(weitere Fundstellen: GewArch 1994, 376 f.)
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Tatbestand: |
1. |
Der Antragsteller wendet sich gegen einen Bescheid der Antragsgegnerin vom 7. März 1994, durch den ihm unter Sofortvollzugsanordnung und Zwangsgeldandrohung der Betrieb eines sog. Laserdromes in dem Anwesen - unbeschadet zuvor erteilter baurechtlicher Nutzungsänderungs- und Umbaugenehmigung - unter Berufung auf gewerbe- und sicherheitsrechtliche Grundlagen mit Wirkung ab Bescheidzustellung untersagt wurde. Der Antragsteller beschreibt den untersagten Betrieb wie folgt: |
2. |
Das Spiel wird in einem Raum gespielt, in dem eine Art Mondlandschaft aufgebaut ist. Die bis zu 20 Teilnehmer des Spiels werden mit einem Laserziel- und einem Laserempfangsgerät ausgestattet. Es können auch Mannschaften gebildet werden. Empfangsgeräte tragen die Spielteilnehmer auf Brust und Rücken. Zweck des Spiels ist, bei dem anderen Teilnehmer möglichst viele Laserstrahlen auf das Empfangsgerät zu lenken und gleichzeitig möglichst wenige Treffer von anderen Spielteilnehmern zu empfangen. An den zusätzlich aufgebauten sog. Bonus-Türmen können die Spieler durch Treffer zusätzlich Punkte gewinnen. |
3. |
Am Anfang des Spielraums befindet sich auch eine sog. Empfangszielscheibe, welche die Spieler in bestimmter Reihenfolge treffen müssen; dann müssen sie im Wettlauf gegen die Zeit zum anderen Ende des Spielraums laufen, um dort ebenfalls Treffer anzubringen. Schafft der Spieler dies durch seine Geschicklichkeit und schnelle Reaktion, so wird er mit zusätzlichen Punkten belohnt. |
4. |
Der Spielraum ist leicht abgedunkelt und wird von sog. Strobo-Blitzern für Bruchteile von Sekunden erhellt, um den Spielern die aufgebaute Mondlandschaft erkennbar zu machen. Gleichzeitig wird künstlicher Nebel in die Spielräume eingebracht, wodurch die Laserstrahlen sichtbar werden. Die Empfangsgeräte besitzen LED-Blinklampen. Diese machen die Empfangsgeräte in der Dunkelheit erkennbar. Die während der Spielzeit von etwa 20 Minuten von einem Spieler auf das Empfangsgerät eines anderen Spielers abgegebenen Signale sowie die von anderen Spielern empfangenen Signale werden am Ende des Spiels ausgewertet und durch Spielpunkte bewertet. Aus dieser Punktebewertung wird dann der Sieger der Spielrunde ermittelt. |
5. |
Die Beschreibung erfaßt, wie die Antragsgegnerin vom Tatsächlichen her nicht in Abrede stellt und wie ein Augenschein des Verwaltungsgerichtshofs bestätigt hat, das Wesentliche des Spielablaufs. |
6. |
Die Untersagungsverfügung vom 7. März 1994 ist in erster Linie damit begründet, daß der Betrieb sich als Spielhalle oder ähnliches Unternehmen darstelle, das nach § 33 i GewO erlaubnisbedürftig (Abs. 1 Satz 1), aber nicht erlaubnisfähig sei (Abs. 2 Nr. 3); das spielerisch simulierte Töten von Menschen verletze die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) und sei eine unzumutbare Belästigung der Allgemeinheit; eine Untersagung nach § 15 Abs. 2 GewO erscheine daher angemessen. Im übrigen verstoße das Spiel auch gegen den Tatbestand des § 118 OWiG; es stelle gezielte Angriffe gegen das menschliche Leben (Art. 2 Abs. 1 GG) so unmittelbar realitätsnah nach, daß dies nicht nur geschmacklos, sondern grob ungehörig sei; unbeschadet möglicherweise abweichender Einschätzung der Spielteilnehmer sei es geeignet, bei einer Vielzahl von Personen erhebliches seelisches Unbehagen auszulösen; die Untersagung könne sich daher auch auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG stützen. Das öffentliche Interesse an sofortiger Unterbindung des rechtsanmaßenden und ordnungswidrigen Unternehmens des Antragstellers überwiege dessen Interesse an wirtschaftlicher Entfaltung (§ 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO). |
7. |
Der Antragsteller erhob Widerspruch und ersuchte beim Verwaltungsgericht um Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 5 VwGO). Mit Beschluß vom 18. April 1994 stellte das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung für solche Veranstaltungen wieder her, bei welchen nur Personen über 18 Jahren Zutritt gewährt werde; im übrigen lehnte es das Ersuchen ab. Für eine Erlaubnisbedürftigkeit nach § 33 i GewO fehle es an den tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift, insbesondere an der "Aufstellung" von Spielgeräten. Auch der Tatbestand des § 118 OWiG sei wohl nur teilweise erfüllt; die Spielhandlung sei zwar grob ungehörig, mangels Wahrnehmbarkeit über den Kreis der einwilligenden Mitspieler hinaus jedoch nicht geeignet, die Allgemeinheit zu belästigen; auch von einer Gefährdung der Allgemeinheit durch eine nachhaltig aggressionsstimulierende Wirkung des Spiels könne ohne nähere wissenschaftliche Belege in dem vorliegenden Eilverfahren wohl nicht ausgegangen werden. Für Kinder und Jugendliche erscheine allerdings in Anknüpfung an § 1 Satz 1, § 2 Abs. 1, § 8 Abs. 1, 5, § 10 Satz 1 JÖSchG zur Vermeidung schädlicher Einflüsse jedenfalls einstweilen ein Zutrittsverbot angebracht. |
8. |
Die Antragsgegnerin hat mit dem Ziel vollständiger Antragsablehnung gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Beschwerde eingelegt. Der Antragsteller tritt der Beschwerde entgegen. Der Vertreter des öffentlichen Interesses teilt den Standpunkt der Antragsgegnerin. Der Verwaltungsgerichtshof hat den strittigen Betrieb in Augenschein genommen. |
9. |
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands, insbesondere des Vorbringens der Beteiligten im Beschwerdeverfahren, wird auf die vorliegenden Akten Bezug genommen. |
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Aus den Gründen: |
10. |
Die Beschwerde bleibt erfolglos. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden. Die Untersagung des Betriebs des Laserdromes für Besucher über 18 Jahren läßt sich weder nach § 15 Abs. 2 Satz 1 GewO noch nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG rechtfertigen. |
11. |
Der Betrieb des Laserdromes ist gewerberechtlich nicht erlaubnisbedürftig. Nicht jede Halle, in der Spiele veranstaltet werden, unterfällt § 33 i Abs. 1 Satz 1 GewO. Die Vorschrift erfaßt nur Räume, die - zumindest überwiegend - der Aufstellung der dort genannten Spielgeräte oder der Veranstaltung der dort genannten Spiele dienen (BVerwG GewArch. 1985, 62 und 64; Marcks in Landmann/Rohmer, GewO, RdNr. 5 zu § 33 i). In der in Rede stehenden Anlage sind indes weder Spielgeräte oder Unterhaltungsspiele "aufgestellt" noch werden Spiele im Sinn des § 33 d Abs. 1 Satz 1 GewO (Spiele mit Gewinnmöglichkeit) veranstaltet. Den diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts (ähnlich VG Neustadt a.d. Weinstraße GewArch. 1994, 236) wird beigetreten (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Soweit die Antragsgegnerin in der Beschwerdebegründung ausschlaggebend auf Organisation, Optik und Fluidum des Betriebs abstellen will, überspannt sie die Grenzen vertretbarer teleologischer Gesetzesauslegung. Der Spielraum als solcher ist ebensowenig ein Spielgerät wie die Zähleinrichtung an der Wand. Der Schriftzug "Laser-Game-Center" an der Gebäudefassade kann für die rechtliche Subsumtion nicht entscheidend sein, auch nicht mittelbar über eine Art indizielle Wirkung. Die Gegenüberstellung von Sport- und Spielhallen verkürzt das Spektrum möglicher Fallgestaltungen; Räume für Unterhaltungsveranstaltungen, bei denen nicht Sport getrieben wird, sind nicht notwendig Spielhallen im Sinn des § 33 i Abs. 1 Satz 1 GewO. Eine Untersagung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 GewO scheidet damit im vorliegenden Fall aus. |
12. |
Die Voraussetzungen einer Untersagung nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG sind ebenfalls nicht gegeben. Dahinstehen mag dabei das Verhältnis der Untersagung zur zuvor erteilten Baugenehmigung. Der Gegenstand der Baugenehmigung vom 19. Januar 1994 gleicht dem Gegenstand der Untersagung vom 7. März 1994; beide umfassen den Laserdromebetrieb als solchen; der zweite Bescheid untersagt, was der erste genehmigt hatte. Zweifelhaft ist indessen die Identität der rechtlichen Maßstäbe der beiden Bescheide. Zwar scheint der Baugenehmigung vom 19. Januar 1994 auch eine Prüfung - und Bejahung - der Vereinbarkeit des Laserdromebetriebs mit dem Verbotstatbestand des § 118 Abs. 1 OWiG zugrunde zu liegen; möglicherweise überschritt die Antragsgegnerin mit einer solchen Prüfung jedoch den in Art. 74 Abs. 1 BayBO (i.d.F. der Bek. vom 2.7.1992 GVBl S. 419, ber. S. 1032, zuletzt geändert durch Gesetz vom 28.12.1992 GVBl S. 780) dafür vorgezeichneten sachlich-rechtlichen Rahmen, nach dem sich letztlich die Bindungswirkung der Genehmigung bestimmt; ob das Verbot bestimmter grob ungehöriger Handlungen (§ 118 Abs. 1 OWiG) zu den öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Sinn des Baugenehmigungsrechts gehört, ist eine durchaus ungewöhnliche Fragestellung. Die Antwort kann hier dahinstehen, weil der Tatbestand des § 118 Abs. 1 OWiG, soweit sich das einstweilen überblicken läßt, wohl ohnehin nicht erfüllt ist. |
13. |
Nach § 118 Abs. 1 OWiG handelt ordnungswidrig, wer eine grob ungehörige Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Allgemeinheit zu belästigen oder zu gefährden und die öffentliche Ordnung zu beeinträchtigen. Der Augenschein des Verwaltungsgerichtshofs hat ergeben, daß eine derart grobe Ungehörigkeit hier nicht vorliegt. Die teilweise kritischeren Wertungen, wie sie in den Akten zum Ausdruck kommen, haben sich beim Augenschein nicht bestätigt. Sie gehen von dramatisierenden Darstellungen aus, die in der Wirklichkeit keine Entsprechung finden. Beispiele mehr oder weniger unsachlicher Überzeichnung bieten in diesem Zusammenhang etwa Formulierungen wie: Todesspiel; Killerspiel; Menschenjagd; totalen Krieg spielen; Gewaltverherrlichung; Schlachtfeld; Kampfplatz; Waffen; Geschütze; Geschosse; Abschießen von Feinden; Gemetzel; tödliche Treffer; minimaler Schritt zum wirklichen Töten; am Feierabend wird scharf geschossen - Killen als Freizeitvergnügen. Gleichermaßen charakteristisch wie karikierend erscheint folgende Beschreibung (Der Spiegel 13/1994 S. 93):
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14. |
Mit der Wirklichkeit, wie sie sich beim Augenschein darstellte, hat all das nichts zu tun. Zu einer realen Kriegs-, Bürgerkriegs- oder Bandenkampfsituation bietet der Vorgang bei sachlicher Betrachtung keinerlei Assoziation. Dies gilt für den eigentlichen Spielablauf ebenso wie für den äußeren Rahmen. Schon die angesichts der beschränkten Spielfläche allgegenwärtige nüchterne Hallenwand in Verbindung mit der unverhüllten Schlichtheit der auf der Spielfläche umherstehenden Plastikkulissen bieten für martialische Illusionen kaum einen Ansatz. In bezug auf Beleuchtung, Licht- und Musikeffekte besteht eine gewisse Ähnlichkeit zur Szenerie von Diskotheken - jedenfalls von solchen einfachen Zuschnitts; die Musikdarbietungen erscheinen im Vergleich zu Diskothekenstandard eher moderat. Was das Spiel selbst angeht, kann nicht gesagt werden, es würden hier Angriffe gegen menschliches Leben realitätsnah nachgestellt. Als Angriffsziele stehen zumindest optisch nicht die jeweils anderen Spielteilnehmer im Vordergrund, sondern die von ihnen am Rücken getragenen, durch blinkende Lichtkreise kenntlichen Empfangsgeräte. Treffer sind lediglich aus der Nähe möglich; die Leistung der Zielgeräte ist zur Gewährleistung der Sicherheit und Gesundheit der Spieler gemäß Auflage Nr. 25 der Baugenehmigung vom 19. Januar 1994 nach TÜV-Gutachten gedrosselt; einer Vorstellung ernsthafter Kämpfe läßt das von vornherein wenig Raum. Auch unter Aufbietung einiger Phantasie bleibt der Gesamteindruck, den der Vorgang bietet, letztlich in der Nähe traditioneller Spielinhalte; unbeschadet der Verwendung neuartiger Lasertechnik im Spielgerät ist der Vorgang in seinem Kern noch am ehesten als eine Art Bewegungs- und Fangspiel zu charakterisieren. Den Tatbestand des § 118 Abs. 1 OWiG erfüllt er damit nicht. |
15. |
Der Augenschein hat wohl ein im wesentliches repräsentatives Bild des Betriebs vermittelt. Der Terminsvertreter der Antragsgegnerin, der den Betrieb kennt, hat jedenfalls keine Bedenken geäußert; im übrigen dürfte die Betriebsgestaltung ohnehin wenig Raum für Manipulationen bieten. Der durch Augenschein gewonnene Eindruck erscheint dem Verwaltungsgerichtshof letztlich auch zuverlässiger als eine Meinungsbildung anhand anderer Erkenntnismittel (vgl. VG Neustadt a.d. Weinstraße, a.a.O., wo als Quellen nur Werbeprospekte und -filme zur Verfügung standen); der Erkenntniswert eigener Darstellungen des Unternehmers muß zurücktreten, wo eine unmittelbare Anschauung der Wirklichkeit möglich ist und ein anderes Bild vermittelt. |