Mittelstandsförderung

© Klaus Grupp (Universität des Saarlandes) und Ulrich Stelkens (Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer)

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Nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 1899 zur Förderung der Unternehmen der mittelständischen Wirtschaft (Mittelstandsförderungsgesetz - MFG) haben kleine und mittlere Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft sowie der Freien Berufe große Bedeutung für eine ausgewogene Wirtschaftsstruktur und die Funktionsfähigkeit einer sozialen Marktwirtschaft. Gemäß Artikel 54 der Verfassung des Saarlandes ist es Aufgabe der Landespolitik, den selbstständigen saarländischen Mittelstand in Industrie, Gewerbe, Handwerk und Handel zu fördern und in seiner freien Entfaltung zu schützen. Dementsprechend sollen nach § 1 Abs. 2 Nr. 4, 9 und 10 MFG diese Ziele u. a. erreicht werden durch den Erhalt und die Verbesserung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen der mittelständischen Wirtschaft im Saarland, durch Unterstützung der Schaffung und des Erhalts von Arbeits- und Ausbildungsplätzen in der mittelständischen Wirtschaft und durch Unterstützung der mittelständischen Unternehmen bei der Deckung ihres Fachkräftebedarfs. Welche Unternehmen zu den mittelständischen Unternehmen im Sinne dieses Gesetzes zählen, wird in § 2 MFG detailliert definiert. Nach § 8 i. V. m. § 10 Abs. 2 MFG gewährt das Land nach Maßgabe der Haushaltsordnung zur Erreichung der in § 1 Abs. 2 MFG genannten Ziele finanzielle Fördermaßnahme insbesondere durch Darlehen, Bürgschaften und Rückbürgschaften, Garantien und Rückgarantien, Beteiligungen sowie durch rückzahlbare und nichtrückzahlbare Zuschüsse an mittelständische Unternehmen zur Stärkung der Wirtschaftsstruktur. § 10 Abs. 5 MFG stellt insoweit klar, dass die finanziellen Leistungen des Landes nach dem MFG nach Maßgabe der im Landeshaushalt zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel und der jeweils einschlägigen Förderrichtlinien gewährt werden und Rechtsansprüche auf finanzielle und sonstige Fördermaßnahmen werden durch das MFG nicht begründet werden. Dementsprechend handelt es sich bei den bereitgestellten Mitteln um Zuwendungen i.S.d. § 23 der Landeshaushaltsordnung (LHO), also um "Ausgaben für Leistungen an Stellen außerhalb der Landesverwaltung zur Erfüllung bestimmter Zwecke". Diese dürfen nach § 44 Abs. 1 Satz 1 LHO nur gewährt werden, wenn das Land an der Erfüllung des Zwecks durch solche Stellen ein erhebliches Interesse hat, das ohne Zuwendung nicht oder nicht in notwendigem Umfang befriedigt werden kann. Nach § 44 Abs. 1 Satz 2 LHO ist bei der Gewährung von Zuwendungen zu bestimmen, wie die zweckentsprechende Verwendung der Zuwendungen nachzuweisen ist.

Dementsprechend wurden diesem Jahr im Haushaltsplan des Saarlandes Mittel zur Förderung der beruflichen Bildung saarländischer mittelständischer Unternehmen bereitgestellt. Diese Mittel werden von dem insoweit zuständigen saarländischen Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitales und Energie nach Maßgabe der hierfür erlassenen Richtlinien zur Förderung der beruflichen Bildung des saarländischen Mittelstandes an solche mittelständischen Unternehmen vergeben, die einen entsprechenden Antrag stellen und die Förderkriterien der Richtlinien erfüllen.

Ein mittelständisches Unternehmen im Sinne des § 2 MFG und dieser Förderungsrichtlinien ist auch die Ducal-GmbH, die ihren Sitz in Saarbrücken hat und neben Hotels in Saarbrücken, Saarheim und Merzig noch weitere Hotels in Düsseldorf, Hamburg und Dresden betreibt. Während es sich bei diesen nicht-saarländischen Hotels um Hotels der gehobenen Preisklasse handelt, sind die saarländischen Hotels der Hotelgruppe immer auf dem Niveau der 1980er Jahre stehengeblieben. Dies betrifft vor allem auch die Ausbildung des dort tätigen Personals. Deshalb beantragte der Geschäftsführer der Ducal-GmbH - Philipp Ducal jun. - in deren Namen beim saarländischen Ministerium für Wirtschaft für das in den saarländischen Hotels beschäftigte Personal die Durchführung einer "praxisorientierten Trainingsmaßnahme für Hotelpersonal in den Häusern unserer Hotelgruppe in Hamburg, Düsseldorf und Dresden". Als Ziel der Fördermaßnahme wurde in dem Antrag angegeben: "Durch die Vermittlung von Arbeitserfahrung auf Arbeitsplätzen für die Dauer von jeweils einem Monat in unseren renommierten Hotels in den genannten Großstädten mit zahlreichen internationalen Gästen sollen zehn unserer saarländischen Mitarbeiter in die Lage versetzt werden, die volle Leistungsfähigkeit auf ihren Arbeitsplätzen im Saarland zu erreichen, um damit die Wettbewerbsfähigkeit unserer saarländischen Hotelbetriebe und damit Arbeitsplätze zu sichern." Gefördert werden solle nach den Antragsunterlagen "die Unterbringung und Verpflegung der saarländischen Mitarbeiter in unseren Hotels für die Dauer der jeweiligen Fördermaßnahme". Diese betrage pro Tag und Teilnehmer 100,- Euro bzw. 25,- Euro. Die Kosten des Programms wurden auf dieser Grundlage mit insgesamt 37.500,- Euro angegeben.

Dieser Antrag erfüllte alle Förderkriterien der maßgeblichen Richtlinien. Nachdem zuvor das in Art. 6 der Verordnung (EU) Nr. 1407/2013 der Kommission vom 18. Dezember 2013 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen vorgesehene Verfahren minutiös eingehalten worden ist, gewährte das Ministerium für Wirtschaft der Ducal-GmbH durch einen an die "Ducal-GmbH z. Hd. ihres Geschäftsführers Philipp Ducal jun." adressierten "Zuwendungsbescheid" vom 2. Februar auch tatsächlich die beantragten 37.500,- Euro für die "Durchführung der in Ihrem Antrag geschilderten Ausbildungsförderungsmaßnahme". In dem - mit ordnungsgemäßer Begründung und Rechtsbehelfsbelehrung versehenen - Bescheid, in dem ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass es sich um eine "De-minimis-Beihilfe i.S.d. der vorerwähnten Verordnung (EU) Nr. 1407/2013 handele, heißt es weiter, dass die in dem beigefügten Formblatt enthaltenen "Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen für die berufliche Bildung an mittelständische Unternehmen" als Nebenbestimmungen dieses Bescheides gelten. Unter Nr. 6.8. dieses - dem Schreiben wirklich beigefügten - Formblattes findet sich u. a. folgender Absatz:

"Die zweckentsprechende Verwendung der Zuwendung ist durch Vorlage entsprechender Rechnungen des Trägers der Fortbildungseinrichtung nachzuweisen. Selbstkostennachweise erfüllen diese Voraussetzungen nicht. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Einhaltung dieser Auflage nötigenfalls durch die Festsetzung von Zwangsgeldern durchgesetzt und die Bewilligung der Zuwendung bei ihrer Nichterfüllung aufgehoben werden kann."

Nachdem das Geld ausgezahlt worden war, führte die Ducal-GmbH die Fortbildungsmaßnahme wie geplant in den nächsten Monaten durch. Als "Verwendungsnachweis" für die Durchführung der Maßnahme schickte sie dem saarländischen Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitales und Energie Kostenaufstellungen der Direktoren der Hotels, zu denen die saarländischen Mitarbeiter "verschickt" worden waren.

Nach ordnungsgemäßer Anhörung erhielt daraufhin die Ducal-GmbH am 18. September einen - ebenfalls mit ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen - "Zuwendungsaufhebungsbescheid", der anordnet, dass der Bescheid vom 2. Februar rückwirkend aufgehoben werde. Dies sei zunächst wegen Nichterfüllung der Nebenbestimmung Nr. 6.8. gerechtfertigt, da die von der Ducal-GmbH vorgelegten Selbstkostennachweise auf Grund ihres insoweit eindeutigen Wortlauts nicht als "Rechnung" im Sinne dieser Auflage angesehen werden könnten. Wie sich aus dieser Nebenbestimmung ergebe, erfolge im Übrigen eine Förderung von Fortbildungsveranstaltungen immer nur aufgrund der tatsächlich entstandenen, durch Rechnung nachweisbaren Ausgaben. Die vorgelegten Eigenbelege "quittierten" demgegenüber nur den Empfang von Sachleistungen, ohne in nachprüfbarer Weise ihren Wert anzugeben. Nicht belegbare Ausgaben könnten im Übrigen generell nicht als zweckentsprechende Mittelverwendung angesehen werden. Schließlich habe die Ducal-GmbH nicht dargelegt, inwieweit sich der Service in den saarländischen Hotels durch die Fortbildungsmaßnahme nunmehr verbessert habe. Daher müsse davon ausgegangen werden, dass die Fortbildungsmaßnahme tatsächlich untauglich gewesen sei, ihr Ziel - die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der saarländischen Hotels - zu erreichen, so dass sie von Anfang an als nicht vom Mittelstandsförderungsgesetz gedeckt rechtswidrig gewesen sei. Auch deshalb sei die rückwirkende Aufhebung des Bescheides gerechtfertigt. Im Übrigen wird angekündigt, dass wegen der erfolgten Aufhebung demnächst ein Bescheid ergehen werde, der den Umfang der zu erstattenden Zuwendung festsetzen werde.

Philipp Ducal jun. findet dies alles nicht komisch: Es könne doch nicht sein, dass das Saarland ein Projekt als den Richtlinien entsprechend fördere, obwohl von vornherein klar sei, dass die Einhaltung der beigefügten Nebenbestimmungen wegen der Art des Projektes nicht gewährleistet werden könne. Die Nebenbestimmung Nr. 6.8. sei daher jedenfalls in seinem Fall eine eher "überraschende Klausel", die er wohl kaum hätte ernst nehmen müssen. Jedenfalls sei es abwegig, den Zuwendungsbescheid wegen Nichteinhaltung der Klausel rückgängig zu machen, da das Projekt genau so wie beantragt und genehmigt durchgeführt worden sei. Da er die Zuwendung auf keinen Fall verlieren will, wendet er sich an den Saarheimer Rechtsanwalt Rudi Rathgeber mit der Bitte um Auskunft, ob der Zuwendungsaufhebungsbescheid rechtmäßig ist und was passieren kann, wenn er sich nicht "förmlich" dagegen wehrt.

Bitte bereiten Sie in einem Gutachten die Antwort Rathgebers vor.

Anmerkung: Mit dem Saarländischen Mittelstandsförderungsgesetz vergleichbare Gesetze haben alle Bundesländer mit Ausnahme Berlins und Sachsens erlassen. Eine Zusammenstellung dieser Gesetze finden Sie hier.

Lösungsvorschlag

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