Bahnhofsapotheke
© Klaus Grupp (Universität des Saarlandes) und Ulrich Stelkens (Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer)
mit freundlicher Unterstützung der jurmatix Legal Intelligence UG (haftungsbeschränkt), Gersheim
Der Saarländische Landtag beschließt nach heftigen politischen Auseinandersetzungen das "Gesetz Nr. 3002 zur Ermöglichung des abendlichen Einkaufs", das die in § 3 des Gesetzes zur Regelung der Ladenöffnungszeiten (Ladenöffnungsgesetz - LÖG Saarland) vorgesehenen Ladenöffnungszeiten um zwei Stunden verlängern soll, so dass die Läden (auch im Saarland) nunmehr bis 22:00 Uhr geöffnet bleiben dürfen; zugleich wird § 6 LÖG Saarland des Gesetzes um einen Absatz 2 ergänzt, der folgenden Wortlaut hat:
"Für Apotheken bleibt es bei den Vorschriften des § 4."
Durch diese letztgenannte Änderung soll sichergestellt werden, dass auch für Apotheken auf dem Flughafen und Personenbahnhöfen die für sämtliche anderen Apotheken vorgeschriebenen Bestimmungen (und nicht die Sonderregelungen für sonstige Verkaufsstellen auf Flughäfen und Bahnhöfen) gelten. Anlass dieses Gesetzes war die Neueröffnung der "Bahnhofsapotheke" im Saarheimer Bahnhof, der ersten und bisher einzigen Bahnhofsapotheke im Saarland. Weitere Vorschriften enthält das Gesetz - abgesehen von der Bestimmung über das In-Kraft-Treten - nicht.
Das Inkrafttreten dieses Gesetzes entfacht bundesweit eine erhebliche Diskussion über die Frage, ob die Bundesländer auf Grund ihrer Gesetzgebungszuständigkeit für das Ladenschlussrecht (vgl. Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG i.d.F. des 52. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl. I 2034 - sog. "Föderalismusreform I") überhaupt berechtigt seien, das "alte" Gesetz über den Ladenschluss des Bundes ohne tiefgreifende Änderungen zu übernehmen. Denn die Festlegung von allgemeinen Ladenschlusszeiten verstoße jedenfalls nach heutigem Verständnis gegen die Berufsfreiheit, so dass schon das bisher geltende LÖG Saarland verfassungswidrig wäre und nicht in verfassungsgemäßer Weise geändert werden könnte. Bei der für Apotheken auf Bahnhöfen (und auf dem Flughafen) geltenden Regelung des neuen § 6 Abs. 2 LÖG handele es sich zudem um eine gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG unzulässige Einzelfallregelung, da hiervon eben nur eine Apotheke im Saarland betroffen sei. Die Bestimmung verstieße überdies gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, weil es nicht einsichtig sei, dass Apotheken in Flughäfen oder Bahnhöfen anders als die sonstigen dort befindlichen Verkaufsstellen behandelt werden.
Die Diskussion reißt nicht ab und wird im Saarland insbesondere durch regelmäßige Stellungnahmen verschiedener Politiker immer wieder angeheizt, auch und vor allem in der populären "Tammo 'B.'-Morning-Show" des Quierfunks - einer der populärsten Rundfunksendungen im Saarland, moderiert von Tammo "Boba" Fett. Schließlich sieht sich auch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz in einer Reaktion auf eine von Bundestagsabgeordneten Beatus Saumann gestellten kleine Anfrage dazu veranlasst, die Länder aufzufordern, die Ladenöffnungszeiten werktags generell von 0:00 bis 24:00 Uhr freizugeben, weil alles andere als schädlich für den Einkaufsstandort Deutschland und daher als verfassungswidrig anzusehen sei.
Daher sieht sich nun die Saarländische Landesregierung veranlasst, beim BVerfG form- und fristgerecht zu beantragen festzustellen, dass das Gesetz zur Regelung der Ladenöffnungszeiten (Ladenöffnungsgesetz - LÖG Saarland) i.d.F. des "Gesetzes zur Ermöglichung des abendlichen Einkaufs" mit dem Grundgesetz vereinbar ist.
Hat dieser Antrag Aussicht auf Erfolg?