Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil vom 24.7.1990
- 6 A 10056/90
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 (weitere Fundstellen: Kommunale Steuer-Zeitschrift 1991, 56 f.)

 

 

Tatbestand

1.

Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zur Vergnügungssteuer für von ihm im Stadtgebiet der Beklagten aufgestellte sogenannte Kinderreitautomate, die die Beklagte aufgrund ihrer Vergnügungssteuersatzung als Unterhaltungsgeräte mit, jeweils 20,- DM pro Gerät und Monat veranlagt hat.

 

Aus den Gründen:

2.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen Vergnügungssteuerbescheide der Beklagten zu Recht abgewiesen. Diese Bescheide sind rechtlich nicht zu beanstanden.

3.

Die angegriffenen Bescheide beruhen auf § 1 Abs. 1 Ziffer 5 a und § 14 Abs. 1 Ziffer 1 b der Vergnügungssteuersatzung der Beklagten vom 29.1.1988, die ihre Grundlage in Art. 1 Abs. 2 des Landesgesetzes über die Ermächtigung der Gemeinden zur Erhebung von Vergnügungssteuer und Hundesteuer vom 27.3.1987 - GVBl. S. 75 - findet.

4.

Diese Satzungsbestimmungen stehen auch mit Art. 1 Abs. 2 des Landesgesetzes vom 27.3.1987 in Einklang.

5.

Dabei kann letztlich offen bleiben, ob die Kinderreitautomaten bereits als Spielgeräte im Sinne des Gesetzes und der Vergnügungssteuersatzung der Beklagten vergnügungssteuerpflichtig sind, oder ob sie als (sonstige) Unterhaltungsgeräte zu qualifizieren sind, die als Steuergegenstand zwar in § 1 Abs. 1 Ziffer 5 a der Vergnügungssteuersatzung, nicht aber in Art. 1 Abs. 2 Satz 2, 1. Halbsatz des Landesgesetzes vom 27.3.1987 genannt sind, der lediglich Spiel-, Geschicklichkeits-, Schau- und Scherzgeräte aufzählt. In beiden Fällen ermöglicht die Satzung der Beklagten eine Steuererhebung.

6.

Sind die Kinderreitautomaten Spielgeräte, dann gehen die Rechtsbedenken des Klägers von vornherein ins Leere. In diesem Falle können Zweifel an der Übereinstimmung von Satzungsvorschriften und Ermächtigungsgrundlage schon aufgrund des Wortlauts des Art. 1 Abs. 2 Satz 2 des Landesgesetzes nicht aufkommen.

7.

Betrachtet man die Kinderreitautomaten dagegen - was der Senat in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht Mainz (Urteil vom 11.4.1989 - 3 K 193/88 - mit Hinweisen zur Rechtsprechung u. a. des OVG Münster, Urteil vom 19.12.1974, KStZ 1975, S. 198 und des VG Freiburg, Urteil vom 25.11.1980, KStZ 1981, S. 197) für zutreffend erachtet - nicht als Spielgeräte, sondern als Unterhaltungsgeräte, so finden die angefochtenen Bescheide ebenfalls in §§ 1 Abs. 1 Ziff. 5 a, 14 Abs. 1 Nr. 1 der Vergnügungssteuersatzung der Beklagten eine wirksame Rechtsgrundlage; denn die Festsetzung einer Pauschsteuer steht auch, soweit sie Unterhaltungsgeräte betrifft, in Einklang mit Art. 1 Abs. 2 des Landesgesetzes vom 27.3.1987.

8.

Diese Vorschrift umschreibt in Satz 1 in Form einer Generalklausel den Kreis der möglichen Steuergegenstände, in dem sie die Gemeinden allgemein ermächtigt, Vergnügungssteuer "für veranstaltete Vergnügungen" zu erheben (im wesentlichen ebenso § 2 Abs. 1 des früheren rheinland-pfälzischen Vergnügungssteuergesetzes vom 29.11.1965, GVBl. S. 251). Damit läßt das Gesetz dem kommunalen Satzungsgeber neben der Entscheidung, ob überhaupt Vergnügungssteuer erhoben wird, einen weiten Spielraum bei der Festlegung der Steuerobjekte, der auch die Besteuerung zur Vergnügung, Entspannung, Zerstreuung oder Unterhaltung der Benutzer aufgestellter Geräte aller Art erlaubt. Dazu gehören neben den in § 1 Abs. 1 Ziffer 5 a der Vergnügungssteuersatzung wie in Satz 2 der gesetzlichen Ermächtigungsvorschrift genannten Spiel- und Geschicklichkeitsgeräten auch die (sonstigen) Unterhaltungsgeräte.

9.

Die Reichweite der Generalklausel des Art. 1 Abs. 2 Satz 1 des Landesgesetzes vom 27. März 1987 wird entgegen der Auffassung des Klägers durch Satz 2 in keiner Weise eingeschränkt. Dies ergibt eine an Wortlaut und Systematik der gesetzlichen Regelung orientierte Auslegung, die auch in der Entstehungsgeschichte des Gesetzes, wie sie in den veröffentlichten Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommt, ihre Bestätigung findet.

10.

Satz 2 legt seinem Wortlaut nach lediglich für die dort genannten Geräte Art und Höchstmaß der Besteuerung fest. Es greift damit aus dem Kreis der durch die - systematisch an erster Stelle stehende - Generalklausel erfaßten Steuerobjekte einige wenige heraus, für die er eine spezielle Regelung trifft. Die Wortwahl selbst bietet keine Veranlassung, eine Ausstrahlungswirkung auf die Generalklausel in Satz 1 im Sinne einer Beschränkung der Steuergegenstände oder der Erhebungsart anzunehmen.

11.

Ein solcher Schluß ließe sich allenfalls aus einem Vergleich mit den Bestimmungen der §§ 2 Abs. 2 Ziffer 3 und 21 Abs. 2 Ziffer 1 des früheren Vergnügungssteuergesetzes von 1965 ziehen. § 21 enthielt Bestimmungen über Pauschsteuer nach festen Sätzen, die u. a. für das Halten eines "Spiel-, Geschicklichkeits-, Schau-, Scherz- oder ähnlichen Gerätes" vorgesehen war. Aus dem Fehlen der Formulierung "oder eines ähnliches Gerätes" im neuen Landesgesetz läßt sich jedoch nichts für die vom Kläger für richtig gehaltene Auslegung dieses Gesetzes herleiten. Vielmehr ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien zum Landesgesetz vom 27.3.1987 eindeutig, daß sich der Gesetzgeber überhaupt nicht an der Fassung des alten Vergnügungssteuergesetzes orientiert hat, sondern - gemäß dem Hauptziel des Gesetzes, die bisherige Pflichtsteuer in eine Kann-Steuer umzuwandeln und den Gemeinden bei der Ausgestaltung eine weitgehende Autonomie einzuräumen (so die Begründung des Gesetzentwurfes, LT-Drs. 10/5137, 5138) - im wesentlichen nur eine allgemein gefaßte Ermächtigung zur Erhebung von Vergnügungssteuern schaffen wollte.

12.

Die Vorschrift des Art. 1 Abs. 2 Satz 2 des Landesgesetzes vom 27.3.1987 ist allein darauf zurückzuführen, daß in den Jahren zuvor das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in von Automatenaufstellern wegen Steuererhöhungen betriebenen vorläufigen Rechtsschutzverfahren Vergnügungssteuersätze bis zu 60,- DM für Geräte mit Gewinnmöglichkeit und bis zu 20,- DM für Geräte ohne Gewinnmöglichkeit für unbedenklich gehalten hatte (z. B. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluß vom 12.9.1984 - 6 B 76/84 - und vom 17.12.1984 - 6 B 155/84 -). Diese Rechtsprechung wollte der Gesetzgeber zur Vermeidung von Rechtsunsicherheit im neuen Vergnügungssteuerrecht gesetzlich festschreiben, weil er davon ausging, daß sich eine größere Zahl von Gemeinden angesichts der ordnungs- und jugendpolitischen Problematik der zunehmenden Anzahl sogenannter Spielhallen zu einer Besteuerung der typischerweise dort aufgestellten Geräte entschließen würde. Eine darüber hinausgehende Bedeutung sollte der Regelung des Satz 2 nach der Begründung des Gesetzentwurfs nicht zukommen (LT-Drs. 10/5137, 5139; vgl. auch Plenarprotokolle der 10. Wahlperiode, S. 5293, 5295).

13.

Angesichts dessen bleibt es, soweit nicht unmittelbar die in Art. 1 Abs. 2 Satz 2 des Landesgesetzes vom 27.3.1987 genannten Gerätearten betroffen sind, nicht nur hinsichtlich des Kreises der Steuergegenstände, sondern auch der jeweiligen Besteuerungsart bei der weitgehenden Gestaltungsfreiheit des kommunalen Steuersatzungsgebers. Die Regelung des Art. 1 Abs. 2 Satz 2 beschränkt demnach nicht die Möglichkeit der Beklagten, in ihrer Vergnügungssteuersatzung andere Steuerobjekte als die in Satz 2 des Gesetzes ausdrücklich genannten im Wege der Pauschsteuer nach festen Sätzen zu besteuern. Ein anderes Verständnis des Gesetzes würde angesichts der wenigen verschiedenen Möglichkeiten der Vergnügungssteuererhebung (Kartensteuer, Pauschbesteuerung nach einem Prozentsatz der Roheinnahmen oder nach festen Sätzen) zu dem wenig sinnvollen Ergebnis führen, daß zwar grundsätzlich auch sonstige Unterhaltungsgeräte der Vergnügungssteuer unterfallen könnten, daß für sie aber die angemessene Steuerbemessungsart nicht zur Verfügung stünde.

14.

Schließlich bestehen auch gegen die Höhe der vom Kläger geforderten Vergnügungssteuer von 20,- DM pro Kinderreitautomat und Monat keine rechtlichen Bedenken. Sie entspricht dem in § 14 Abs. 2 Ziffer 1 b i. V. m. Abs. 1 Ziffer 1 der Vergnügungssteuersatzung der Beklagten normierten Steuersatz, der sich für alle unter dem Oberbegriff "Unterhaltungsgeräte" zusammengefaßten verschiedenen Gerätearten einheitlich an den Obergrenzen des Landesgesetzes vom 27. März 1987 orientiert. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob anderenfalls eine Erstreckung der in Art. 1 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes normierten Obergrenzen auf die Besteuerung sonstiger Unterhaltungsgeräte rechtlich geboten wäre.