Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss vom 09. 12. 2003
- 22 ZB 03.3011
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 (weitere Fundstellen: NVwZ-RR 2004, 829 ff.)

 

Leitsatz:

 

Die Zumutbarkeit der von einem gemeindlich betriebenen Läutwerk ausgehenden Geräuschbelastung bestimmt sich nach den allgemeinen immissionsschutzrechtlichen Maßstäben; auf eine religiöse Bedeutung des Zeitschlagens kann sich die Kommune nicht berufen.

 

Aus den Gründen:

 

I.

1.

Die klagende Gemeinde wendet sich gegen eine immissionsschutzrechtliche Anordnung, mit der das nächtliche Zeitschlagen einer von ihr betriebenen Kirchturmuhr untersagt wird.

2.

Die vom Rathaus aus gesteuerte Glockenanlage ist auf Viertelstundenschläge eingestellt. Diese führen nach Messungen des behördlichen Umweltingenieurs bei einem der benachbarten Wohnhäuser während der Nachtzeit unter Berücksichtigung eines Abschlags gemäß Nr. 6.9 TA Lärm zu kurzzeitigen Spitzenpegeln von bis zu 81,6 dB(A). Das zuständige Gesundheitsamt teilte dazu mit, während der Schlafphase bestehe schon bei Spitzenpegeln von ca. 65 dB(A) ein deutliches Risiko für negative gesundheitliche Effekte.

3.

Nachdem im Rahmen des Anhörungsverfahrens keine Äußerung erfolgt war, verpflichtete das Landratsamt die Klägerin mit Bescheid vom 28. März 2003, das nächtliche Zeitschlagen bis spätestens zwei Wochen nach Bestandskraft der Anordnung einzustellen, wenn es bis dahin nicht gelinge, durch Lärmminderungsmaßnahmen den Spitzenpegel an den nächstgelegenen Wohnhäusern auf 65 dB(A) abzusenken.

4.

Die dagegen gerichtete Anfechtungsklage hat das Verwaltungsgericht Ansbach mit Urteil vom 17. September 2003 abgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung.

5.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

 

II.

6.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

7.

1. An der Richtigkeit des Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Der auf § 24 Satz 1 i.V.m. § 25 Abs. 2 BImSchG gestützte Bescheid des Landratsamts ist rechtmäßig, so dass die Klage keinen Erfolg haben kann. Das von der Klägerin betriebene Läutwerk der Kirchturmuhr unterliegt als eine Anlage nach § 3 Abs. 5 Nr. 1 BImSchG (BVerwG vom 30. 4. 1992, BayVBl 1992, 633) uneingeschränkt den materiell-rechtlichen Anforderungen des § 22 Abs. 1 BImSchG, deren Einhaltung die staatliche Immissionsschutzbehörde mittels verbindlicher Anordnung auch von der Klägerin in ihrer Funktion als Hoheitsträgerin und Betreiberin einer kommunalen Daseinsvorsorgeeinrichtung verlangen konnte (vgl. BVerwGE 117, 1/3 ff.). Vorliegend war das zuständige Landratsamt (Art. 1 Abs. 1 lit. c BayImSchG) nicht nur nach der Ermessensvorschrift des § 24 Abs. 1 BImSchG befugt, sondern nach der Soll-Vorschrift des § 25 Abs. 2 BImSchG grundsätzlich verpflichtet, zur Verhinderung der technisch vermeidbaren schädlichen Umwelteinwirkungen in Gestalt von Lärmimmissionen (§ 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 und 2 BImSchG) den Weiterbetrieb des Läutwerks in der bisherigen Form zu unterbinden, nachdem die nächtlichen Glockenschläge für die unmittelbare Nachbarschaft über eine erhebliche Belästigung hinaus bereits zu einer Gefährdung der Gesundheit geführt hatten (§ 3 Abs. 1 und 2 BImSchG; Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG).

8.

Die dem zugrunde gelegten tatsächlichen und rechtlichen Annahmen sind nicht zu beanstanden. Zu Recht ist die Immissionsschutzbehörde bei der Ermittlung und Bewertung der durch das Läuten erzeugten Geräuschbelastung von den Regelungen der auf § 48 BImSchG beruhenden TA Lärm vom 26. August 1998 (GMBl 1998, 503) ausgegangen. Diese erfasst nach ihrem eindeutigen Wortlaut grundsätzlich auch den Betrieb von bereits bestehenden, nicht genehmigungsbedürftigen öffentlichen oder gemeinnützigen Anlagen; lediglich "Anlagen für soziale Zwecke" im Sinne von Unterbringungs- und Betreuungseinrichtungen fallen nach Nr. 1 Abs. 2 lit. h nicht in ihren Anwendungsbereich (vgl. Hansmann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. II, TA Lärm, Nr. 1 RdNr. 21 ff.).

9.

Die Anwendung der einzelnen Bestimmungen der TA Lärm unterliegt ebenfalls keinen Bedenken. Soweit die Klägerin zur Begründung ihres Zulassungsbegehrens vorträgt, statt des gemessenen Spitzenpegels habe auf einen für die gesamte Nacht errechneten Mittelungspegel abgestellt werden müssen, verkennt sie die Bewertungssystematik der TA Lärm. Die dort in Nr. 6.1 für verschiedene Gebietstypen festgelegten Immissionsrichtwerte einerseits für den aus dem Mittelungspegel gebildeten Beurteilungspegel (Nr. 2.10) und andererseits für kurzzeitige Geräuschspitzen (Nr. 2.8) stehen einem Anlagenbetreiber nicht alternativ zur Auswahl, sondern müssen grundsätzlich beide eingehalten sein. Wird auch nur einer der Werte überschritten, so liegen im Regelfall schädliche Umwelteinwirkungen vor (Hansmann, a.a.O., Nr. 6 RdNrn. 3 und 7; vgl. auch LG Aschaffenburg vom 26. 8. 1999, NVwZ 2000, 965/966). Allerdings kann den beiden Kriterien je nach Art und Dauer des Lärmgeschehens ein unterschiedliches Gewicht innerhalb der Gesamtbewertung zukommen. Für die Zumutbarkeit eines regelmäßig stattfindenden Glockenläutens ist nach allgemeiner Auffassung in erster Linie auf die Lautstärke und Lästigkeit des stärksten Einzelgeräuschs und damit auf den Wirkpegel abzustellen, während der Mittelungspegel hier nur eine sehr geringe Aussagekraft besitzt (BVerwG vom 30. 4. 1992, BayVBl 1992, 633; vom 2. 9. 1996, NVwZ 1997, 390/391; BayVGH vom 1. 3. 2002, BayVBl 2003, 241/242). Im vorliegenden Fall konnte demzufolge auf die Bildung eines zeitlichen Mittelwerts des Schalldruckpegels (Nr. 2.7 TA Lärm) und auf die Berechnung des Beurteilungspegels für die am stärksten belastete Nachtstunde (Nr. 6.4 Abs. 3 Satz 2 TA Lärm) von vornherein verzichtet werden. Die zu jeder Viertelstunde in bestimmter Abfolge ertönenden Glockenschläge erzeugen - ungeachtet des sich teilweise überlagernden Nachhalls - als akustisch hervorgehobene Einzelereignisse jeweils kurzzeitige Geräuschspitzen im Sinne von Nr. 2.8 TA Lärm; die durch sie hervorgerufenen Maximalwerte des Schalldruckpegels waren daher für die Beurteilung der Zumutbarkeit maßgebend (ebenso bereits BVerwG vom 30. 4. 1992, BayVBl 1992, 633, zur TA Lärm 1968). Für das von den strittigen Geräuscheinwirkungen betroffene faktische Mischgebiet ist die Behörde dabei zutreffend von einem nächtlichen Maximalpegel von 65 dB(A) ausgegangen (Nr. 6.1 Satz 1 lit. c, Satz 2 TA Lärm), der nach den vorliegenden Messergebnissen schon durch das Schlagen der den Viertelstundentakt angebenden Vorschlagglocke um über 16 dB(A) überschritten wird.

10.

Der hieraus resultierenden Unzumutbarkeit der Immissionen kann nicht der Einwand entgegengehalten werden, dass die rechtliche Bewertung von Geräuschen über den (gemessenen oder errechneten) Schalldruckpegel hinaus auch von qualitativen Geräuschfaktoren abhänge. Solche Faktoren können sich jedenfalls unter den vorliegenden Umständen nicht entscheidend zugunsten der Klägerin auswirken. Für die schlafstörende Wirkung nächtlicher Einzelgeräusche ist weniger ihre Art oder Dauer maßgebend als vielmehr ihre Lautstärke (BVerwG, a.a.O.). In Anbetracht der hier festgestellten beträchtlichen Überschreitung des festgelegten Maximalpegels musste daher nicht ergänzend auf die besondere Geräuschcharakteristik des Glockenschlags eingegangen werden, auch wenn dieser - in Fällen geringerer Lautstärke - aufgrund seiner Klangreinheit häufig als ein vergleichsweise angenehmes Hintergrundgeräusch empfunden wird. Ebenso wenig bedurfte es wegen des möglicherweise akzeptanzerhöhenden Standorts des Läutwerks im Turm der evangelischen Hauptkirche oder wegen einer Jahrhunderte langen Tradition des Zeitschlagens im Stadtgebiet der Klägerin einer Sonderfallprüfung entsprechend der Nr. 3.2.2 TA Lärm, die ein Abweichen von dem nur im Regelfall verbindlichen Richtwert für kurzzeitige Geräuschspitzen ermöglicht hätte. Wie das Bundesverwaltungsgericht für den insoweit vergleichbaren Fall eines von einer Kirchengemeinde unterhaltenen Glockenzeitschlags ausgeführt hat, reichen derartige Gesichtspunkte der Ortskernnähe und der Herkömmlichkeit unter heutigen Verhältnissen nicht mehr aus, um den Nachbarn stärkere Geräuschimmissionen zuzumuten, als sie nach der allgemeinen Schutzwürdigkeit des betroffenen Gebiets üblicherweise hinzunehmen hätten (BVerwG, a.a.O., 634). Nachdem das nächtliche Glockengeläut seine frühere Funktion als Zeitansage praktisch verloren hat, erschöpft sich die Bedeutung des Stundenschlags von Rathaus- und Kirchturmuhren mittlerweile im Wesentlichen in der Wahrung einer Tradition, die jedenfalls während der Nachtzeit regelmäßig keine höhere Duldungspflicht der Nachbarschaft im Verhältnis zu vergleichbarem gewerblichen Lärm zu begründen vermag (BVerwG, a.a.O.). Dass dem Zeitschlagen gerade im vorliegenden Falle eine über den üblichen Rahmen hinausgehende, die örtliche Gemeinschaft spezifisch prägende Bedeutung zukommen würde, ist weder ersichtlich noch von der Klägerin geltend gemacht worden.

11.

Aufgrund der Stellungnahme des Staatlichen Gesundheitsamts, die im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht bestätigt wurde, konnte die Immissionsschutzbehörde im Rahmen ihres Entschließungsermessens davon ausgehen, dass schon bei deutlich geringeren als den hier gemessenen nächtlichen Spitzenpegeln erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Ausschüttung von Stresshormonen und Störungen der sog. Schlafarchitektur drohten, ohne dass diese Effekte etwa durch Gewöhnung unterdrückt werden könnten. Zu Unrecht wendet sich die Klägerin gegen diese fachlichen Ausführungen mit dem Einwand, sie beruhten lediglich auf einem vom Beklagten beigebrachten "Parteigutachten". Abgesehen von dem allgemeinen Grundsatz, dass ein Sachverständiger nicht schon deshalb, weil er dem selben Rechtsträger wie die beteiligte Behörde angehört, als "institutionell befangen" zu gelten hat (vgl. BVerwG vom 6. 10. 1998, NVwZ 1999, 184/185 m.w.N.), handelte es sich hier nicht um ein aufgrund förmlicher Beweiserhebung erstattetes Gutachten, sondern um eine fachbehördliche Auskunft, deren Einholung der behördlichen bzw. gerichtlichen Sachaufklärungspflicht (Art. 24, 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG; § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) entsprach und zu deren Erteilung das Gesundheitsamt von Gesetzes wegen verpflichtet war (Art. 1 Abs. 2 Gesundheitsdienstgesetz [GDG] vom 12. 6. 1986, BayRS 2120-1-G).

12.

Angesichts der in den dienstlichen Äußerungen des Gesundheitsamts zum Ausdruck kommenden spezifisch ärztlichen Sachkunde (§ 2 Abs. 3 Satz 1 GDG) genügt das schlichte Bestreiten der Klägerin nicht, um die gesundheitsgefährdende Wirkung der nächtlichen Glockenschläge mit den festgestellten Maximalpegeln von über 81 dB(A) in Zweifel zu ziehen. Erst recht besteht - zumal nach expliziter Verneinung eines Gewöhnungseffekts durch die Fachbehörde - keinerlei Indiz für die Richtigkeit der von der Klägerin ersichtlich "ins Blaue hinein" aufgestellten Behauptung, durch einen Wegfall des gewohnten Zeitschlagens könnten bei vielen ihrer Bürger gleichsam Entzugserscheinungen und damit auf Dauer ebenfalls gesundheitsgefährdende Schlafstörungen eintreten.

13.

Nicht nachvollziehbar ist auch der Versuch der Klägerin, für den nächtlichen Stundenschlag eine religiöse Bedeutung zu reklamieren und damit eine erhöhte Duldungspflicht der betroffenen Nachbarn zu begründen. Diese auf die Rechtsprechung zum liturgischen Glockenläuten (vgl. BVerwGE 68, 62/67 ff.; BayVGH vom 1. 3. 2002, BayVBl 2003, 241/242) verweisende Argumentation scheitert bereits daran, dass sich die Klägerin im Gegensatz zu einer Kirchengemeinde nicht auf die grundgesetzlich garantierte Religionsfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG) berufen kann. Nach Art. 19 Abs. 3 GG finden die materiellen Grundrechte auf die kommunalen Gebietskörperschaften mangels grundrechtstypischer Gefährdungslage keine Anwendung (BVerfGE 61, 82/105). Auch das in der Bayerischen Verfassung enthaltene Grundrecht der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit (Art. 107 BV) steht der Klägerin als politischer Gemeinde nach allgemeiner Auffassung nicht zu (vgl. Knemeyer, BayVBl 1988, 129/133; allgemein Badura, BayVBl 1989, 1/3 ff.) Sie ist insoweit nicht Grundrechtsträgerin, sondern selbst grundrechtsgebunden und daher auch im Rahmen ihres schlicht-hoheitlichen Handelns zu religiöser Neutralität verpflichtet. Grundrechtliche Ansprüche stehen der Klägerin auch dann nicht zu, wenn sie sich die Förderung der Grundrechtsinteressen einer Mehrheit ihrer Bürger zur Aufgabe macht und als deren Sachwalter oder Treuhänder auftritt (vgl. BVerfGE 75, 192/196 m. w. N.; P. M. Huber in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz, Bd. 1, 4. Aufl., Art. 19 Abs. 3 RdNr. 291). Daher bedarf es hier keiner näheren Prüfung der Behauptung, dass der größere Teil der immissionsbetroffenen örtlichen Bevölkerung aus einem religiösen Empfinden heraus an dem nächtlichen Zeitschlagen festhalten wolle. Selbst wenn dies feststellbar wäre, bliebe die Klägerin mangels eigener Grundrechtsfähigkeit uneingeschränkt den allgemeinen immissionsschutzrechtlichen Betreiberpflichten unterworfen (vgl. auch BayVGH vom 7. 9. 1998, Az. 22 ZB 97.3546).

14.

Bei objektiver Betrachtung fehlt dem nächtlichen Betrieb der Glocken ohnehin der von der Klägerin behauptete religiöse Bezug. Wie das Bundesverwaltungsgericht klargestellt hat, fällt selbst das einer Religionsgemeinschaft zuzurechnende Zeitschlagen nicht in den von Art. 4 Abs. 1, 19 Abs. 3 GG besonders geschützten Bereich, in dem die allgemeinen Gesetze nur eingeschränkt gelten (BVerwG vom 30. 4. 1992, BayVBl 1992, 633/634). Wird das Läutwerk wie hier sogar von einer weltlichen Stelle betrieben, so fehlt für den Rückgriff auf die genannten Grundrechte erst recht jeder Ansatzpunkt. Schon mangels religiöser Bedeutung des Zeitschlagens kommt es auch nicht auf die im Zulassungsantrag aufgeworfene Frage an, ob die für den verhaltensbezogenen Immissionsschutz im Landesrecht normierte Privilegierung der "Schallzeichen zur Religionsausübung" (Art. 13 Abs. 3 Nr. 2 BayImSchG) die anlagenbezogenen Anforderungen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG in irgendeiner Form zu beeinflussen vermag (dazu etwa Müller, BayVBl 1988, 289/290 m. Fn. 16; Engelhardt, BayVBl 1988, 294 m.w.N.).

15.

Auch im Übrigen bestehen keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Anordnung. Sie verstößt nicht deshalb gegen das Übermaßverbot, weil der Klägerin nur eine Frist von zwei Wochen ab Eintritt der Bestandskraft gewährt wird, um den Immissionspegel durch lärmmindernde Maßnahmen auf den höchstzulässigen Wert von 65 dB(A) abzusenken und damit die vollständige Einstellung des Läutens während der Nacht zu vermeiden. Die genannte Frist dürfte zwar kaum genügen, um im Wege baulicher Änderungen am Glockenturm die notwendige Schalldämmung auf Dauer sicherzustellen. Diesen Umstand musste die Behörde aber angesichts der Dringlichkeit ihres Einschreitens nicht durch eine Fristverlängerung besonders berücksichtigen. Zudem hatte die Klägerin vor Erlass des angegriffenen Bescheids keine entsprechenden Umbauabsichten erkennen lassen. In ihrer Stadtratssitzung vom 20. Juni 2002 war laut Protokoll allein von einem Umprogrammieren des automatischen Zeitschlagens die Rede, das keinen größeren Zeitaufwand erfordern und nach Auskunft einer Fachfirma nur ca. 300 Euro kosten würde. Die anderen Möglichkeiten des aktiven Lärmschutzes bleiben der Klägerin in jedem Fall auch nach Ablauf der gesetzten Frist erhalten; sie kann daher das Läutwerk selbst nach einer partiellen Stilllegung für die Nachtzeit künftig wieder in Betrieb nehmen, sobald es den geforderten Richtwert nachweislich einhält.

16.

2. Die Rechtssache weist entgegen dem Vorbringen der Klägerin keine besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten auf, die eine Zulassung der Berufung rechtfertigen würde (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Der bloße Umstand, dass das Erstgericht den Rechtsstreit trotz der Soll-Vorschrift des § 6 Abs. 1 VwGO nicht auf den Einzelrichter übertragen hat, genügt nicht als Beleg eines objektiv überdurchschnittlichen Schwierigkeitsgrads (Kopp, VwGO, 12. Aufl., § 124 RdNr. 8 m.w.N.). Auch die sonstigen Umstände des Falles geben dafür nichts her. Der zugrunde liegende Sachverhalt ist, soweit entscheidungserheblich, von der Behörde und dem Verwaltungsgericht hinreichend geklärt und zwischen den Beteiligten unstreitig. Die rechtlichen Maßstäbe für die zu treffende Entscheidung ergeben sich unmittelbar aus den Normen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung. Da das nächtliche Zeitschlagen entgegen der Behauptung der Klägerin keinen religiösen Aussagegehalt aufweist, bedarf das als problematisch bezeichnete Verhältnis von Art. 13 Abs. 3 Nr. 2 BayImSchG zum anlagenbezogenen Immissionsschutz und speziell zu den Bestimmungen der TA Lärm keiner weiteren Klärung.

17.

3. Mangels Entscheidungserheblichkeit kann die vorstehend genannte Rechtsfrage auch nicht zur Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung führen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Ebenfalls keinen Klärungsbedarf begründet die pauschale Behauptung der Klägerin, es drohten in einer Vielzahl von Gemeinden vergleichbare Anordnungen, wodurch die Identität der christlichen Glaubensgemeinschaften in Frage gestellt werde. Dass diese Befürchtung für das hier zu beurteilende nicht-sakrale Zeitschlagen jeder Grundlage entbehrt, geht bereits aus der zitierten Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hervor (BVerwG vom 30. 4. 1992, BayVBl 1992, 633/634) und wird im vorliegenden Fall bestätigt durch die in den Behördenakten enthaltene Stellungnahme der örtlichen Kirchengemeinde, die den strittigen Stundenschlag eindeutig in den außerkirchlichen Bereich verweist.