Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen
Urteil vom 28.11.1994
- 22 A 2478/93 -

(weitere Fundstellen: NVwZ 1995, 814)

 

 

Tatbestand

1.

Der Beklagte schloß die Klägerin aus dem Gemischten Chor der Musikschule der Stadt B. aus. Er begründete dies mit Spannungen, die den Chor in seinem Bestand gefährdeten. Klage und Berufung hatten keinen Erfolg.

 

Gründe:

2.

Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig. Der vom Beklagten verfügte Ausschluß der Klägerin aus dem Chor erfüllt insbesondere in der Fassung des Widerspruchsbescheides die Voraussetzungen eines Verwaltungsakts im Sinne des § 42 Abs. 1 VwGO. Mit ihm wird die zuvor durch Verwaltungsakt geregelte Zulassung zu einer gemeindlichen Einrichtung im Sinne des § 18 Abs. 1 GO a.F. - der hier noch maßgebend ist und § 8 Abs. 1 GO entspricht - beendet, denn die Musikschule der Stadt ist nach § 1 der Satzung eine nicht rechtsfähige öffentliche Anstalt, die als gemeinnützige öffentliche Einrichtung geführt wird (VGH Mannheim, Beschluß vom 30.10.1986 - 9 S 2497/86 -, NVWZ 1987, 701).

3.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

4.

Der Senat läßt offen, ob die vom Beklagten in Bezug genommene Ziffer 7.4 der Schulordnung für die Musikschule der Stadt als Rechtsgrundlage für den Ausschluß der Klägerin aus dem Chor in Betracht kommt. Diese Regelung dürfte sich nach dem Regelungszusammenhang in Ziffer 7 eher auf die individuellen Fortschritte eines Schülers im Unterricht beziehen, um die es im vorliegenden Fall nicht geht.

5.

Der Beklagte ist jedoch unmittelbar aus § 18 Abs. 1 GO a.F. berechtigt, Maßnahmen zu ergreifen, die den ordnungsgemäßen Betrieb und den Widmungszweck einer von ihm betriebenen öffentlichen Einrichtung sicherstellen. Vgl. OVG NW, Urteil vom 14.10.1988 15 A 188/86 -, NWVBl. 1989, 91 für das Hausrecht; ferner Bay VGH, Urteil vom 11.12.1968 - 52 IV 66 -, in: Kottenberg- Steffens-Heinrich, Rechtsprechungssammlung zum kommunalen Verfassungsrecht, GO NW § 18, Nr. 51).

6.

§ 18 a.F. GO ermächtigte die Gemeinden in Abs. 1 zur Schaffung öffentlicher Einrichtungen und setzte in Abs. 2 deren Betrieb voraus. Daraus folgt als Annex das Recht der Gemeinde, den Betrieb einer von ihr geschaffenen öffentlichen Einrichtung aufrechtzuerhalten und Störungen abzuwehren. Die Abwehr einer Störung kann auch darin liegen, daß ein Benutzer ausgeschlossen wird, der den Betrieb der Einrichtung gefährdet. Dies kann auch ohne ausdrückliche Ermächtigung durch Verwaltungsakt geschehen (OVG NW, Beschluß vom 9.9.1993 - 22 B 1487/93 -, ZfW 1994, 423; VGH Mannheim, aaO.).

7.

Nach diesen Grundsätzen hat der Beklagte die Klägerin rechtmäßig, insbesondere ermessensfehlerfrei, aus dem Chor ausgeschlossen. Der Chor wird von der Musikschule als Ergänzungsfach angeboten und ist damit Teil der öffentlichen Einrichtung. Er wäre bei einer weiteren Mitwirkung der Klägerin in seinem Bestand gefährdet gewesen, weil ein für die erfolgreiche Arbeit des Chores unverzichtbares einvernehmliches Zusammenwirken nicht mehr möglich war. So hat die Klägerin in der Chorprobe am 25.9. 1991 eine Rede halten wollen und Papiere verteilt. Am 19.10.1991 haben von 35 anwesenden Chormitgliedern fünf ihr Ausscheiden angekündigt, wenn die Klägerin im Chor bleibe; 27 weitere erklärten, ihre Mitarbeit im Chor werde durch die Klägerin empfindlich gestört. Die von der Klägerin gegen diese Abstimmung erhobenen Einwände, die insbesondere deren Form und Rahmen betreffen, ändern an dem zum Ausdruck gekommenen Ergebnis nichts. Es spricht nichts dafür, daß die Abstimmung nicht den damaligen Meinungsstand im Chor wiedergibt. Der in diesem Zusammenhang aufgestellten Behauptung der Klägerin, sie sei Opfer einer von einer "Fraktion des Chores" initiierten Kampagne, ist schon deshalb nicht weiter nachzugehen, weil die Klägerin greifbare Anhaltspunkte hierfür nicht dargelegt und nicht einmal die Mitglieder dieser "Fraktion" benannt hat. Aus alledem folgt, daß eine weitere Mitwirkung der Klägerin im Chor nicht mehr tragbar war.

8.

Darüber hinaus zeigt der unter dem 18.9.1991 verfaßte Antrag der Klägerin, einen kommissarischen Vereinsvorstand für den Chor zu wählen, dem die vorläufige Geschäftsführung zu übertragen sei und der beauftragt werden solle, eine Satzung zu erarbeiten, die Beschlußfassung über diese herbeizuführen und anschließend die Wahl eines ordentlichen Vorstandes zu betreiben, daß die Klägerin den Betrieb des Chores in Form einer öffentlichen Einrichtung in Frage stellt und nicht anerkennt, sondern außerhalb der Organisationsform der öffentlichen Einrichtung eigene Organisationsvorstellungen durchsetzen will. Dies braucht der Beklagte nicht hinzunehmen.