Oberverwaltungsgericht Berlin
Beschluss vom 8.07.1999
- 1 SN 63/99
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 (weitere Fundstellen: NJW 1980, 2484 ff.)

 

 

Aus den Gründen

1.

[...] Die Antragsteller hat keine Umstände vorgetragen, die ernstliche Zweifel i.S. des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung begründen. Der Beschluß des Verwaltungsgerichts [...] begegnet jedenfalls im Ergebnis keinen rechtlichen Bedenken. Die Antragsteller wird durch den öffentlichrechtlichen Vertrag vom 31. 5. 1999, durch den der Antragsgegner Sondernutzungserlaubnisse zum Aufbau und Betrieb von Imbiß-, Getränke- und sonstigen Verkaufsständen anläßlich der von der Antragsteller geplanten "Love Parade" an die Beigel. vergeben hat, nicht in ihren Rechten verletzt.

2.

Der Senat läßt auch in diesem Verfahren dahingestellt, ob die von der Antragsteller geplante "Love Parade" eine öffentliche Versammlung unter freiem Himmel oder ein Aufzug i.S. der §§ 14, 15 VersG, Art. 8 Abs. 1 GG ist, wie dies der Polizeipräsident in Berlin im Bescheid vom 20. 5. 1999 angenommen hat (vgl. auch: Beschl. des Senats, OVGE 22, 170). Offenbleiben kann weiter, ob - im Falle seiner Vollziehbarkeit - dieser Bescheid eine auch in diesem Verfahren zu beachtende Tatbestandswirkung insoweit entfaltet, als in ihm die in den Anmeldeunterlagen der Antragsteller für das Betreiben von (Verkaufs-)Ständen ausgewiesenen Flächen von der versammlungsbehördlichen Bestätigung ausgenommen worden sind, so daß für die Nutzung dieser Flächen jeweils eine Sondernutzungserlaubnis nach § 11 Abs. 1 BerlStrG und eine straßenverkehrsrechtliche Erlaubnis nach § 29 Abs. 2 StVO erforderlich wären. Jedenfalls würde das Recht der Antragsteller zur Veranstaltung einer Versammlung oder eines Aufzuges die Befugnis zum Aufstellen von Imbiß- und Verkaufsständen im öffentlichen Straßenraum zum Verkauf von Speisen und Getränken und anderen Gegenständen an die Teilnehmer der "Love Parade", wie dies im Rahmen des "Love Parade Forums" vorgesehen ist, nicht umfassen; dafür bedarf es vielmehr einer straßen- und einer straßenverkehrsrechtlichen Erlaubnis. Das Aufstellen von Imbiß- und Verkaufsständen gehört in der Regel nicht zu den durch Art. 8 Abs. 1 GG geschützten und deshalb auch nach dem Versammlungsgesetz ohne Erlaubnis zulässigen Tätigkeiten (vgl. VGH Mannheim, NVwZ-RR 1994, 370; Deutelmoser, NVwZ 1999, 240 [244]). Denn bei diesen Betätigungen besteht nicht der notwendige innere Zusammenhang zu dem durch Art. 8 Abs. 1 GG garantierten Grundrecht, das allen Deutschen das Recht gibt, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Art. 8 Abs. 1 GG soll das ungehinderte Zusammenkommen mit anderen Personen zum Zweck der gemeinsamen Meinungsbildung und Meinungsäußerung - kollektive Aussage - schützen (vgl. BVerfGE 69, 315 [342ff.]; BVerwGE 56, 63 [69]; BVerwGE 82, 34 [39]). Die Imbiß- und sonstigen Verkaufsstände, die die Antragsteller anläßlich der von ihr veranstalteten "Love Parade" entlang der Versammlungs- bzw. Aufzugsstrecke betreiben will, dienen nicht unmittelbar diesem Zweck. Vielmehr wird durch sie den Teilnehmern im vorliegenden Fall lediglich ein Versorgungsangebot gemacht. Sie sind daher wie jede andere Nutzung öffentlichen Straßenlandes nur nach Einholung der dafür erforderlichen Erlaubnisse zulässig. Ob und in welchem Umfang für Stände zur Verbreitung von Informationsmaterial zur "Love Parade" an Veranstaltungsteilnehmer ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Veranstaltungszweck zu bejahen ist, brauchte der Senat nicht zu entscheiden, weil in dem Bescheid des Polizeipräsidenten in Berlin vom 20. 5. 1999 solche Stände ausdrücklich als erlaubnisfrei bezeichnet worden sind und auch das Bezirksamt T. die verfassungsrechtliche Befugnis der Antragsteller zum erlaubnisfreien Betreiben dieser Stände nicht in Abrede stellt (vgl. dazu auch: VG München, NJW 1983, 1219).

3.

Die Antragsteller kann sich auch nicht mit Erfolg auf das Urteil des BVerwG vom 21. 5. 1989 (BVerwGE 82, 34ff.) berufen. In dieser Entscheidung wird ebenfalls darauf abgestellt, ob eine innere Verbindung der Teilnehmer einer Versammlung durch einen gemeinsamen Zweck gegeben ist und für den konkreten Fall bejaht. Soweit weiter ausgeführt wird, einer Kennzeichnung als Versammlung stehe nicht entgegen, daß die Veranstaltung in Form eines Festes durchgeführt werden sollte, und deshalb z.B. auch Imbiß- und Verzehrstände aufgestellt werden sollten, folgt daraus lediglich, daß dadurch die Gesamtveranstaltung nicht ihre Eigenschaft als öffentliche Versammlung verliert. Umgekehrt bedeutet dies aber nicht, daß Imbiß- und Verkaufsstände, die eine "innere Verbindung" zum Zweck der Versammlung nicht aufweisen, ohne straßen- und straßenverkehrsrechtliche Erlaubnisse zulässig wären.

4.

Da die Antragsteller eine Sondernutzungserlaubnis nach § 11 BerlStrG - soweit aus den Verwaltungsvorgängen ersichtlich - nicht beantragt hat, kann sie durch die Vergabe an die Beigel. auch nicht in Rechten, wie sie bei der Vergabe von Sondernutzungserlaubnissen zu beachten sind, verletzt sein.