Kraftprobe

© Klaus Grupp (Universität des Saarlandes) und Ulrich Stelkens (Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer)

mit freundlicher Unterstützung der jurmatix Legal Intelligence UG (haftungsbeschränkt), Gersheim

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Der im Stadtgebiet von Saarheim gelegene Waldsee bildet einen Eingang zu einem weitverzweigten unterirdischen und kaum erforschten Höhlennetz, was ihn für Sporttaucher besonders interessant macht. Wegen zahlreicher, oft unvorhersehbarer Strömungen in den unter Wasser gelegenen Höhlen ist das Tauchen im Waldsee - außerhalb der Grenzen des für Sporttaucher uninteressanten Waldseebades - auch besonders gefährlich. In den letzten Jahren sind bereits vier Taucher spurlos verschwunden; viele andere wurden - teilweise erheblich - verletzt.

Nachdem im Sommer letzten Jahres erneut ein Taucher nicht mehr aufgetaucht ist, waren sich alle Fraktionen im Saarheimer Stadtrat darüber einig, dass nunmehr etwas geschehen müsse. Das Aufstellen von Schildern, welche auf die besondere Gefährlichkeit des Tauchens im Saarheimer Waldsee hinwiesen, sei offensichtlich nicht ausreichend. Oberbürgermeister Oskar Obenauf solle daher, gestützt auf § 59 Abs. 1 SPolG, eine Polizeiverordnung erlassen, nach der das Tauchen und Baden im Saarheimer Waldsee außerhalb der Grenzen des Saarheimer Waldseebades verboten sei. Ein Verstoß gegen diese Regelung solle entsprechend § 63 SPolG mit einer Geldbuße von bis zu 5.000,- Euro geahndet werden können.

Ein solches Vorgehen hält Obenauf für verkehrt: Der Saarheimer Waldsee habe seit längerem eine gewisse Berühmtheit bei Sporttauchern aus dem gesamten Bundesgebiet, Frankreich und den Benelux-Staaten erlangt, und die Möglichkeit, dort tauchen und die Höhlen erforschen zu können, diene zweifellos der Förderung des Saarheimer Fremdenverkehrs. Darüber hinaus sei es doch sehr fraglich, ob, wer sich selbst gefährden wolle, ohne andere zu gefährden, eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstelle. Im Stadtrat wird diese Argumentation indes als zynisch und "gefährlich liberal" bezeichnet. Der Stadtrat fasst dementsprechend in seiner Sitzung am 13. September unter Einhaltung aller Verfahrensvorschriften einen Beschluss, nach dem Obenauf durch Erlass einer Polizeiverordnung das Baden und Tauchen im Saarheimer Waldsee außerhalb der Grenzen des Waldseebades zu verbieten habe. Die Verordnung solle auch vorsehen, dass Verstöße gegen das Bade- und Tauchverbot als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von bis zu 5.000,- Euro geahndet werden könnten.

Obenauf hält diesen Beschluss für nichtig und erklärt dem erstaunten Stadtrat, dass er sich deshalb hieran nicht gebunden fühle und ihn nicht ausführen werde. Der Stadtrat sei überhaupt nicht befugt, über Angelegenheiten, die dem Oberbürgermeister als Ortspolizeibehörde oblägen, zu beraten, Empfehlungen auszusprechen oder gar bindende Beschlüsse zu fassen. Die Stadtratsmitglieder sind empört: Wie solle man sachgerecht eine demokratische Kontrolle über die Stadtverwaltung ausüben, wenn man nicht auch über die Angelegenheiten beraten könne, die dem Oberbürgermeister als Ortspolizeibehörde übertragen worden seien? Jedenfalls könne der Oberbürgermeister sich nicht einfach über einen ihn bindenden Beschluss hinwegsetzen, sondern habe diesen auszuführen. Ungeachtet dieses Protestes erklärt Obenauf, für ihn sei die Angelegenheit erledigt, und schließt die Sitzung.

In seiner nächsten Sitzung wählt der Stadtrat deshalb unter Einhaltung aller Verfahrensvorschriften einstimmig das Stadtratsmitglied Karla Körnli zur Beauftragten für die Durchsetzung des Beschlusses vom 13. September. Diese wendet sich zunächst an das Landesverwaltungsamt als Kommunalaufsichtsbehörde mit der Bitte, Obenauf zur Umsetzung des Beschlusses vom 13. September anzuweisen. Jedoch wird dieses Begehren mit der Begründung zurückgewiesen, es handele sich allein um eine "innere Angelegenheit" der Stadt Saarheim ohne größere Bedeutung, in die man sich nicht einmischen wolle, zumal man von Obenauf hierüber auch noch nicht unterrichtet worden sei.

Mit Zustimmung des Stadtrates erhebt Karla Körnli daraufhin in dessen Namen formgerecht Klage gegen den Oberbürgermeister der Stadt Saarheim vor dem Verwaltungsgericht des Saarlandes und beantragt, ihn zu verpflichten, den Beschluss des Stadtrates vom 13. September auszuführen.

Obenauf hält die Klage bereits für unzulässig, weil Karla Körnli gar nicht berechtigt sei, Prozesshandlungen im Namen des Stadtrates vorzunehmen. Diese Befugnis käme allein ihm - dem Oberbürgermeister und Ratsvorsitzenden - zu.

Hat die Klage Aussicht auf Erfolg?

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Zeichnungen: Dr. Alexander Konzelmann, Dr. Nils Neumann, Dr. Satish Sule