ulrich Stelkens (Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer)
mit freundlicher Unterstützung der jurmatix Legal Intelligence UG (haftungsbeschränkt), Gersheim
Der frühere Bundesverteidigungsminister Dagobert Rumsweg ist aus der die Regierungsmehrheit im Bund stellenden Christlich-Liberalen-Partei (CLP) ausgetreten und hat das "Bündnis Rechtschaffender, Aufrechter und Unabhängiger Nationalisten - BRAUN" gegründet. Diese dem äußerst rechten Spektrum zuzuordnende Partei erzielte bei den letzten Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus mit ihrer Ankündigung eines harten "Law-and-Order"-Kurses erste überwältigende Erfolge. Nun beabsichtigt Rumsweg gemeinsam mit dem rechtskonservativen Verleger Dr. Lutz Lautstark auch bei den nächsten saarländischen Landtagswahlen mit dem BRAUN anzutreten. Daher wurde ein Landesverband Saar des BRAUN gegründet. Dieser beabsichtigt nun am 18./19. April dieses Jahres seinen Landesparteitag in Saarheim durchzuführen. Im März letzten Jahres wandte sich deshalb der mit der Ausrichtung des Parteitages betraute, in Saarheim ansässige Kreisverband Süd des BRAUN schriftlich an den Oberbürgermeister von Saarheim, Oskar Obenauf, und bat um Überlassung des von der Stadt Saarheim unterhaltenen und auch sonst für unterschiedliche Veranstaltungen zur Verfügung gestellten Saarheimer Saalbaus zu dem vorgesehenen Termin.
Obenauf befürchtet, dass es wegen der extremen politischen Auffassungen des BRAUN nicht nur zu Polarisierungen und Demonstrationen politisch Andersdenkender kommen werde, sondern auch zu Krawallen von Gegnern der Partei mit Personen- und Sachschäden, wie dies in anderen Städten bei Veranstaltungen des BRAUN schon geschehen sei. Diese Bedenken äußerte er auch in der Sitzung des Stadtrates von Saarheim vom 14. Mai letzten Jahres, der nach ausführlicher Diskussion einstimmig folgenden Beschluss fasste:
1. Der Stadtrat der Stadt Saarheim sieht in dem Bündnis Rechtschaffender, Aufrechter und Unabhängiger Nationalisten (BRAUN) eine Organisation, die verfassungsfeindliche rechtsextremistische Ziele verfolgt.
2. Der Oberbürgermeister und die Stadtverwaltung werden angewiesen, die Benutzung des Saarheimer Saalbaus für Parteitage weiterhin nur demokratischen Parteien zu gestatten, dem BRAUN jedoch zu verweigern.
3. Sofern eine Überlassung des Saalbaus an das BRAUN nicht zu umgehen ist, darf die Vermietung nur erfolgen, wenn diese Organisation sich verpflichtet,
a) die Haftung für alle im Zusammenhang mit dem Landesparteitag an und im Saalbau eintretenden Sachschäden zu übernehmen, auch wenn sie durch Dritte verursacht werden, und dies durch eine Versicherung, Kaution oder Bankbürgschaft in Höhe von mindestens 50.000 Euro abzusichern,
b) alle sonstigen Personen- und Sachschäden zu ersetzen, die aus Anlass des Landesparteitages in Saarheim entstehen, selbst wenn der konkrete Schädiger nicht ermittelt werden kann.
Der Oberbürgermeister von Saarheim teilte aufgrund dessen mit Schreiben vom 26. Mai dem Kreisverband Süd des BRAUN unter Hinweis auf den Stadtratsbeschluss mit, dass das BRAUN in Saarheim nicht willkommen sei und deshalb eine Vermietung des Saalbaus an diese Partei abgelehnt werde. Diese Haltung wurde von der saarländischen Presse und nicht zuletzt in den Sendungen des im Saarheim ansässigen privaten Radiosenders "Quierfunk" als ein von anderen saarländischen Gemeinden nachahmenswerter Vorgang im Umgang mit dem BRAUN gelobt.
Am 5. Juni legte der Landesverband des BRAUN jedoch gegen Obenauf Dienst- und Rechtsaufsichtsbeschwerde beim Landesverwaltungsamt (der saarländischen Kommunalaufsichtsbehörde, siehe § 128 Abs. 1 KSVG) ein. Mit Schreiben vom 8. Juli teilte das Landesverwaltungsamt der Stadt Saarheim darauf hin mit, dass es den Stadtratsbeschluss für rechtswidrig halte und Gelegenheit zur Aufhebung gebe. In einem Schreiben vom 23. Juli erwiderte Obenauf, die Stadt halte an ihrer Entscheidung fest. Nunmehr beanstandete das Landesverwaltungsamt mit Schreiben an die Stadt Saarheim vom 14. August Nr. 2 und 3 des Stadtratsbeschlusses vom 14. Mai als rechtswidrig und verlangte die Rückgängigmachung bis zum 1. Oktober. Zur Begründung führte es aus, der Beschluss verletze das dem BRAUN nach dem Parteiengesetz wie allen anderen politischen Parteien zustehende Recht auf Nutzung der gemeindlichen Einrichtung. Dies gelte auch für Nr. 3 des Beschlusses, durch den der Zugang des BRAUN zum Saalbau rechtswidrig erschwert werde, auch wenn diese Partei finanziell in der Lage sei, die geforderten Verpflichtungen zu erfüllen.
Hiergegen legte die Stadt Saarheim am 8. September Widerspruch ein, den sie damit begründete, dass sie nicht gezwungen werden dürfe, verfassungsfeindliche Organisationen zu unterstützen und gefahrenträchtige Veranstaltungen zu dulden; jedenfalls müsse sie sicherstellen können, dass bei einer derart schadensgeneigten Veranstaltung wie dem geplanten Parteitag des BRAUN der Ersatz von Personen- und Sachschäden gewährleistet sei. Aber selbst wenn die Rechtsansicht des Landesverwaltungsamts zutreffend sei, sei kommunalaufsichtliches Einschreiten im vorliegenden Fall unangemessen: Die Kommunalaufsicht dürfe nur im Interesse des öffentlichen Wohls eingreifen, nicht aber mit dem Ziel, einem einzelnen Bürger zu seinem Recht zu verhelfen. Die Frage, ob der Landesverband des BRAUN die Stadthalle nutzen dürfe, betreffe allein das Verhältnis zwischen dem BRAUN und der Stadt Saarheim. Wenn das BRAUN mit der Entscheidung der Stadt nicht einverstanden sei, könne es um gerichtlichen Rechtsschutz nachsuchen. Für ein Einschreiten der Kommunalaufsicht bestehe dagegen kein Anlass, zumal sich die Rechtsbeziehung zwischen dem BRAUN und der Stadt Saarheim allein nach Privatrecht richte und es nicht Aufgabe der Kommunalaufsicht sei, die Privatrechtskonformität des Handelns der Kommunen zu überprüfen.
Mit Schreiben vom 27. November an die Stadt Saarheim wies der Minister des Innern und Sport (als oberste Kommunalaufsichtsbehörde, siehe § 128 Abs. 2 KSVG) den Widerspruch zurück. In der Begründung bezog er sich auf die Beanstandung vom 14. August und führte ergänzend aus, die Stadt könne sich nicht auf Demonstrationen von BRAUN-Gegnern berufen und dürfe im Übrigen nicht von dem BRAUN den Ersatz von Schäden verlangen, die andere verursacht hätten. Es bestehe auch kein Anlass, die Befugnis zum kommunalaufsichtsrechtlichen Einschreiten in dem von der Stadt Saarheim geforderten Umfang zu begrenzen.
Bitte beurteilen Sie in einem Gutachten, ob die Stadt Saarheim mit Erfolg gerichtlich gegen die Maßnahme vorgehen kann. Etwaige Klagefristen sind noch nicht abgelaufen.