Rathausbrand

© Klaus Grupp (Universität des Saarlandes) und Ulrich Stelkens (Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer)

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Am 15. März 2021 feierte der als Stadthauptsekretär bei der Stadt Saarheim im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit tätige Gerd Mütlich mit seinen Kollegen nach Dienstschluss in seinem Dienstzimmer im Rathaus der Stadt Saarheim erlaubterweise feucht-fröhlich seinen 60. Geburtstag. Gegen 23:00 Uhr gingen auch die standhaftesten Gäste. Mütlich verließ im angetrunkenen Zustand das Rathaus als Letzter, ohne einige noch brennende Geburtstagskerzen auszublasen. Infolgedessen brannte das 1. Obergeschoss des Rathauses teilweise aus, bevor die Feuerwehr den Brand löschen konnte; es entstand ein Sachschaden in Höhe von 95.281,32 Euro - nur wie durch ein Wunder war der historische Festsaal des Rathauses von den Flammen verschont geblieben.

Der Oberbürgermeister der Stadt Saarheim Oskar Obenauf befand sich daher in einer misslichen Lage. Er war zwar der Ansicht, dass der Stadt ein Schadensersatzanspruch nach § 48 Satz 1 BeamtStG zusteht, mochte aber einen solchen Anspruch gegenüber Mütlich nicht geltend machen. Dies versuchte er gegenüber dem Stadtrat damit zu begründen, dass schließlich fast alle Gemeindebeamten - und auch er selbst - kräftig mitgefeiert hätten. Den Ersatzanspruch geltend zu machen, würde allgemein als "herzlos" angesehen und wäre der kollegialen Zusammenarbeit im Rathaus abträglich, zumal da sich Mütlich - der schon seit mehr als 30 Jahren bei der Saarheimer Stadtverwaltung tätig und verdientes Personalratsmitglied sei - vor allem von jenen im Stich gelassen fühle, die eben noch mit ihm gefeiert hätten.

Im Stadtrat entbrannte hierüber in nichtöffentlicher Sitzung lebhafter Streit. Schließlich setzte sich jedoch die Meinung durch, dass ein Exempel statuiert werden müsse, um einem sorglosen Umgang mit Gemeindeeigentum durch die städtischen Bediensteten vorzubeugen. Der Stadtrat fasste daher am 1. April 2021 einen Beschluss, mit dem der Oberbürgermeister zur Durchsetzung des Ersatzanspruchs der Stadt gegenüber Mütlich verpflichtet wurde. Mütlich erfuhr von diesem Beschluss nichts.

Obenauf konnte die Ausführung des Beschlusses, den er zudem für rechtswidrig hielt, nicht mit seinem Gewissen vereinbaren. Am 11. Mai 2021 erhielt Mütlich ein von Obenauf unterzeichnetes Schreiben vom Vortage, in dem vollständig auf Schadensersatzansprüche wegen des Fehlverhaltens anlässlich der Geburtstagsfeier verzichtet wurde.

Anmerkung: Bitte klicken Sie hier, um das Schreiben Obenaufs vom 10. Mai 2021 einzusehen!

Erst am 14. April 2022 erhielt der Stadtrat hiervon Kenntnis: Dr. Edith Crémant, die hauptamtliche erste Beigeordnete der Stadt Saarheim, welche schon seit Jahren Oberbürgermeisterin anstelle des Oberbürgermeisters werden will, aber bisher Obenauf stets unterlegen war, hatte diskret den Vorsitzenden der im Stadtrat stärksten Fraktion, Christian Dietrich Unverricht, informiert. Nach so erfolgter Aufdeckung "dieses Skandals" beschloss der Stadtrat einstimmig, dass der Oberbürgermeister umgehend den Beschluss vom 1. April 2021 auszuführen habe; anderenfalls müsse er mit einer Einleitung des Abwahlverfahrens rechnen.

Am 23. April 2022 bekam Mütlich daraufhin nach ordnungsgemäßer Anhörung ein weiteres, am 20. April 2022 unterzeichnetes Schreiben von Obenauf, in dem er aufgefordert wurde, 95.281,32 Euro Schadensersatz zu zahlen.

Anmerkung: Bitte klicken Sie hier, um die beiliegende Kopie des Schreibens vom 20. April 2022 einzusehen!

Eine Anlage des Schreibens enthält eine genaue und zutreffende Aufstellung der einzelnen Sachschäden sowie der Kosten, die hierdurch entstanden sind und die Mütlich ersetzen soll.

Zwei Tage später legte Mütlich formgerecht Widerspruch gegen diesen Bescheid bei dem - insoweit auch als Widerspruchsbehörde zuständigen - Oberbürgermeister ein. Er ist der Ansicht, dass die Durchsetzung der Forderung jetzt zu spät käme. Der Oberbürgermeister wies jedoch den Widerspruch durch Bescheid vom 19. Mai 2022 zurück. Daraufhin hat Mütlich am 8. Juni 2022 formgerecht Klage gegen den Oberbürgermeister der Stadt Saarheim zum Verwaltungsgericht des Saarlandes "gegen den Bescheid vom 20. April 2022" erhoben.

Bitte beurteilen Sie in einem Gutachten die Erfolgsaussichten der Klage.

Lösungsvorschlag

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Teilnehmer der Rathausführung: Nach Bearbeitung hier lang!


Zeichnung: Dr. Alexander Konzelmann, Stuttgart