© Klaus Grupp (Universität des Saarlandes) und Ulrich Stelkens (Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer)
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Das von Odessa Hubbard-Siontologis geführte Meditationszentrum "Nirwana" hatte es sich zur Aufgabe gemacht, unterschiedliche Meditationstechniken zu unterrichten und weiter zu verbreiten. Es war in einem Frau Hubbard-Siontologis gehörenden früher als Mehrfamilienhaus genutzten Gebäude, das der Gebäudeklasse 4 zuzuordnen ist, im Saarheimer Stadtteil Quierbrück, Lewinsky-Str. 15, untergebracht. Das fragliche Grundstück liegt im Gebiet des wirksamen und qualifizierten Bebauungsplans "Am Seepark", wo es wie die gesamte Siedlung um das Grundstück herum als "allgemeines Wohngebiet (WA)" ausgewiesen ist. Für den seinerzeit erforderlichen Umbau des Hauses und seine Nutzung als "Unterrichtsstätte für die Vermittlung von Meditationstechniken" war Frau Hubbard-Siontologis am 3. September 1994 vom insoweit zuständigen Landrat des Saarpfalz-Kreises eine Baugenehmigung erteilt worden.
Das Zentrum konnte von Frau Hubbard-Siontologis jedoch mangels Publikumsinteresses nicht wirtschaftlich geführt werden. Sie verkaufte die Anlage deshalb an den Saarheimer Gastwirt Heinz Hirsch, der schon länger beabsichtigt hatte, sich "ein Standbein auf dem Psycho-Markt" zu verschaffen. Zunächst führte dieser das Meditationszentrum so weiter, wie es von Frau Hubbard-Siontologis begonnen worden war, jedoch erkannte er bald, dass er "kein Händchen für Esoterik" habe, und beschloss, das Konzept des Zentrums zu ändern. Anstatt der bisher von zwei freien Mitarbeitern des Meditationszentrums angebotenen "Gruppen-Meditationskurse" bietet das Zentrum nunmehr wöchentlich zehn "ausgewiesenen Meditationslehrerinnen aus dem In- und Ausland" die Möglichkeit, gegen eine wöchentliche, an Hirsch zu zahlende "Kursanbietungsgebühr" in Höhe von 2.100,- Euro in den dafür vorgesehenen "Meditationszimmern" den mindestens halbstündigen "Einzelkurs" mit der Bezeichnung "Meditation für Männer und jeden Geschmack" für die sich spontan oder auf Anmeldung einfindenden männlichen "Kursteilnehmer" abzuhalten, die den "Meditationslehrerinnen" hierfür eine "Mindestgebühr" in Höhe von 100,- Euro zu zahlen haben. Um das Geschäft richtig in Gang zu bringen, platziert Hirsch u.a. in der Saarheimer Ausgabe der Saarbrücker Zeitung und im Saarheimer Wochenspiegel auf der Seite "Kontakte" Werbung für die neuen "Möglichkeiten", die sein Meditationszentrum bietet. Zum Zwecke der Abhaltung der "Kurse" ist das Meditationszentrum täglich zwischen 11:00 und 02:00 Uhr geöffnet.
Auf die neuen, sehr lukrativen geschäftlichen Aktivitäten des Meditationszentrums wird durch Hinweise aus der Nachbarschaft auch der Leiter der Außenstelle Saarheim der Unteren Bauaufsichtsbehörde des Saarpfalz-Kreises, Gunter Grossklos, aufmerksam. Nach erfolgter Anhörung erhält Hirsch deshalb einen Bescheid des Landrats des Saarpfalz-Kreises als Untere Bauaufsichtsbehörde vom 13. Januar, der Hirsch untersagt, die "Meditationszimmer" seines Meditationszentrums "Nirwana", Lewinsky-Str. 15, Saarheim, weiterhin wöchentlich an "Meditationslehrerinnen" zur Abhaltung halbstündiger entgeltpflichtiger "Einzelkurse für Männer" zu vermieten und auf diese Weise als Bordell zu nutzen. Begründet wird dies u.a. damit, dass die Änderung des Konzepts des Meditationszentrums eine Nutzungsänderung im baurechtlichen Sinne sei, weil dieses nun nicht mehr als Unterrichtsstätte, sondern als Bordell genutzt werde. Diese Nutzungsänderung sei genehmigungspflichtig gewesen, eine Baugenehmigung hierfür aber nie beantragt worden. Sie sei auch nicht genehmigungsfähig, weil ein Bordell in einem allgemeinen Wohngebiet nicht betrieben werden dürfe. Zudem verfüge Hirsch nicht über eine Erlaubnis nach § 12 des Gesetzes zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen (Prostituiertenschutzgesetz - ProstSchG) und würde das Gebäude auch nicht den Anforderungen des § 18 ProstSchG entsprechen, obwohl es sich um eine Prostitutionsstätte i. S. des § 2 Abs. 4 ProstSchG handele, was ebenfalls einer Genehmigungsfähigkeit entgegen stehe. Mit Rücksicht auf die durch den Zu- und Abgangsverkehr und die "milieubedingte Unruhe" gestörten Nachbarn sei daher ein bauaufsichtliches Einschreiten geboten, demgegenüber die Interessen Hirschs an der ungestörten Fortführung des Betriebes zurückzutreten hätten.
Zwei Wochen nach Erhalt dieses Bescheides erhebt Hirsch hiergegen Widerspruch mit der Begründung, dass die nunmehrige Nutzung des Hauses weiterhin von der Baugenehmigung vom 3. September 1994 gedeckt sei, da es nach wie vor als Unterrichtsstätte für die Vermittlung von Meditationstechniken diene. Lediglich die Öffnungszeiten des Meditationszentrums sowie die Anzahl und die Zusammensetzung der Kurse hätten sich geändert. Auch sei es seines Wissens nicht zutreffend, dass es bei der Durchführung der jeweiligen Einzelkurse zu sexuellen Handlungen komme. Zwar sei körperliche Berührung auch ein "Weg zur Meditation", der auf Wunsch des Kursteilnehmers auch begangen werden könne, soweit die Meditationslehrerin hierzu bereit sei. Jedoch sei dies nicht zwingend, und die genaue Gestaltung des Meditationskurses unterläge allein den Absprachen zwischen Kurslehrerin und Kursteilnehmer, auf die er Hirsch keinen Einfluss habe und auf die er keinen Einfluss nehmen wolle. Seine Aufgabe als Leiter des Meditationszentrums sei lediglich, die einzelnen Kurse zu koordinieren und die Meditationskenntnisse der Kurslehrerinnen genau zu prüfen, bevor ihnen das Recht gewährt würde, Kurse in seinem Meditationszentrum abzuhalten. Schon dies sei eine Gewähr dafür, dass es in seinem Meditationszentrum mit rechten Dingen zugehe. Grundsätzlich habe sich der Zweck des Meditationszentrums damit nicht geändert, und deshalb könne die Bauaufsichtsbehörde seine Fortführung nicht verbieten, weil dem die hierfür erteilte Baugenehmigung vom 3. September 1994 entgegenstehe.
Der Landrat des Saarpfalz-Kreises hilft indes dem Widerspruch nicht ab. Nachdem schließlich der Kreisrechtsausschuss des Saarpfalz-Kreises nach einem Ortstermin festgestellt hat, dass es sich bei den "Kurslehrerinnen" im Regelfall um Frauen handelt, die über eine Anmeldebescheinigung nach § 5 ProstSchG verfügen und der Meditationsunterricht auch "eher textilfrei" durchgeführt wird, wird der Widerspruch Hirschs mit Bescheid vom 22. Februar zurückgewiesen.
Hirsch erhebt daraufhin am 15. März Klage gegen die Nutzungsuntersagung vom 13. Januar vor dem Verwaltungsgericht des Saarlandes mit der Begründung, dass er von der "zusätzlichen Qualifikation" seiner "Kurslehrerinnen" nichts gewusst habe, da es ihm hierauf bei seinen Vorstellungsgesprächen gar nicht angekommen sei. Im Übrigen stehe die Prostitution sowieso mittlerweile unter besonderem staatlichen Schutz, wie sich schon aus dem Gesetzestitel eben des Prostituiertenschutzgesetzes ergebe, weshalb die Tätigkeit von Prostituierten auch mit baurechtlichen Instrumenten nicht mehr behindert werden dürfe. Daher dürften auch die Anforderungen des § 18 ProstSchG nicht Gegenstand baubehördlicher Prüfungen sein.
In seiner Klageerwiderung führt Grossklos für den Landrat aus, dass dieses Vorbringen Hirschs wohl kaum ernst gemeint sein könne. Die gesamten Umstände bezeugten, dass das "Treiben" seiner "Kurslehrerinnen" Hirsch kaum schon angesichts der sprunghaft gestiegenen Gewinne des Zentrums hätte verborgen geblieben sein können. Es müsse von ihm intendiert gewesen sein. Daher handele es sich bei der Bezeichnung des Bordells als Meditationszentrum um eine simple Tarnung. Für die baurechtliche Zulässigkeit einer Nutzung könne es aber nicht darauf ankommen, wie die Nutzung bezeichnet werde, sondern allein auf die tatsächlich ausgeübte Nutzung. Das ProstSchG lasse schließlich die bauplanungsrechtlichen Regelungen des BauGB über die (Un-)Zulässigkeit von "Prostitutionsstätten" wie Bordellen unberührt. Zu dem Rest der Ausführungen Hirsch äußere man sich nicht, weil sie letztlich zu verquer wären als dass man sie noch richtig stellen könne.Hat die Klage Aussicht auf Erfolg?
Teilnehmer des Baurechtsrundgangs: Nach Bearbeitung hier lang!