© Klaus Grupp (Universität des Saarlandes) und Ulrich Stelkens (Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer)

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Am nördlichen Rande Saarheims und damit an der Grenze zur Nachbarstadt Neunkirchen liegt das Gebiet "Obere Sulz", dessen südliche Hälfte seit 1984 durch den Bebauungsplan "Obere Sulz" als ein Gewerbegebiet ausgewiesen ist. Für die nicht bebaute Nordhälfte des Gebiets besteht noch kein Bebauungsplan. Der Flächennutzungsplan der Stadt Saarheim sieht hier eine Wohnbebauung sowie eine teilweise gewerbliche Nutzung vor.

Der Vorsitzende der Mehrheitsfraktion des Saarheimer Stadtrats, Christian Dietrich Unverricht, steht nun seit einiger Zeit mit der Schwartz-Bau GmbH in Verhandlungen, einem Bauunternehmen, das daran interessiert wäre, in Saarheim eine "Saar-Mall", ein Einkaufszentrum mit 10.000 qm Verkaufsfläche, zu errichten. Als möglicher Standort für ein solches Einkaufszentrum käme allein die noch unbeplante Nordhälfte des Gebiets "Obere Sulz" in Betracht. Unverricht stellte der Schwartz-Bau GmbH daher in Aussicht, das Vorhaben im Stadtrat wegen der durch das Unternehmen in Aussicht gestellten 150 neuen Arbeitsplätze baurechtlich "möglich zu machen".

Da eine Ausdehnung des Gewerbegebiets "Obere Sulz" ohnehin schon länger Gegenstand Saarheimer kommunalpolitischer Überlegungen war, fasst der Saarheimer Stadtrat auch tatsächlich kurze Zeit später einen - ordnungsgemäß zustande gekommenen - Planaufstellungsbeschluss, der ganz auf das Vorhaben der Schwartz-Bau GmbH zugeschnitten ist. Der Entwurf des Bebauungsplans wurde mit den dort genannten zusätzlichen Unterlagen formgerecht im Internet veröffentlicht  und die Internetadresse mit allen weiteren erforderlichen Angaben in "SaarheimInForm", dem "Amtlichen Bekanntmachungsblatt für die Stadt Saarheim", das vom Oberbürgermeister für öffentliche Bekanntmachungen, insbesondere von Satzungen, amtlichen Mitteilungen usw. herausgegeben und kostenlos an alle Haushalte in der Stadt verteilt wird, bekannt gemacht. Die Anforderungen des § 3 Abs. 2 BauGB wurden damit insgesamt ganz genau beachtet.

Die darauf folgende formell ordnungsgemäß durchgeführte Öffentlichkeitsbeteiligung wird dann auch von einigen Bürgerinnen und Bürgern genutzt, unter Beachtung aller Förmlichkeiten ihre Bedenken gegen die geplante "Saar-Mall" vorzutragen. Insbesondere wurde vielfach vorgebracht, Saarheim benötige kein solches Riesen-Einkaufsgebilde, denn man habe schließlich genügend Einkaufsmöglichkeiten in der Innenstadt Saarheims, die den Bedürfnissen der Saarheimer genüge täten. Wenn unbedingt Einkaufsmöglichkeiten im Gebiet "Obere Sulz" geschaffen werden sollten, könne sich das auf die Zulassung weniger kleinerer Einzelhandelsgeschäfte beschränken. Man solle lieber neuen Wohnungsbau anstreben, da es in Saarheim an erschwinglichem Wohnraum fehle.

Auch die Nachbarstadt Neunkirchen brachte Einwände gegen die geplante "Saar-Mall" vor: Zum einen habe die Stadt Neunkirchen kurz zuvor einen Planaufstellungsbeschluss für das an die "Obere Sulz" angrenzende Neunkirchener Gebiet gefasst, der dort ein reines Wohngebiet vorsehe, das aufgrund der Neunkirchener Gebietsstruktur auch nur dort realisiert werden könne. Da die einzige Verbindungsstraße, die von Norden in Richtung der geplanten "Saar-Mall" führe, durch das geplante reine Wohngebiet Neunkirchens verlaufe, sei mit erheblichem Verkehrsaufkommen auf dieser Strecke zu rechnen, so dass an ein ruhiges Wohnen an dortiger Stelle wohl kaum noch zu denken sei. Gerade dies sei nicht tragbar: Der heutige Bedarf an Ruhe und Erholung, dem gerade ein solches reines Wohngebiet dienen soll, werde hierbei völlig missachtet. Zum anderen sei ernstlich zu befürchten, dass durch die "Saar-Mall" der Neunkirchener Einzelhandel, der ohnehin schon unter der zurückgegangenen Kaufkraft der Bürgerinnen und Bürger zu leiden habe, gänzlich zu Grunde gehen werde, was sich auch im Bundesgebiet in mehreren gleichartig gelagerten Fällen bestätigt habe. Dies sei in Anbetracht der damit zu befürchtenden Arbeitslosigkeit vieler Einzelhändler Neunkirchens sowie der Vereinsamung der Innenstadt wohl nicht im Interesse des Gemeinwohls und könne von Saarheim nicht gewollt sein, schließlich erfreue man sich schon immer guter Nachbarschaft. Zudem verstoße die Planung auch noch gegen die Vorgaben des Flächennutzungsplans für dieses Gebiet.

Diese Beanstandungen finden im Saarheimer Stadtrat jedoch kein offenes Ohr: Es sei Sache des Stadtrates festzulegen, ob man Wohnungen oder die "Saar-Mall" und damit dringend benötigte Arbeitsplätze schaffen müsse und wolle. Auch müsse man die Gunst der Stunde ergreifen und die Investitionsbereitschaft der Schwartz-Bau GmbH ausnutzen, da diese ausschließlich in ein solches Einkaufszentrum investieren und nach eigenen Angaben keine "kleinen Brötchen" backen werde. Aus dem eigenen Haushalt sei ein solches Vorhaben niemals finanzierbar. Zudem habe man der Schwartz-Bau GmbH schon zugesagt und könne nicht einfach wieder "absagen", ohne dabei Saarheim für künftige Investorinnen und Investoren völlig uninteressant zu machen. Schon deshalb seien Wohnräume in dieser Situation für Saarheim "nicht so wichtig". Zudem sei das Vorbringen der Stadt Neunkirchen nicht ernst zu nehmen: Der Bau der "Saar-Mall" hindere schließlich niemanden daran, angrenzend zu wohnen, zumal in der heutigen mobilen Gesellschaft Verkehr und Verkehrslärm hingenommen werden müssten. Da man daran gewöhnt sei, stelle dies auch keine nennenswerte Beeinträchtigung dar. Auch sei der Neunkircher Einzelhandel ohnehin schon träge, so dass die Vereinsamung der Innenstadt nur ein Frage der Zeit sei. Schließlich bliebe es den Neunkirchener Beschäftigten im Einzelhandel unbenommen, sich später in der Saarheimer "Saar-Mall" zu bewerben.

Dementsprechend wurde im Stadtrat schließlich der Bebauungsplan "Obere Sulz II" für die "Saar-Mall" beschlossen, in dem das gesamte Gebiet der Grünfläche als "Sondergebiet für ein Einkaufszentrum" i. S. d. § 11 Abs. 3 BauNVO ausgewiesen wurde. An diesem Beschluss war auch der dem Stadtrat angehörende Willi Eisenbeißer beteiligt, der selbstverständlich - wenn auch erfolglos - gegen die Errichtung der "Saar-Mall" gestimmt hatte, da auch er als Inhaber des Ladengeschäftes "Kurz- und Miederwaren Treulich" in der Nassauer Straße in Saarheim erheblichen Kunden- und Umsatzschwund fürchtet. Der Bebauungsplan wurde schließlich umgehend ordnungsgemäß bekannt gemacht.

Die Stadt Neunkirchen will diesen Bebauungsplan so nicht hinnehmen. Sie stellt daher - vertreten durch einen Rechtsanwalt - unmittelbar nach dessen In-Kraft-Treten beim Oberverwaltungsgericht des Saarlandes den Antrag, den Bebauungsplan "Obere Sulz II" für unwirksam zu erklären. Zur Begründung trägt sie die bereits gegenüber Saarheim vorgebrachten Bedenken vor. Zudem rügt sie, dass der Saarheimer Stadtrat es nicht für nötig gehalten habe, sich ernsthaft mit den von ihr vorgebrachten Bedenken auseinanderzusetzen.

Hat der Antrag der Stadt Neunkirchen Aussicht auf Erfolg?

Bearbeitervermerk: Auf Gesichtspunkte des Umweltschutzes (insbes. § 1a, § 2 Abs. 4 BauGB) ist nicht einzugehen. Unterstellen Sie auch, dass der Bebauungsplan den Zielen der Raumordnung entspricht (§ 1 Abs. 4 BauGB), dass alle Formvorschriften über die Öffentlichkeitsbeteiligung (§ 3, § 4a BauGB) eingehalten wurden, dass aber auch alle Stellungnahmen im Rahmen der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung rechzeitig abgegeben worden sind und daher nach § 4a Abs. 5 BauGB berücksichtigt werden müssen.

Lösungsvorschlag

Zu einer nach Berliner Landesrecht zu lösenden Fallvariante bei den Hauptstadtfällen

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bauarbeiter.gif (1998 Byte)Teilnehmer des Baurechtsrundgangs: Nach Bearbeitung hier lang!

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