© Klaus Grupp (Universität des Saarlandes) und Ulrich Stelkens (Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer)
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In Saarheim beginnen die Sitzungen des Stadtrats, die in der Regel einmal monatlich mittwochs stattfinden, um 15.00 Uhr und dauern meist bis etwa 19.00 Uhr. Diese - schon seit vielen Jahren praktizierte Regelung wurde bisher von den Mitgliedern des Stadtrates akzeptiert.
Bei der letzten Kommunalwahl ist jedoch auch die Wählergemeinschaft "Bund Deutscher Bürger B.D.B." gewählt worden, die mit Fraktionsstärke in den Stadtrat eingezogen ist. Schon vor der ersten Stadtratssitzung nach der Wahl haben die Mitglieder der Fraktion des B.D.B. gegenüber dem Oberbürgermeister Oskar Obenauf gegen den Sitzungsbeginn um 15.00 Uhr protestiert. Dadurch werde faktisch die Öffentlichkeit von den Stadtratssitzungen ausgeschlossen, da um diese Zeit fast alle Bürger noch arbeiten müssten und daher tatsächlich nicht in der Lage seien, an den Sitzungen teilzunehmen. Dies belege auch eine Umfrage der Saarheimer Ausgabe der Saarbrücker Zeitung in der Saarheimer Innenstadt, bei der sich von 10 zufällig befragten Passanten 7 für einen Sitzungsbeginn nach 18.00 Uhr ausgesprochen hätten. Die Fraktion des B.D.B. werde durch diesen faktischen Ausschluss der Öffentlichkeit in ihrem Recht beeinträchtigt, ihre Tätigkeit im Stadtrat öffentlich darzustellen. Außerdem könnten durch den frühen Sitzungsbeginn einige Stadtratsmitglieder Schwierigkeiten mit ihren Arbeitgebern bekommen, da sie regelmäßig vor ihrem regulären Arbeitsschluss ihren Arbeitsplatz verlassen müssten. Die Fraktion des B.D.B. verlangt daher, in Zukunft den Beginn der Stadtratssitzungen auf 18.00 Uhr also nach Feierabend festzulegen.
Oberbürgermeister Obenauf sieht keinen Grund, den bewährten Sitzungsbeginn in den frühen Abend hinein zu verlegen. Er begründet dies gegenüber der Fraktion des B.D.B. damit, dass die Sitzungen dann regelmäßig nicht vor 22.00 Uhr beendet seien, was im Hinblick auf die Tatsache, dass etliche Stadtratsmitgliederinnen und Stadtratsmitglieder sehr früh aufstehen müssten, um zur Arbeit zu gehen, unzumutbar sei. Gleiches gelte auch für viele Bürgerinnen und Bürger. Auf der anderen Seite sei es fast jeder Arbeitnehmerin und jedem Arbeitnehmer möglich, sich einmal im Monat für einen Nachmittag frei zu machen. Interessierte Bürgerinnen und Bürger müssten auch nicht pünktlich um 15.00 Uhr anwesend sein, sondern könnten durchaus auch erst später dazukommen. Die angesprochenen möglichen Schwierigkeiten einiger Stadtratsmitgliederinnen und Stadtratsmitglieder mit ihren Arbeitgeberninnen und Arbeitgebern könnten bei Mitgliederinnen und Mitgliedern der Fraktion des B.D.B. sowieso nicht auftreten, da es sich bei diesen ausnahmslos um Selbständige, Rentnerinnen und Rentner, Arbeitslose oder Hausfrauen handele.
Die Fraktion des B.D.B. will sich mit dieser Ablehnung nicht zufrieden geben. Sie ist weiterhin an einer Verlegung des Sitzungsbeginns auf einen Zeitpunkt nach 18.00 Uhr interessiert. Ein von dem Fraktionsvorsitzenden Dr. Lutz Lautstark schriftlich an Obenauf gerichteter Antrag wird jedoch von diesem aus den genannten Gründen mit Schreiben vom 4. Mai abgelehnt.
Wegen dieser Ablehnung erhebt nunmehr die Fraktion des B.D.B., vertreten durch Dr. Lautstark, am 19. Mai vor dem Verwaltungsgericht des Saarlandes gegen Oberbürgermeister Obenauf Klage. Sie beantragt, den Oberbürgermeister zu verurteilen, den Beginn der Stadtratssitzungen in Zukunft auf 18.00 Uhr oder einen späteren Zeitpunkt festzulegen.
Hat die Klage Aussicht auf Erfolg?
Zur "Hörbuchvariante" des Falles von Sebastian Baur und Kourosh Semnani unter Mitwirkung von Ulrich Stelkens: https://open.spotify.com/episode/2TzNRGjK2znRJiQUSYDw4A