Hauptsach' gudd g'rillt
© Klaus Grupp (Universität des Saarlandes) und Ulrich Stelkens (Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer)
mit freundlicher Unterstützung der jurmatix Legal Intelligence UG (haftungsbeschränkt), Gersheim
Im Saarheimer Gemeindewald hat die Stadt Saarheim einige Grillhütten aufstellen lassen. Ihre Nutzung wird durch die Grillhüttensatzung der Stadt geregelt, die der Stadtrat der Stadt Saarheim am 15. Mai 1999 beschlossen hat. Diese Grillhüttensatzung lautet in ihren wesentlichen Teilen:
§ 1
Die Nutzung der Grillhütten im Saarheimer Gemeindewald kann durch jedermann erfolgen. Eine Reservierung der Grillhütten ist nicht möglich.
§ 2
Feuer darf nur in den dafür vorgesehenen Feuerstellen gemacht werden. Abfälle sind in die dafür aufgestellten Behälter zu bringen. Das Befahren der Grillplätze, das Abstellen von Fahrzeugen sowie das Zelten und Lagern sind verboten.
§ 3
Lärm ist so zu bemessen, dass andere Benutzer des Platzes sowie etwaige Anlieger nicht gestört werden. Sofern sich in der näheren Umgebung Wohnbebauung befindet, ist die Benutzung der Grillhütten nur bis 22:00 Uhr gestattet.
Die Regelung des § 3 der Grillhüttensatzung wurde insbesondere mit Rücksicht auf die Grillhütte "Am Seebach" erlassen. Diese Grillhütte befindet sich in unmittelbarer Nähe des sog. "Quierbrücker Hexenhauses", in dem Odessa Hubbard-Siontologis wohnt. Weitere Bebauung ist in der näheren Umgebung der Grillhütte "Am Seebach" nicht vorhanden.
Ende Juli letzten Jahres wurde Frau Hubbard-Siontologis bei der Stadtverwaltung Saarheim vorstellig. Sie beschwerte sich darüber, dass die Grillhütte "Am Seebach" aufgrund des anhaltend schönen Wetters schon seit Mai fast jeden Abend benutzt werde, und zwar regelmäßig auch über 22:00 Uhr bis weit in die Nacht hinein. Die Grillhütte werde vor allem auch als "Rocker-Treffpunkt" missbraucht. So komme es regelmäßig vor, dass sich dort bis zu 70 Personen mit schweren Motorrädern und ganzen Wagenladungen voll Bier einfänden und lautstark bis in die frühen Morgenstunden feierten. Die in drei Fällen herbeigerufene Polizei hätte dem nur mit massivem Einsatz (zwei Hundestaffeln) begegnen können. Die Stadt Saarheim sei daher als Eigentümerin und Betreiberin der Grillhütte verpflichtet, weiteren Missbrauch der Grillhütte zu verhindern und die Einhaltung der Grillhüttensatzung sicherzustellen. Frau Hubbard-Siontologis könne wegen des von den Nutzern der Grillhütte ausgehenden Lärms regelmäßig - teilweise mehrere Nächte hintereinander - und vor allem am Wochenende keinen Schlaf finden und sei deshalb letztlich an der Nutzung ihres Hauses zu seinem eigentlichen Zweck - nämlich dem Wohnen - gehindert.
Diese Ansicht wird jedoch von dem mittlerweile für die Verwaltung öffentlicher Einrichtungen bei der Stadt Saarheim zuständigen Stadthauptsekretär Gerd Mütlich nicht geteilt. Er teilt in einem Schreiben vom 4. August Frau Hubbard-Siontologis mit, dass die Stadt der Ansicht sei, sie habe zum Schutz der Interessen der Grillhütten-Anlieger alles Erforderliche getan. Insbesondere werde durch Anschlagtafeln an der Grillhütte auf § 2 und § 3 der Grillhüttensatzung hingewiesen. Weitere Maßnahmen zur Einhaltung der Grillhüttensatzung könne die Stadt nicht treffen, da bereits spätestens nach 19:00 Uhr niemand mehr im Saarheimer Rathaus Dienst habe. Werde die Grillhüttensatzung nicht eingehalten, bestehe deshalb allein die Möglichkeit, sich an die Vollzugspolizei zu wenden und die für die Nachtzeit zuständigen Polizeivollzugsbeamten vom Polizeiposten Saarheim zur Hilfe zu rufen. Dies sei auch sachgerecht, da das Verhalten der Grillhüttennutzer der Stadt Saarheim ohnehin nicht zuzurechnen sei.
Gegen das Schreiben vom 4. August legt Frau Hubbard-Siontologis Widerspruch ein, der jedoch vom Kreisrechtsausschuss des Saarpfalz-Kreises als unzulässig verworfen wird. Daraufhin erhebt Frau Hubbard-Siontologis beim Verwaltungsgericht des Saarlandes Klage gegen die Stadt Saarheim mit dem Antrag, die Stadt Saarheim zu verpflichten, durch geeignete Maßnahmen dafür zu sorgen, dass die Nutzer der Grillhütte "Am Seebach" die Vorschriften der Grillhüttensatzung einhalten, um auf diese Weise weitere unzumutbare Lärmbelästigungen durch die Grillhüttennutzer zu verhindern.
Hat diese Klage Aussicht auf Erfolg?
Bearbeitervermerk: Gehen Sie bei der Fallbearbeitung davon aus, dass Frau Hubbard-Siontologis Ansprüche gegen die Stadt Saarheim weder aus baurechtlichen noch aus polizeirechtlichen Vorschriften herleiten kann.
Zu einer nach Berliner Landesrecht zu lösenden Fallvariante bei den Hauptstadtfällen
Zur "Hörbuchvariante" des Falles von Sebastian Baur und Kourosh Semnani unter Mitwirkung von Ulrich Stelkens: https://open.spotify.com/episode/1Ms1uJ4NcC0Iz1VZ5qG8Gr?si=a0DG6D71THChLaOots3dDw&dl_branch=1&nd=1