Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Urteil vom 9.12.1997

- 2 B 94.1245 -

(weitere Fundstellen: BayVBl. 1998, 695 f.)

Aus den Gründen:

1.

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, daß die zur Genehmigung gestellte Fischereihütte weder genehmigungsfrei noch genehmigungsfähig ist. Das gleiche gilt für die bereits errichtete Hütte; die Verpflichtung des Klägers zu ihrer Beseitigung ist rechtmäßig.

2.

Weder die zur Genehmigung beantragte noch die bestehende Hütte sind genehmigungsfrei. Nach Art.63 Abs.1 Nr.1 Buchst. c BayBO in der ab 1.8.1997 geltenden Fassung bedürfen keiner Genehmigung die Erteilung und Änderung freistehender Gebäude ohne Feuerungsanlagen, die einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb im Sinn des § 35 Abs. 1 Nr. 1 und § 201 BauGB dienen, nur eingeschossig und nicht unterkellert sind, höchstens 100 m2 Grundfläche und höchstens 140 m2 überdachte Fläche haben und nur zur Unterbringung von Sachen oder zum vorübergehenden Schutz von Tieren bestimmt sind. Mit dem Verwaltungsgericht, auf dessen Ausführungen insoweit Bezug genommen wird (§ 130 b VwGO), geht zwar auch der Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf die Äußerung des Fachberaters für Fischerei des Bezirks O. vom 15. 9.1983 davon aus, daß der Kläger die Fischereiwirtschaft nicht als Liebhaberei, sondern zumindest im Nebenerwerb betreibt. Jedoch "dienen" weder die beantragte noch die errichtete Hütte dem fischereiwirtschaftlichen Betrieb im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 Buchst. c BayBO i.V.m. § 35 Abs. 1 Nr.1, § 201 BauGB. Ein Vorhaben dient einem Betrieb im Sinne dieser Vorschriften nicht schon dann, wenn es die Bewirtschaftung erleichtert oder fördert, andererseits setzt der Begriff des Dienens nicht voraus, daß das Vorhaben für den Betrieb unentbehrlich ist. Es kommt entscheidend darauf an, ob ein vernünftiger Fischer – auch und gerade unter Berücksichtigung des Gebots der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs – dieses Vorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa gleicher Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde und das Vorhaben durch diese Zuordnung zudem konkreten Betrieb auch äußerlich erkennbar geprägt wird (vgl. BVerwGE 41, 138; st. Rspr.).

3.

Es kann dahinstehen, ob, worauf das Verwaltungsgericht entscheidend abgestellt hat, dem Vorhaben das Merkmal des Dienens bereits deshalb abzusprechen ist, weil der Kläger die beiden Fischteiche wegen der geringen Entfernung zu seinem Wohnhaus von dort aus – ohne eigene Hütte – bewirtschaften könne. Dagegen spricht die Stellungnahme des Fachberaters für Fischerei des Bezirks O., der dem Kläger die Notwendigkeit einer Hütte – ungeachtet der Entfernung zu seinem Wohnhaus – bescheinigt hatte, ebenso wie die Größe der beim Augenschein vorgefundenen Fischereigerätschaften und die Menge des Fischfutters, die einen häufigen Transport vom Wohnhaus zu den Fischteichen nicht als sinnvoll erscheinen lassen. Auch die Richtlinien für den Bau von Anlagen zur Haltung von Nutzfischen (Teichbaurichtlinien) der Bayerischen Landesanstalt für Wasserwirtschaft (Informationsberichte Heft 1/93) gehen bereits ab einer Entfernung von ca. 2 km von der Erforderlichkeit einer Hütte aus (Nr. 3.4).

4.

Die beantragte und die bestehende Hütte "dienen" jedenfalls deshalb nicht einem fischereiwirtschaftlichen Betrieb, weil sie nach Gestaltung, Beschaffenheit und Ausstattung nicht in der gebotenen Weise von dem fischereiwirtschaftlichen Betrieb und dessen absehbaren Betriebserfordernissen geprägt sind. Für die Bewirtschaftung der Teiche ist lediglich eine schlichte Unterbringungsmöglichkeit an Ort und Stelle für Fischereigerätschaften und Fischfutter erforderlich. Für diesen eingeschränkten Nutzungszweck, den der Kläger auch in den eingereichten Plänen angegeben hat, reicht eine als solche erkennbare einfache, fensterlose, allenfalls mit einer kleinen Lichtöffnung versehene Hütte ohne darüber hinausgehende, dem Aufenthalt von Menschen dienende Ausstattungsmerkmale aus. Die beim Augenschein vorgefundenen Gerätschaften und das Fischfutter – deren Größe bzw. Menge die Notwendigkeit einer teichnahen Unterbringung nahelegen – lassen sich ohne weiteres in einer derart schlichten, anderen Nutzungen nicht zugänglichen Hütte lagern.

5.

Die bestehende Hütte des Klägers geht über diesen Standard deutlich hinaus. Weder die drei Fenster noch das Vordach und die befestigte Terrasse noch die in der Hütte selbst beim Augenschein vorgefundene Möblierung (Sitzbank, Hängeschrank, Schrank mit Geschirr) noch die Anschlußmöglichkeit für einen Ofen in der Decke sind mit der für die Privilegierung gebotenen Prägung durch betriebliche Erfordernisse vereinbar. Die mit dieser Gestaltung und Ausstattung ermöglichte Freizeitnutzung der Hütte wird nachhaltig gefördert durch die beim Augenschein in der unmittelbaren Umgebung angetroffenen zahlreichen, ersichtlich nicht der Fischereiwirtschaft dienenden Anlagen, insbesondere dem Grillplatz, dem Brunnen und den zahlreichen, zum Teil überdachten Sitzgruppen und Tischen. Daß das ganze Areal einschließlich der vom Kläger parzellierten und verpachteten Teichufer einer nicht unerheblichen Freizeitnutzung ausgesetzt ist, räumt der Kläger im übrigen selbst ein, wenn er die Notwendigkeit der Hütte u. a. damit begründet, daß er von ihr aus das gesamte Gelände von dem von der Freizeitnutzung herrührenden Unrat säubert.

6.

Auch die zur Genehmigung gestellte Hütte erfüllt das Merkmal des "Dienens" in dem beschriebenen Sinn nicht. Zwar soll sie, anders als die bestehende Hütte, kein Vordach und keine Terrasse erhalten; auch die einer Freizeitnutzung dienende Inneneinrichtung und -ausstattung ist nicht Gegenstand des Bauantrags. Das Vorhaben geht jedoch auch in der beantragten Form mit den vorgesehenen drei Fenstern über den durch fischereibetriebliche Erfordernisse gebotenen Standard hinaus und wäre mit der damit möglichen Freizeitnutzung mit dem Gebot der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs nicht vereinbar. In diesem Zusammenhang muß auch berücksichtigt werden, daß die Hütte in einem Umfeld errichtet werden soll, das, wie dargelegt, durch zahlreiche der Freizeitnutzung dienende Anlagen geprägt ist. Gerade in einer solchen Umgebung wäre allenfalls eine streng auf die fischereiwirtschaftlichen Erfordernisse reduzierte Hütte mit dem Schutzzweck des § 35 BauGB vereinbar.

7.

Das fehlende Merkmal des "Dienens" läßt es auch nicht zu anzunehmen, daß die Errichtung der vor 1988 aufgestellten Hütte nach einer früheren Fassung der BayBO genehmigungsfrei gewesen wäre (vgl. Art. 69 Abs. 1 Nr.4 BayBO 1994 und Art. 66 Abs. 1 Nr.2 BayBO 1982).

8.

Mit der Feststellung, daß die beantragte und die bestehende Hütte nicht einem landwirtschaftlichen Betrieb dienen, steht auch fest, daß eine Privilegierung im baurechtlichen Außenbereich nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 5 BauGB angenommen werden kann. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, daß eine nicht privilegierte Hütte am fraglichen Standort nicht zugelassen werden kann, weil dadurch öffentliche Belange beeinträchtigt werden (§ 35 Abs. 2 und 3 BauGB). Auch wenn der Standort nicht in einem Landschaftsschutzgebiet liegt, ist aufgrund des beim Augenschein gewonnenen Eindrucks davon auszugehen, daß die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigt wird. Der Begriff der natürlichen Eigenart der Landschaft umfaßt den Schutz des Außenbereichs vor einer wesensfremden Nutzung und den Schutz einer im Einzelfall schutzwürdigen Landschaft vor ästhetischer Beeinträchtigung. Der Standort befindet sich in einem Waldgürtel, der sich zwischen zwei Baggerseen hinzieht. Er liegt nahe dem Ufer des Weihers. Dieser ist ringsum an seinen Ufern mit Bäumen bewachsen. Ungeachtet der Beeinträchtigungen durch Einrichtungen der Freizeitnutzung (Stege, Sitzgruppen, Grillplatz u. ä.) ist der Charakter einer natürlichen Landschaft erhalten geblieben. Sie gewinnt durch die Wasserfläche des Weihers und den ihn umgebenden Baumbestand ihren besonderen Reiz. In diese Situation würde jedenfalls eine Hütte, die über die strengen Merkmale einer Fischerhütte hinausgeht, nachteilig eingreifen. Dem steht nicht entgegen, daß ihr Standort in einer Mulde liegt und deshalb von der "Landseite" her nicht von Ferne wahrgenommen werden kann. Von der Weiherseite und den umgebenden Uferbereichen aus ist er weithin einsehbar und wirkt dort besonders störend.