Verwaltungsgericht Potsdam
Beschluss vom 22.01.2004
- 2 L 1238/03
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 (weitere Fundstellen: LKV 2004, 478 f.)

 

Leitsatz:

 

Ein Ausschluss aus einer Stadtverordnetenfraktion ist nur rechtmäßig, wenn zu der Sitzung, in der über den Ausschluss eines Mitglieds beschlossen werden soll, ordnungsgemäß unter Angabe des entsprechenden Tagesordnungspunktes geladen wird und dem Betroffenen dabei die Ausschlussgründe schriftlich und vollständig mitgeteilt wurden, er ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme erhält und ihm die Entscheidung mit Gründen schriftlich mitgeteilt wird.

 

Zum Sachverhalt:

1.

Der Ast. ist als Mitglied der CDU am 26.10.2003 in die Stadtverordnetenversammlung von T… gewählt worden. Zusammen mit drei weiteren gewählten Kandidaten bildete er die Ag. Auf der Sitzung des CDU-Ortsvorstandes T… am 27.11.2003 sprachen sich sechs der sieben Vorstandsmitglieder für den Vorschlag des Vorsitzenden der Ag. aus, einen Antrag auf Ausschluss des Ast. aus der Ag. einzubringen. Am 10.12.2003 gegen 9.30 Uhr lud die Ag. den Ast. telefonisch zu der am selben Tage um 17 Uhr stattfindenden Fraktionssitzung ein und informierte ihn über den beabsichtigten Ausschlussantrag. Der Ast. wies darauf hin, dass er arbeitszeitbedingt die Sitzung nicht pünktlich erreichen könne. 15.06 Uhr teilte der Ast. der Ag. sodann per Fax mit, dass er entsprechend seinen vorherigen telefonischen Angaben die Sitzung frühestens erst 18.20 Uhr erreichen könne. Da seiner Bitte um eine entsprechende Verschiebung des Termins nicht nachgekommen worden sei, werde er diesen also nicht wahrnehmen können. Ohnehin sei die Einladung nicht ordnungsgemäß, da sie ohne Einhaltung einer Ladungsfrist ergangen sei, die gemäß Parteistatut mindestens eine Woche betrage. Er fordere deshalb eine ordnungsgemäße Einladung. Mit Schreiben vom 11.12.2003 teilte die Ag. dem Ast. mit, dass sie ihn auf ihrer Sitzung am 10.12.2003 auf Antrag des CDU-Ortsvorstandes aus der Fraktion ausgeschlossen hätte. Anlass hierfür seien die sich ständig wiederholenden und der Arbeit der CDU in T… schadenden Aktivitäten des Ast. ohne Wissen, im Namen oder sogar gegen den Willen der Ag.

2.

Seinem Antrag auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz gab das VG statt.

 

Aus den Gründen:

3.

… Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig, insbesondere ist der Verwaltungsrechtsweg gem. § 40 I 1 VwGO eröffnet. Streitigkeiten innerhalb einer Fraktion eines kommunalen Vertretungsorgans sind, da sie die spezifisch organschaftlichen Rechte der Mitglieder der Fraktion betreffen, kraft Sachzusammenhang dem öffentlichen Recht zuzuordnen (vgl. nahezu einhellig: OVG Münster, NJW 1989, 1105 = NWVBl 1989, 130, sowie NVwZ 1993, 399 m.w. Nachw.; VGH Kassel, NVwZ 1990, 391f., sowie NVwZ 1992, 506; OVG Lüneburg, NVwZ 1994, 1106 = DÖV 1993, 1101; vgl. ebenfalls Ziekow, NWVBl 1998, 297ff.; Schmidt-Jortzig/Hansen, NVwZ 1994, 116ff.; a.A. insoweit nur VGH München, NJW 1988, 2754).

4.

Ebenso ist der auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 123 VwGO gerichtete Antrag hier statthaft, da es sich bei dem Fraktionsausschluss nicht um einen Verwaltungsakt handelt, gegen dessen sofortige Vollziehung Rechtsschutz gem. § 80 V VwGO gewährt werden könnte. Der Ausschluss stellt vielmehr eine auf die Beendigung eines durch eine prinzipielle Gleichordnung geprägten Rechtsverhältnisses gerichtete Willenserklärung dar, die nur Rechtspositionen des gemeindlichen Innenbereiches berührt (vgl. OVG Münster, NJW 1989, 1105.

5.

Der auch im Übrigen zulässige Antrag ist begründet. Nach der hier allein in Betracht kommenden Vorschrift des § 123 I 2 VwGO trifft das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis, wenn die Regelung nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern, wobei Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund, also die besondere Eilbedürftigkeit, glaubhaft zu machen sind, § 123 III VwGO i.V. mit § 920 II ZPO. Der Ast. hat das Vorliegen eines Anordnungsanspruches glaubhaft gemacht. Zum einen ist der Fraktionsausschluss schon deshalb unwirksam, weil er verfahrensfehlerhaft ergangen ist. Zwar war die Ag. entgegen der Auffassung des Ast. auch vor der konstituierenden Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 15.12.2003 bereits handlungsfähig. Zwar sind Fraktionen als Zusammenschlüsse von Gemeindevertretern keine selbstständigen kommunalen Organe, sondern lediglich ständige Gliederungen des gemeindlichen Vertretungsorgans, hier der Stadtverordnetenversammlung T…, (vgl. Schumacher u.a., KommunalverfassungsR Bbg, § 40 GO Rdnr. 2; Muth, KommunalR in Bbg, § 40 GO Rdnr. 2). Dem steht jedoch nicht entgegen, dass sich, wie es regelmäßig der Fall ist, nach Feststellung des Wahlergebnisses und Benachrichtigung der Mandatsträger durch den Wahlleiter die auf einer Liste aufgestellten und gewählten Gemeindevertreter bereits vor der konstituierenden Sitzung der Gemeindevertretung zur Konstituierung von Fraktionen zusammenfinden, einen Fraktionsvorsitzenden und dessen Stellvertreter wählen und gegebenenfalls eine Geschäftsordnung beschließen. Da üblicherweise bereits in der ersten Sitzung der Gemeindevertretung - wie hier eben auch tatsächlich in der ersten Sitzung der Stadtverordnetenversammlung T… - wichtige Personal- und Sachentscheidungen, wie die Wahl des Vorsitzenden, die Besetzung des Hauptausschusses und die Bildung und Besetzung weiterer Ausschüsse, getroffen werden, vgl. Muth, Rdnr. 1a. E., erscheint es zweckmäßig und sachgerecht, dass entsprechend ihrer Funktion die Fraktionen vorbereitend hierzu zuvor ihrerseits innerorganisatorische, besonders personelle Beschlüsse fassen können. Umstände dafür, dass sich die Ag. selbst noch nicht wirksam konstituiert hatte, sind im Rahmen der hier nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung nicht ersichtlich.

6.

Der Fraktionsausschluss ist jedoch unwirksam, da es bereits an einer ordnungsgemäßen Ladung zu der Sitzung am 10.12.2003 mangelt. Fraktionen sind freiwillige Vereinigungen von Mitgliedern einer Gemeindevertretung, deren innere Ordnung gem. § 40 II 3 der Gemeindeordnung (BbgGO) demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechen muss. Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen ein Fraktionsmitglied ausgeschlossen werden kann, richtet sich dabei in erster Linie nach den bei der Bildung der Fraktion getroffenen Absprachen, wobei die Regelung der fraktionsinternen Rechtsbeziehungen - etwa entsprechend § 40 III BbgGO in Gestalt einer Geschäftsordnung - im Hinblick auf das freie Recht zur Gründung einer Fraktion grundsätzlich der uneingeschränkten Disposition ihrer Mitglieder unterliegt. Fehlt es wie hier an derartigen Absprachen, ist zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Fraktionsausschlusses mangels subsidiär eingreifender gesetzlicher Regelungen auf solche Rechtsgrundsätze zurückzugreifen, die Dauerrechtsverhältnisse, die auf das persönliche Zusammenwirken mehrerer Beteiligter angelegt sind, allgemein kennzeichnen und auch ohne ausdrückliche Absprache als Grundlage interner Rechtsbeziehungen akzeptiert zu werden pflegen (vgl. OVG Münster, NJW 1989, 1105; VGH München, NVwZ 1989, 494 [495]; VGH Kassel, NVwZ 1990, 391 [392]; VG Darmstadt, NVwZ-RR 1990, 104.

7.

Der Fraktionsausschluss muss damit auch in formeller Hinsicht rechtsstaatlichen Anforderungen genügen, wozu u.a. zählt, dass zu der Sitzung, in der über den Ausschluss eines Mitgliedes beschlossen werden soll, ordnungsgemäß und unter Angabe des entsprechenden Tagesordnungspunktes geladen wird, dass dem Betroffenen dabei die Ausschlussgründe schriftlich und vollständig mitgeteilt werden und er ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme erhält und schließlich, dass ihm die Entscheidung mit Gründen schriftlich mitgeteilt wird (vgl. OVG Münster, NVwZ 1999, NVWZ Jahr 1999 Seite 399; VGH München, NVwZ 1989, 494 [495]; Schumacher u.a., § 40 GO Rdnr. 3.4).

8.

Daran fehlt es hier jedoch. Der Ast. ist zu der Sitzung der Ag. am 10.12.2003 nicht ordnungsgemäß, nämlich telefonisch am Morgen desselben Tages geladen worden. Hierbei ist weder eine angemessene Ladungsfrist eingehalten, noch sind dem Ast. schriftlich die Gründe des Ausschlusses mitgeteilt worden. Gerade im Hinblick auf die dem Betroffenen zu gewährende Anhörung und unter Beachtung der Erheblichkeit des beabsichtigten Beschlusses erscheint es unter Beachtung rechtsstaatlicher Grundsätze regelmäßig unverzichtbar, dass sich der Auszuschließende rechtzeitig auf die ihm gemachten Vorwürfe einstellen und angemessen vorbereiten kann, was hier jedoch nicht gewährleistet war (vgl. auch: VGH München, NVwZ 1989, 494 [496]). Umstände, die die kurzfristige telefonische Ladung erforderlich gemacht hätten, hat weder die Ag. hinreichend vorgetragen, noch sind sie im Rahmen einer summarischen Prüfung sonst ersichtlich. Der bloße Hinweis auf die am 9.12.2003 abends vergeblich per Fax versuchte schriftliche Ladung vermag insoweit weder die fehlende Ladungsfrist zu rechtfertigen, noch dem Vorbringen des Ast. entgegenzutreten, dass ihm die Gründe des Ausschlusses nicht mitgeteilt worden seien. Dass der Ast. als Vorsitzender der CDU-Stadtverordnetenfraktion der vorherigen Legislaturperiode seinerseits damals bei Ladungen keine Wochenfrist eingehalten haben soll, ist demgegenüber für die Rechtmäßigkeit des verfahrensgegenständlichen Beschlusses der Ag. als nunmehriger CDU-Fraktion unbeachtlich, zumal die von der Ag. in diesem Zusammenhang vorgelegten Ladungen jedenfalls eine mehrtägige Frist wahren. Das von der Ag. vorgelegte Ladungsschreiben vom 9.12.2003 enthält darüber hinaus keinen hinreichenden Hinweis auf den geplanten Ausschluss des Ast., da der Tageordnungspunkt "Auswertung/Beschlussfassung zu den Vorkommnissen um die aufgehobene Stadtverordnetenversammlung vom 24. 11. 03" völlig offen lässt, in welcher Hinsicht ein Beschluss gefasst werden soll. Auch hierin liegt ein wesentlicher Verstoß gegen rechtliche Anforderungen. Zudem unterliegt es im Hinblick darauf, dass die innere Organisation der Fraktion dieser selbst und nicht etwa der Partei obliegt, erheblichen rechtlichen Bedenken, dass der Ausschluss ausweislich der schriftlichen Mitteilung vom 11.12.2003 hier auf Antrag des CDU-Ortsvorstandes erfolgt ist. Auch fehlt es in diesem Schreiben an der erforderlichen Angabe konkreter Gründe für die Ausschlussentscheidung; die Ag. beschränkt sich vielmehr auf eine allgemeine, floskelhafte Formulierung, der nicht zu entnehmen ist, welche Vorwürfe dem Ast. konkret gemacht und der Entscheidung zu Grunde gelegt worden sind.

9.

Auch in materieller Hinsicht erfolgte der Fraktionsausschluss rechtsfehlerhaft. Der Ast. hat glaubhaft gemacht, dass ein den Ausschluss rechtfertigender wichtiger Grund hier jedenfalls nach summarischer Prüfung und vorbehaltlich weiterer Erkenntnisse, die sich in dem Hauptsacheverfahren noch ergeben könnten, nicht ersichtlich ist. Nicht jede Meinungsverschiedenheit, nicht jeder Verstoß gegen interne Absprachen der Fraktion berechtigen zum Ausschluss eines Mitgliedes. Vielmehr ist dieser grundsätzlich nur durch das Vorliegen eines wichtigen Grundes gerechtfertigt( vgl. OVG Münster, NJW 1989, 1105, sowie NVwZ 1993, 399 [400]; VGH Kassel, NVwZ 1990, 391 [392]; OVG Lüneburg, NVwZ 1994, 1106 [1101f.]; VG Darmstadt, NVwZ-RR 1990, 104 [105]; Ziekow, NWVBl 1998, 297 [304f.]; Schmidt-Jortzig/Hansen, NVwZ 1994, 116 [119]; Schumacher u.a., § 40 GO Rdnr. 3.4). Da die Bildung einer Fraktion ihrem Wesen und ihrer Funktion entsprechend unter der Voraussetzung grundsätzlicher Übereinstimmung der Beteiligten und mit dem Ziel ihrer persönlichen Zusammenarbeit auf längere Dauer erfolgt, ist ein wichtiger Grund für den Ausschluss eines Mitgliedes gegeben, wenn andernfalls die spezifische Funktion der Fraktion nicht mehr realisiert werden könnte, wenn also die Fraktion nicht mehr zu einer internen Vorstrukturierung des Willensbildungs- und Entscheidungsprozesses in der Lage ist. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn Umstände vorliegen, die das Vertrauensverhältnis nachhaltig und derart stören, dass den übrigen Fraktionsmitgliedern eine weitere Zusammenarbeit nicht zugemutet werden kann. Hiervon wird auszugehen sein, wenn der Auszuschließende wiederholt von fundamentalen Kernfragen abweicht, auf denen der politische Grundkonsens beruht, ein Dissens in zentralen Fragen des Fraktionskonsenses besteht, wenn ein Fraktionsmitglied permanent gegen gemeinsam gefasste Beschlüsse abstimmt, wenn das inter-fraktionelle Einheitsgefühl erschüttert und damit einer weiteren Kooperation der Boden entzogen wird, vgl. OVG Münster, NJW 1989, 1105; VGH Kassel, NVwZ 1990, 391 [392]; OVG Lüneburg, NVwZ 1994, 1106; VG Darmstadt, NVwZ-RR 1990, 104 [105]; Ziekow, NWVBl 1998, 297 [305]; Schmidt-Jortzig/Hansen, NVwZ 1994, 116 [119].

10.

Dass ein derartiger wichtiger Grund hier vorgelegen hat, ist hier nicht ersichtlich. Das Schreiben der Ag. vom 11.12.2003 lässt in seiner allgemeinen Formulierung offen, welche "sich ständig wiederholenden (…) Aktivitäten ohne Wissen, im Namen oder gegen den Willen der Fraktion" dem Ast. konkret vorgeworfen werden. Soweit das Ladungsschreiben vom 9.12.2003 einen Zusammenhang mit der von der Kommunalaufsicht beanstandeten konstituierenden Sitzung der Stadtverordnetenversammlung vermuten lässt, hat die Ag., die dem Begehren des Ast. nach weiterer Mitarbeit in der Fraktion dessen Ausschluss entgegenhält und daher für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen eines Ausschlussgrundes die Darlegungs- und materielle Beweislast hat, vgl. OVG Münster, NJW 1989, 1105; VGH Kassel, NVwZ 1990, 391 [392]; Ziekow, NWVBl 1993, 297 [304], hierzu im Rahmen dieses Verfahrens keinerlei Angaben gemacht. Vielmehr verweist sie in ihrem Vorbringen lediglich darauf, dass der Ast. nach der Wahl deutlich gemacht habe, er verfolge - notfalls auch allein - als Wählerauftrag das Ziel, die Stadtverwaltung zu kritisieren, zu beschäftigen und zu belehren. Konkret habe der Ast. bereits zweimal Kandidaten der CDU, die in Ortsbeiräte gewählt oder als sachkundige Einwohner in Ausschüsse der Stadtverordnetenversammlung berufen worden seien, zu Beratungen eingeladen und mittlerweile eine Bürgerinitiative "Pro T…" gegründet. Es ist jedoch nicht erkennbar, inwieweit sich der Ast. hierdurch überhaupt bereits vom Grundkonsens der Zusammenarbeit innerhalb der Fraktion so weit entfernt hat, dass eine Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht mehr gegeben ist. Zwar hat die Ag. vorgetragen, dass keines ihrer Mitglieder bereit sei, mit dem Ast. weiterhin zusammenzuarbeiten. Durchgreifende Gründe dafür, die allein von dem Ast. zu verantworten sind oder jedenfalls einzig in seinem Verantwortungsbereich liegen, hat die Ag. aber nicht angeführt. So ist nach dem bislang Vorgetragenen insbesondere nicht erkennbar, inwieweit der Kontakt mit CDU-Ortsbeiräten und sachkundigen Einwohnern nachhaltig die politische Tätigkeit der CDU-Fraktion stört, zumal der Ast. unwidersprochen vorgetragen hat, dass ihm dieser Bereich der Betreuung im vorpolitischen Raum im Rahmen der Aufgabenverteilung innerhalb der Ag. übertragen worden sei. Ob und in welchem Maße sein Tätigwerden dabei etwa inhaltlich von der vereinbarten Linie der Ag. abweicht, hat diese nicht dargelegt und ist auch sonst nicht ersichtlich.

11.

Doch auch soweit der Ast. selbst zu den Vorkommnissen um die konstituierende Sitzung der Stadtverordnetenversammlung T… am 24.11.2003 Stellung nimmt, ist das Vorliegen eines wichtigen Ausschlussgrundes hier im Rahmen einer summarischen Prüfung nicht erkennbar. Nach den Erkenntnissen des vorliegenden Verfahrens soll zu dieser Sitzung nicht ordnungsgemäß geladen worden sein, was zu einer Beanstandung durch die Kommunalaufsichtsbehörde geführt hat. Der Ladungsfehler war jedenfalls der Ag. wie auch der CDU-Ortsgruppe zuvor bereits bekannt, sollte aber - jedenfalls im Vorfeld der Sitzung - nicht thematisiert werden. Dem entgegen hatte sich der Ast. offensichtlich innerhalb der Ag. mehrfach um eine vorherige Klärung bemüht, ohne hierfür das Einvernehmen mit den übrigen Mitgliedern der Fraktion erreichen zu können, wobei eine Sitzung mit Beratung und Beschlussfassung nicht stattgefunden hat. Die Beanstandung der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung durch die Kommunalaufsichtsbehörde erfolgte auf Initiative eines Mitglieds der CDU-Ortsgruppe, der zuvor den Ast. telefonisch nach dem beabsichtigten Vorgehen der Ast. befragt hatte, wovon wiederum der Ast. die Ag. nach seinen unwidersprochen gebliebenen Angaben auch in Kenntnis gesetzt hat.

12.

In Würdigung dieser gesamten Umstände vermag das Gericht jedenfalls im vorliegenden Eilverfahren nicht festzustellen, inwieweit diese das Vorliegen eines Ausschlussgrundes begründen könnten. Wie dargestellt, genügen bloße Meinungsverschiedenheiten, wie sie hier offensichtlich zwischen dem Ast. und den übrigen Mitgliedern der Ag. aufgetreten sind, nicht, einen Ausschluss aus der Fraktion zu rechtfertigen, zumal es ersichtlich nicht um inhaltliche Fragen des politischen Grundkonsenses der Ag. gegangen ist. Selbst wenn der Ast. in gewisser Hinsicht eigeninitiativ tätig geworden ist, erscheint sein Verhalten nicht geeignet, das Vertrauensverhältnis innerhalb der Ag. und die weitere inhaltliche Zusammenarbeit nachhaltig zu stören, zumal die Ag. nach ihrem Vorbringen ebenfalls eine ordentliche Klärung des Problems beabsichtigt hatte. Auch war in diesem Zusammenhang zu beachten, dass ein Fraktionsausschluss unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ohnehin nur als letztes Mittel in Frage kommt und erst beschlossen werden darf, wenn mildere Maßnahmen, etwa Rügen, die Androhung eines Ausschlusses oder eine zeitweilige Suspendierung, versagt haben oder wegen der besonderen Umstände des Falles nicht in Betracht gezogen werden mussten (vgl. ebenso: OVG Lüneburg, NVwZ 1994, 1106; Schmidt-Jortzig/Hansen, NVwZ 1994, 116 [119]).

13.

Ebenso ist vorliegend ein Anordnungsgrund gegeben. Der Ast. hat glaubhaft gemacht, dass die beantragte Regelung erforderlich ist, um wesentliche Nachteile von ihm abzuwenden. Durch den Ausschluss aus der Fraktion und die damit verbundene Verhinderung der Teilnahme an der Fraktionsarbeit werden dem Ast. die mit der Mitgliedschaft in einer Fraktion verbundenen gesteigerten Informations- und Einflussmöglichkeiten entzogen, wodurch er jedenfalls für einen wesentlichen Teil der Legislaturperiode auf die demgegenüber deutlich reduzierten Einwirkungschancen eines fraktionslosen Mitgliedes der Stadtverordnetenversammlung verwiesen wäre. Auch würde er zwischenzeitlich den Bezug zur inneren Organisation der Fraktionsarbeit verlieren, wodurch die Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung eines Vertrauensverhältnisses vollständig vereitelt wäre (vgl. ebenso: OVG Münster, NJW 1989, 1105; VGH Kassel, NVwZ 1990, 391 [392], sowie NVwZ 1992, 506; VG Darmstadt, NVwZ-RR 1990, 104 [105]; Ziekow, NWVBl 1998, 297 [307]).

14.

Dies würde den Ast., selbst wenn er sich offensichtlich zwischenzeitlich um weitere Möglichkeiten der Einflussnahme bemüht, unzumutbar belasten, weshalb es hier insbesondere im Hinblick auf die durch das Gericht im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes getroffenen durchgreifenden formellen und materiellen Beanstandungen des Ausschlussbeschlusses gerechtfertigt erscheint, eine Entscheidung in der Hauptsache mit dem Erlass der einstweiligen Anordnung zumindest teilweise faktisch vorauszunehmen.