Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil vom 28.10.1994
- 23 N 90.2272
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(weitere Fundstellen: NVwZ-RR 1995, 345 f.)

Zum Sachverhalt:

1.

Gegenstand des Normenkontrollverfahrens ist die Unterstellung der jeweiligen Wohngrundstücke der drei Ast. und anderer Grundstücke im nordwestlichen Ortsbereich von A. unter den Anschluß- und Benutzungszwang für die Entwässerungsanlage für Niederschlagswasser der Ag. durch deren Entwässerungssatzung vom 5. 6. 1990 in der Fassung der ersten Änderungssatzung vom 4. 6. 1991. Während die Schmutzwasserleitung im Bereich der Ag. - einschließlich der satzungsrechtlichen Befugnisse - einem Zweckverband übertragen ist, ist für die Niederschlagswasserableitung die Ag. - ausschließlich - zuständig geblieben. Sie betreibt hierfür eine eigene, auch technisch selbständige Entwässerungsanlage. Für den Teil ihres Gemeindegebiets, für den sie aufgrund der Untergrundverhältnisse von einer unzureichenden Versickerungsfähigkeit des von bebauten oder befestigten Flächen abfließenden Niederschlagswassers ausgeht, hat sie insoweit den Anschluß- und Benutzungszwang eingeführt.

2.

Die Normenkontrollanträge hatten keinen Erfolg.

Aus den Gründen:

3.

Die Normenkontrollanträge der drei Ast. sind zulässig, haben aber in der Sache keinen Erfolg. Die Regelungen über den Anschluß- und Benutzungszwang in der Entwässerungssatzung (EWS) der Ag. vom 5. 6. 1990 in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 4. 6. 1991 sind mit höherrangigem Recht vereinbar.

4.

Der Zulässigkeit der Anträge stehen keine Bedenken entgegen. Bei der angegriffenen gemeindlichen Satzung handelt es sich um eine der Überprüfung im Normenkontrollverfahren zugängliche untergesetzliche Rechtsvorschrift (vgl. § 47 I Nr. 2 VwGO i.V. mit Art. 5 S. 1 BayAGVwGO). Die Ast. erfüllen jeweils auch die Sachentscheidungsvoraussetzung, daß sie durch die Norm oder deren Anwendung einen "Nachteil" erlitten oder in absehbarer Zeit zu erwarten haben (§ 47 II 1 VwGO). Sie haben im Vollzug der Entwässerungssatzung jeweils die Herstellung von Grundstücksanschlüssen zum Regenwasserkanalsystem der Ag. zu dulden, selbst die zugehörigen Grundstücksentwässerungsanlagen zu schaffen und ihre bisherigen Versitzgruben für die Niederschlagsentwässerung stillzulegen.

5.

Indes sind die Normenkontrollanträge unbegründet. Zweifel am ordnungsgemäßen Zustandekommen der Entwässerungssatzung vom 5. 6. 1990 und der 1. Änderungssatzung vom 4. 6. 1991 bestehen nicht. Auch sachlich sind die Anordnung des Anschluß- und Benutzungszwangs hinsichtlich des Niederschlagswassers aus befestigten Flächen für den vorgesehenen Geltungsbereich und die damit untrennbar zusammenhängenden weiteren satzungsmäßigen Regelungen nicht zu beanstanden.

6.

Eine ausreichende gesetzliche Ermächtigung für den Erlaß der angegriffenen Satzung ergibt sich aus Art. 24 I Nr. 2 BayGO. Danach können die Gemeinden durch Satzung aus Gründen des öffentlichen Wohls u.a. den Anschluß an bestimmte gemeindliche Einrichtungen vorschreiben und vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Vorschriften die Benutzung dieser Einrichtungen zur Pflicht machen. Gegenstand dieser Ermächtigung ist auch der Anschluß- und Benutzungszwang an die gemeindliche Entwässerungseinrichtung; er bietet der Gemeinde als der nach Wasserrecht (§ 18A II WHG i.V. mit Art. 41b BayWassG) grundsätzlich zur Abwasserbeseitigung verpflichteten Körperschaft ein Mittel zur Erfüllung dieser Verpflichtung. Der Anschluß- und Benutzungszwang wird auch nicht durch die Überlassungspflicht desjenigen, bei dem das Abwasser anfällt, gegenüber dem Beseitigungspflichtigen gem. Art. 41b VII BayWassG verdrängt, sondern dadurch letztlich nur für den - hier nicht vorliegenden - Fall einer zivilrechtlichen Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen Abwasserbesitzer und Gemeinde ergänzt (vgl. Sieder/Zeitler, BayWassG, Art. 41b Rdnr. 46). Die der geordneten Abwasserbeseitigung dienende Ermächtigung in Art. 24 I Nr. 2 BayGO bezieht sich nicht nur auf Schmutzwasser, also durch Gebrauch in seinen Eigenschaften verändertes Wasser, sondern auch auf Niederschlagswasser, das aus dem Bereich von bebauten oder befestigten Flächen abfließt. Diese Reichweite der Ermächtigung kann zwar nicht bereits aus der Definition des Begriffs "Abwasser" in Art. 41a I BayWassG gefolgert werden, die unmittelbar nur für den Anwendungsbereich des Bayerischen Wassergesetzes gilt (Sieder/Zeitler, BayWassG, Art. 41a Rdnr. 6). Gleichwohl umfaßt auch der Begriff "Abwasserbeseitigung" in Art. 24 I Nr. 2 BayGO neben den üblichen Arten von Schmutzwasser das Niederschlagswasser von bebauten oder befestigten Flächen (so inzidenter z.B. VGH München, VerwRspr 27, 841; VGH München v. 4. 7. 1986 - 23 B 85 A.1409; Hölzl/Hien, BayGO, Art. 24 Anm. I 5b); angesichts des vom Normgeber vorgefundenen Erscheinungsbildes kommunaler Abwasserbeseitigungsanlagen hätte es eines ausdrücklichen Ausschlusses des Niederschlagswassers als Gegenstand des Anschluß- und Benutzungszwangs bedurft, wenn dieses von vornherein hätte außer Betracht bleiben sollen. Die gesetzliche Ermächtigung zur Einführung dieses Zwanges macht schließlich auch keinen Unterschied danach, ob die Abführung von Schmutzwasser und von Niederschlagswasser technisch im Mischsystem oder im Trennsystem erfolgen soll.

7.

Dessen ungeachtet setzt indes auch die Einbeziehung von Niederschlagswasser aus bebauten oder befestigten Flächen in den Anschluß- und Benutzungszwang die von Art. 24 I Nr. 2 BayGO generell geforderten "Gründe des öffentlichen Wohls" voraus. Die Einleitung des Niederschlagswassers in Sammelkanalisationen verdient somit nicht allgemein den Vorrang vor anderen Arten seiner Abführung oder der Versickerung; sie bedarf hier schon im Hinblick auf die Inpflichtnahme von Grundstückseigentümern auch gegen ihren Willen besonderer rechtfertigender Belange im jeweiligen Fall. Als solche kommen, wie die gegenständliche Erstreckung der Ermächtigungsnorm auf "ähnliche der Gesundheit dienende Einrichtungen" zeigt, in erster Linie Gesichtspunkte der Volksgesundheit in Betracht. Abstrakte Gefahren für dieses Schutzgut reichen insoweit - zumal angesichts seiner Hochwertigkeit - aus. Sie müssen dabei zwar für den Geltungsbereich des Anschluß- und Benutzungszwangs im allgemeinen, nicht aber für jedes einzelne davon erfaßte Grundstück gegeben sein. Fiskalische Gründe für sich können die Einführung des Zwanges nicht legitimieren, doch kann im Interesse der Wirtschaftlichkeit der gemeindlichen Einrichtung und allseits tragbarer Belastungen auch die zwangsweise Einbeziehung nicht anschlußbereiter Grundstückseigentümer zulässig sein. Für Sonderfälle, bei denen die Opfer- oder Zumutbarkeitsgrenze überschritten wird, muß die gemeindliche Satzung die Möglichkeit der Befreiung vom Anschluß- und Benutzungszwang vorsehen (vgl. zum ganzen BayVerfGHE 16, 128 (133ff.); VGH n.F. 7, 12 (21); 14, 24 (25f.); VGH München, BayVBl 1966, 244; Hölzl/Hien, Art. 24 Anm. I 3).

8.

Diesen Anforderungen entspricht die angegriffene Entwässerungssatzung der Ag. Für die Einführung des Anschluß- und Benutzungszwanges an die Entwässerungseinrichtung für Niederschlagswasser nach Maßgabe dieser Satzung bestehen hinreichende Gründe des öffentlichen Wohls. Die Anordnung des Zwangs ist insoweit gerechtfertigt, um eine Verunreinigung des tieferliegenden (zweiten) Grundwasserstockwerks zu verhindern; unbeschadet der Frage, inwieweit untere Grundwasserstockwerke nicht schon generell als Trinkwasserreservoir schützenswert sind, dient die hier in Rede stehende Schicht unbestrittenermaßen jedenfalls auch der Trinkwasserversorgung der sich in Fließrichtung des Grundwassers anschließenden Gemeinden Markt S. und O. und ist jedenfalls deshalb reinzuhalten. Die gegen eine Gefährdung dieses Grundwasserstockwerks gerichteten Einwände der Ast. sind letztlich nicht geeignet, die Bewertung der Gefahrensituation durch die Ag. in Frage zu stellen.

9.

Im Ausgangspunkt ist die Einführung des Anschluß- und Benutzungszwangs für Niederschlagswasser im Hinblick auf die Lage des Einzugsgebiets an dem Moränenhügel im Nordwesten von A. zu billigen, weil bei den dortigen Untergrundverhältnissen insoweit andernfalls nicht zu vernachlässigende Risiken für den Trinkwasserschutz bestehen. Daß in diesem Teil des bebauten Ortsbereichs ein Moränenrand verläuft, kann der VGH anhand der von der Ag. vorgelegten geologischen Karte und anhand der im Lageplan Nr. 394.1 grün eingetragenen morphologischen Grenze (samt zugehöriger Legende) ohne weiteres nachvollziehen. Ebenfalls belegt ist durch die geologische Karte sowie durch die bei den Akten befindlichen Äußerungen des von der Ag. beauftragten Ingenieurbüros und des Wasserwirtschaftsamts M., daß im Moränengebiet an der Geländeoberfläche bevorzugt tonhaltige (weniger wasserdurchlässige) Bodenschichten auftreten, während in der östlich sich anschließenden Talmulde die bodennahe Geländeschicht aus Schotter und Feinbestandteilen (mit besserer Wasserdurchlässigkeit) besteht. Diese Grundtatsachen bestreiten auch die Ast. nicht; sie sehen allerdings die Untergrundsituation in dem hier betroffenen Bereich am oder unweit des Moränenrandes als uneinheitlich an und ziehen daraus dann andere Folgerungen hinsichtlich der Versickerungsfähigkeit von Niederschlagswasser als die Ag. Daß die Bodengrundverhältnisse dort kleinräumig unterschiedlich sein können, räumt auch die Ag. ein; dies wird zusätzlich durch die Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts und durch das Auftreten von "umgelagerten Bodenmaterial" gemäß geologischer Karte in einem Streifen auf der Ostseite des Terrassenrandes erhärtet. Indes gibt es doch hinreichende Anhaltspunkte dafür, daß die bodennahen Schichten innerhalb des Geltungsbereichs der Entwässerungssatzung, aufs Ganze gesehen, gegenüber dem restlichen Siedlungsgebiet von A. eine deutlich verringerte Versickerungsfähigkeit aufweisen. Die Ag. hat insoweit substantiiert dargelegt, daß sie entsprechende Erkenntnisse während der Bebauung des streitbefangenen Bereichs innerhalb der letzten 20 Jahre aus einer nicht unbeträchtlichen Zahl von Bauaufschlüssen gewinnen konnte, daß des weiteren auf manchen Grundstücken Schwierigkeiten bei der Beseitigung von Niederschlagswasser, etwa in Gestalt von Vernässungen, aufgetreten seien und daß in anderen Fällen von Grundstückseigentümern Versitzgruben von beträchtlicher Tiefe (bis zu 16 Meter und mehr) hätten errichtet werden müssen, um das Niederschlagswasser abzuführen. Einen wertenden indirekten Vergleich über die Bodenbeschaffenheit im übrigen Ortsbereich eröffneten zumindest in beschränktem Umfang auch noch die 17 dort erfolgten Probebohrungen, von denen ungefähr fünf unmittelbar der Abgrenzung des Zwangsanschlußgebiets im Übergangsbereich dienten.

10.

Die insgesamt deutlich ungünstigeren Versickerungsverhältnisse im Zwangsanschlußgebiet sind nach den substantiierten Darlegungen der Ag. auch für die Reinhaltung des tieferliegenden (zweiten) Grundwasserstockwerks von Belang. Die weitere Einleitung von Teilen des gesammelten Oberflächenwassers in die S. war nach dem Auslaufen der beschränkten Erlaubnis des Landratsamts E. von vornherein nicht mehr möglich. Das oberste, in der Nähe der Bodenoberkante befindliche Grundwasserstockwerk ist im fraglichen Gebiet nicht überall ausgebildet und kann dort, wo es vorkommt, dem Geländeverlauf angepaßt sein; das Zusammenwirken dieser beiden Faktoren führt dann dazu, daß Regenwasser (auch von befestigten Flächen) in dieser obersten grundwasserführenden Schicht nicht sicher endgültig abgeleitet werden kann. Daß die Verhältnisse in einer nicht geringen Zahl von Fällen so gelagert sind, zeigt sich wiederum an den von der Ag. beobachteten Vernässung von Grundstücken nach Regenfällen und an der für manche Grundstückseigentümer sich ergebenden Notwendigkeit, mittels tiefreichender Sickerschächte - bis zu 16 Metern, bei den Ast. ca. 7,5 Meter bis 8 Meter - lehmige Deckschichten zu durchstoßen. Auf die dermaßen überwundenen Deckschichten folgt dann teilweise nicht die "erste", sondern bereits die "zweite", besonders schützenswerte grundwasserführende Schicht. Für diese Schicht besteht nach den bei den Akten befindlichen, detaillierten wasserwirtschaftlichen Materialien auf diese Weise die Gefahr der Verunreinigung, weil die mechanische und chemische Filterung des Niederschlagswassers, die für solches Wasser von bebauten oder befestigten Flächen durchaus geboten ist, beim (etwaigen) Weg durch darüberliegende Schichten insoweit unterbleibt und weil eine Schachtversickerung wegen des punktförmigen Eintritts einer zudem vergrößerten Menge gesammelten Wassers in den Untergrund gegenüber einer (etwaigen) Flächenversickerung noch ein zusätzlich verringertes Schutzpotential aufweist. Derartige Auswirkungen auf die zweite Grundwasserschicht sind bei der geschilderten Sachlage nicht völlig fernliegend und berechtigten die Ag. zu den streitgegenständlichen Maßnahmen der Gefahrenabwehr. Nicht erforderlich ist und deshalb nicht weiter zu untersuchen ist die Frage, ob ein gesundheitsgefährdender Zustand durch Trinkwasserverunreinigung unmittelbar droht (vgl. Hölzl/Hien, Art. 24 Anm. I 3).

11.

Die Einwände der Ast. gegen die Annahme, daß die bodennahen Schichten im Zwangsanschlußgebiet insgesamt eine deutlich verringerte Versickerungsfähigkeit aufweisen, geben demgegenüber keine Veranlassung zu weiterer gerichtlicher Sachaufklärung, weil für sie keine näheren Anhaltspunkte bestehen (vgl.BVerwG, GK 1994, Rdnr. 7). Von Antragstellerseite wurde zwar vorgetragen, die Mehrzahl der im Geltungsbereich der Entwässerungssatzung gelegenen Grundstücke habe mit dem Regenwasser keine Probleme, der Untergrund sei insoweit versickerungsfähig. Dabei wurde jedoch von einem "Funktionieren" der Versickerung ggf. auch unter Hinweis von Sickerschächten ausgegangen; die mit der Anlage solcher Schächte verbundene, zumindest teilweise Durchstoßung der Deckschicht zum schützenswerten Grundwasserstockwerk ist aber, wie dargestellt, mit beachtlichen Gefahren verbunden.

12.

Der weiteren Rüge der Ast., daß die Ag. die Untergrundverhältnisse im Geltungsbereich der Entwässerungssatzung nicht eingehend aufgeklärt habe, ist ebenfalls keine Folge zu geben. Die Ag. hat sich, wie dargelegt, für die Beurteilung der Versickerungsmöglichkeiten im allgemeinen auf nähere, prinzipiell geeignete Erkenntnisse gestützt; deren generelle Entkräftung durch weitere Untersuchungen vor Ort, etwa in Gestalt von Probebohrungen im Zwangsanschlußgebiet, stellt allenfalls eine durch keine greifbaren Anhaltspunkte erhärtete Vermutung der Ast. dar (vgl. wiederum BVerwG, GK 1994, Rdnr. 7). Daß die Bodengrundverhältnisse nicht ganz einheitlich sind, sogar von Grundstück zu Grundstück von einander abweichen können, hat die Antragsgegnerseite durchaus gesehen. Etwaige zusätzliche Ermittlungen auf einzelnen Grundstücken im streitbefangenen Gebiet könnten daher im Ansatz auch nur über die besondere Situation auf diesen Grundstücken Aufschlüsse geben, die aber für deren Einbeziehung in die Anschluß- und Benutzungsverpflichtungen rechtlich nicht für sich relevant ist. Greifbare Anhaltspunkte zugunsten der Ast. lieferte insbesondere auch nicht der Umstand, daß die Ag. den bebauten Bereich zwischen E.-Straße und S., obwohl er morphologisch im Randbereich der Moräne liegt, nicht ebenfalls dem Anschluß- und Benutzungszwang unterworfen hat, und zwar mit der Erläuterung, daß dort die Bodenversickerung keine nennenswerten Probleme bereitet habe; der betroffene Bereich ist nämlich im Vergleich zum Zwangsanschlußgebiet nur von untergeordneter Größe und etwas weniger dicht bebaut, weshalb die Behauptung der Ast., daß im Moränenbereich die Versickerung doch nicht typischerweise erschwert sei, daraus nicht verallgemeinert werden kann. Ebenso unbehelflich muß der Hinweis der Ast. auf die Wasserdurchlässigkeit des Untergrunds an einem untersuchten möglichen Deponiestandort bleiben, denn dieser Standort befindet sich ca. 3 km außerhalb des Geltungsbereichs der Entwässerungssatzung in der Talmulde. Das anfängliche Votum des Straßenbauamts zugunsten einer weiteren Benutzung vorhandener Sickergruben schließlich betraf Gruben außerhalb des Moränenbereichs und kam überdies nach Verhandlungen der Ag. mit dem Straßenbauamt nicht zum Tragen.

13.

Im übrigen kommt es auf die subjektiven Motive der Ag. beim Satzungserlaß grundsätzlich nicht an; die Normsetzung ist gerechtfertigt, wenn das objektive Ergebnis der Überlegungen des Normgebers der Überprüfung am Maßstab der Ermächtigungsnorm standhält (vgl. BVerfGE 51, 1 (26f.) = NJW 1979, 2295; BVerfGE 55, 72 ( 90) = NJW 1981, 271). Dies ist hier, wie ausgeführt, unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr für die Volksgesundheit der Fall. Abgesehen davon betrifft der Argwohn der Ast., durch die Einführung des Anschluß- und Benutzungszwangs für Niederschlagswasser sollten von den betroffenen Grundstückseigentümern unberechtigt die Kosten für die Sanierung des Straßenentwässerungssytems mitgetragen werden, erst die - etwaige - Umlegung dieser Kosten; im Rahmen diesbezüglicher Abgabestreitigkeiten könnte die Aufwandsermittlung durch die Ag. noch angegriffen werden. Daß sie verschiedene Arten von Kanalarbeiten gleichzeitig durchzuführen versuchte, um mehrfache Aufgrabungen möglichst zu vermeiden, liegt ohnehin innerhalb ihres Gestaltungsspielraumes.

14.

Die Rechtswidrigkeit der Einführung des Anschluß- und Benutzungszwangs ergibt sich schließlich auch nicht aus der Detailabgrenzung des Geltungsbereichs der Entwässerungssatzung. Bereits vor Erstellung des Bauentwurfs des für die Ag. tätigen Ingenieurbüros im Januar 1988 war geklärt, daß abweichend vom ursprünglichen Konzept auf eine Einbeziehung des südlichen und östlichen Siedlungsbereichs verzichtet werden könne, weil die Oberflächenwässer dort im allgemeinen problemlos versickert werden könnten. Das Wasserwirtschaftsamt begründete seine Zustimmung zu diesem geänderten Konzept mit den Erkenntnissen aus den vorhandenen 17 Aufschlußbohrungen; das Amt sah dabei auch unterschiedliche Verhältnisse zwischen dem Ortsbereich südlich der Bundesstraße und westlich der Staatsstraße, der sich in der Übergangszone zur Moräne befinde und eine dementsprechend unregelmäßige Schichtenfolge aufweise, und dem als bereits auf der Moräne liegend bezeichneten Bereich "nördlich der B 12 und etwa westlich der St 2081" mit nicht ausreichender Versickerung. Insoweit wurde mit der räumlichen Begrenzung des Zwangsanschlußgebiets nur dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprochen. Andererseits war seitens der Ag. bis kurz vor dem Erlaß der Entwässerungssatzung geplant, das dem Zwangsanschluß unterliegende Gebiet im Süden bis zur Bundesstraße und im Osten bis zur Staatsstraße zu erstrecken; erst in einer abschließenden Besprechung zwischen Gemeinde, Ingenieurbüro und Wasserwirtschaftsamt am 23. 5. 1990 wurde entschieden, den Geltungsbereich der Satzung insoweit entlang der Westseite der H.-Straße (Staatsstraße) und entlang der Nordseite der M.-Straße (Bundesstraße) zwischen dem D.-Weg und der Kreuzung mit der H.-Straße zurückzunehmen. Die dafür in der Besprechungsniederschrift von diesem Tag genannten Erkenntnisse über die dort günstigere Bodenbeschaffenheit sind nachvollziehbar, zumal sie durch die Lage dieses Bereichs unmittelbar außerhalb der im Plan Nr. 394.1 eingetragenen Begrenzungslinie des Moränenhügels belegt werden. Daß weiter nordöstlich, im innerhalb dieser morphologischen Begrenzungslinie gelegenen bebauten Bereich zwischen E.-Straße und S. diesem Kriterium kein entscheidendes Gewicht im umgekehrten Sinne beigemessen wurde, weil die Bodenversickerung dort keine nennenswerten Probleme bereitet habe, fügt sich angesichts der bereits erwähnten untergeordneten Größe dieses Gebiets noch mit den Angaben über kleinräumig unterschiedliche Untergrundverhältnisse im Moränenbereich zusammen. Dafür, daß sich die Ag. speziell noch bei der Abgrenzung des Geltungsbereichs der Entwässerungssatzung maßgeblich von sachfremden Erwägungen hätte leiten lassen und den Gleichheitssatz (Art. 3 I GG) nicht im wohlverstandenen Sinn der in Art. 24 I Nr. 2 BayGO enthaltenen Ermächtigung angewandt hätte (vgl. BVerfGE 69, 150 (160)), bestehen keine konkreten Anhaltspunkte; auch insoweit drängen sich auf die entsprechenden Behauptungen der Ast. hin keine weiteren Ermittlungen auf (vgl. wiederum BVerwG, GK 1994, Rdnr. 7).

15.

Nach allem ist, da auch kein anderer inhaltlicher Mangel der streitgegenständlichen Satzung erkennbar ist, der sich auf die zur Überprüfung gestellten Regelungen notwendig erstrecken würde (vgl. VGH München, BayVBl 1985, 437; v. 18. 9. 1987 - 23 N 85 A 2475), die Einführung des Anschluß- und Benutzungszwangs für Niederschlagswasser von befestigten oder bebauten Flächen durch die eingangs angeführten satzungsrechtlichen Regelungen rechtens.

16.

Der Zwang darf grundsätzlich auch solche Grundstücke im Geltungsbereich der Satzung erfassen, bei denen bisher aufgrund kleinräumig günstigerer Untergrundverhältnisse die Bodenversickerung des Niederschlagswassers gelungen ist oder bei denen mit Hilfe von Sickerschächten das Niederschlagswasser abgeführt werden konnte. Die für solche Sickerschächte von Grundstückseigentümern schon getätigten Aufwendungen rechtfertigen unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr prinzipiell keine andere Beurteilung; abgesehen davon dürften in wirtschaftlicher Hinsicht diese Aufwendungen häufig die Opfer- oder Zumutbarkeitsgrenze nicht überschreiten oder schon "amortisiert" sein. Für besonders gelagerte Härtefälle jeglicher Art steht indes die Möglichkeit der Befreiung vom Anschluß- und Benutzungszwang (§ 6 EWS) offen, bei der freilich auch die Erfordernisse des Gemeinwohls in die Abwägung einzustellen sind.