© Klaus Grupp (Universität des Saarlandes) und Ulrich Stelkens (Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer)
mit freundlicher Unterstützung der jurmatix Legal Intelligence UG (haftungsbeschränkt), Gersheim
Nach der Teillegalisierung von Cannabis ist unvorhergesehen keine Ruhe in der Diskussion um die Drogenpolitik eingetreten, sondern es erscheinen in wachsendem Maße Publikationen auf dem Büchermarkt, in denen auch die Einnahme von "harten" Drogen und Betäubungsmitteln und der dadurch hervorgerufene Zustand zu einer Art Pseudo-Religion hochstilisiert werden. Dass dies über den "Retro-Büchermarkt" und nicht über das Internet und Social Media geschieht, ist eine der Besonderheiten dieser Bewegung, die vor allem mit dem Inkrafttreten der EU-Rechtsetzung in Zusammenhang mit der EU-Digitalstrategie in Verbindung gebracht wird, ohne dass dies genauer untersucht oder hier relevant wäre. Auffällig ist auch, dass die mit dem Konsum "harter" Drogen verbundenen Gesundheitsgefahren hierbei zwar durchgängig nicht geleugnet, jedoch als ein Opfer angesehen werde, das man eben erbringen müsse, um an den Freuden des Drogenkonsums teilhaben zu können. Um dem entgegenzutreten, wird durch das Bundesgesetz zur Verhinderung der Verbreitung schädlicher Informationen über Drogengebrauch (Drogengebrauchsinformationsverbreitungsverhinderungsgesetz - DroGeInfVerVerG) das Strafgesetzbuch in der Weise geändert, dass dort ein neuer § 144 eingefügt wird, der das Anpreisen und Verherrlichen der Einnahme von Betäubungsmitteln und die Verbreitung entsprechender Inhalte i. S. des § 11 Abs. 3 StGB unter Strafe stellt. Begründet wird das Gesetz mit der Notwendigkeit, die Volksgesundheit zu erhalten und die Jugend vor Betäubungsmittelkonsum zu schützen. Das Gesetz soll am Tag nach seiner Verkündung in Kraft treten.
Auch die von dem bekannten Radio-Moderator Tammo "Boba" Fett (vom Saarheimer Quierfunk) gegründete Initiative "SUPERBREIT - Für die Legalisierung von Haschisch & Co. e. V.", die sich in der Vergangenheit vehement für die Legalisierung von Cannabis eingesetzt hatte und in diesem Zusammenhang - so etwa anlässlich der Vorbereitung der Veranstaltung SAARHEIM ALTERNATIV - mehrere solcher Schriften herausgegeben und zum Selbstkostenpreis vertrieben. Sie will nun ihren "Kampf gegen Drogenfreiheit" auf eine neue Stufe heben und hat auch schon ein weiteres einschlägiges Manuskript erstellen lassen, in dem nun der von Crystal Meth ausgelöste Rauschzustand als der einzig wahre Weg zur Erkenntnis und dauernden Partyzuständen gepriesen wird. Diese Schrift soll ebenfalls zum Selbstkostenpreis veröffentlichen werden. Hieran sieht sie sich nunmehr durch das StGB gehindert. Zwar betrifft § 144 StGB als Strafnorm an sich nur natürliche Personen, weil juristische Personen nach deutschem Recht nicht als straffähig angesehen werden. Jedoch geht § 30 OWiG davon aus, dass die Verhaltensverbote und die Verhaltensgebote des Strafrechts auch für juristische Personen gelten. Sie sind zwar nicht strafbar, können aber mit einem Bußgeld belegt werden. Der Erlass eines solchen Bußgeldbescheides erfolgt nach § 30, § 88 OWiG, der im Einspruchsverfahren nach §§ 67 ff. OWiG angefochten werden kann.
Drei Monate nach Verkündung des Änderungsgesetzes im Bundesgesetzblatt erhebt daher die Initiative "SUPERBREIT - Für die Legalisierung von Haschisch & Co. e. V." durch ihr - hierzu in ihrer Vereinssatzung ermächtigtes - Vorstandsmitglied Tammo "Boba" Fett unmittelbar gegen das DroGeInfVerVerG Verfassungsbeschwerde. Sie behauptet, in ihren Grundrechten aus Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 und 3 GG sowie Art. 12 Abs. 1 GG verletzt zu sein, auch wenn zuzugeben sei, dass es sich bei dem Werk, dessen Herausgabe beabsichtigt ist, nicht gerade um ein Kunstwerk handle. Jedoch erlaube das Gesetz letztlich nichts anderes als eine Zensur, da man nicht mehr sagen dürfe, was man wolle. Der hierin liegende Grundrechtseingriff wiege um so schwerer, weil überhaupt nicht erkennbar sei, weshalb der Bund plötzlich "Handlungsbedarf" sehe, nachdem die meisten Länder, die doch eigentlich für Kulturfragen zuständig seien, entsprechende Regelungen bisher für nicht notwendig erachtet haben.
Hat die Verfassungsbeschwerde Aussicht auf Erfolg?