Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen
Beschluss vom 22.06.1994
- 11 B 1466/94
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 (weitere Fundstellen: NVwZ 1995, 718 f.)

 

 

Zum Sachverhalt:

1.

Der Ast. hat auf einem zu seinem Imbißbetrieb gehörenden Container einen sog. Himmelsstrahler montieren lassen. Dabei handelt es sich um eine Anlage, mit der scharf gebündeltes starkes Licht nach oben - gegen eine Wolkendecke oder in den wolkenlosen Nachthimmel - gestrahlt wird. Abstrahlwinkel und Bündelung können veränderlich programmiert werden. Die Lichtstrahlen sind je nach Sichtverhältnissen aus bis zu mehreren Kilometern Entfernung sichtbar. Der Ag. fordert vom Ast. durch Ordnungsverfügung, deren sofortige Vollziehbarkeit er angeordnet hat, die Beseitigung der Anlage. Das VG hat die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Ast. angeordnet. Die Beschwerde des Ag. blieb erfolglos.

 

Aus den Gründen:

2.

Das VG hat im Ergebnis zu Recht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Ast. gegen die Ordnungsverfügung des Ag. wiederhergestellt. Allerdings vermag der Senat anders als das VG nicht zu erkennen, daß die angegriffene Ordnungsverfügung offensichtlich rechtswidrig ist.

3.

Der Ag. hat die Ordnungsverfügung allein darauf gestützt, daß der sogenannte Himmelsstrahler als Werbeanlage einer bauaufsichtlichen Genehmigung bedarf, diese nicht vorliegt und deshalb die Beseitigung wegen der Ordnungsfunktion des formellen Baurechts - sofort vollziehbar - zu fordern ist. Die danach allein maßgebliche formelle Illegalität läßt sich aus den Erwägungen, die das VG dem angefochtenen Beschluß zugrunde gelegt hat, nicht offensichtlich verneinen. Vielmehr handelt es sich bei sogenannten Himmelsstrahlern um technische Einrichtungen, die - offenbar erst seit jüngerer Zeit - von einzelnen Gewerbetreibenden am Ort ihres Gewerbes installiert werden, um durch zum Himmel gerichtete Lichtstrahlenbündel Aufmerksamkeit zu erregen. Auch derartige für sich genommen aussagelose Einrichtungen können als Hinweis i.S. des § 13 I 1 NWBauO der Außenwerbung sein. Ob dies der Fall ist, kann jeweils nur im Einzelfall, u.a. unter Berücksichtigung der Örtlichkeit, beurteilt werden. Bedeutsam kann auch sein, ob der Lichtanlage etwa deshalb Hinweischarakter i.S. des § 13 I 1 NWBauO zukommt, weil mit anderen Werbemitteln darauf gewissermaßen als "Wegweiser" verwiesen worden ist. Immerhin soll es nach den in den Verwaltungsvorgängen des Ag. wiedergegebenen Äußerungen des Ast. zu erheblichen Umsatzsteigerungen während des Betriebes der Anlage kommen. Allerdings reicht entgegen der Auffassung des Ag. die Ursächlichkeit für Umsatzsteigerungen nicht aus; denn es ist offensichtlich, daß viele Maßnahmen, bauliche Anlagen oder technische Vorrichtungen Einfluß auf den Umsatz eines Gewerbes haben, ohne deshalb Werbeanlagen im baurechtlichen Sinne zu sein. Der Charakter als Werbeanlage ist auch nicht aus anderen Gründen "evident", wie der Ag. meint. (Wird ausgeführt). Danach ist die Einordnung des sogenannten Himmelsstrahlers als Anlage der Außenwerbung in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht offen und der Klärung, u.a. nach entsprechender Sachaufklärung, im Hauptsacheverfahren zu überlassen.

4.

Ob die Anlage unter anderem Blickwinkel einer bauaufsichtlichen Genehmigung bedarf, ist ebenfalls nicht offensichtlich. Es kann deshalb offen bleiben, ob es sich um eine unbedeutende bauliche Anlage i.S. des § 62 I Nr. 34 NWBauO handelt. Denn der Ag. hat der angegriffenen Ordnungsverfügung ausschließlich die formelle Illegalität als Werbeanlage zugrunde gelegt.

5.

Bei der danach unabhängig von den Erfolgsaussichten des Widerspruchs des Ast. vorzunehmenden allgemeinen Interessenabwägung könnte dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Beseitigung der Anlage nur dann ein größeres Gewicht als dem privaten Interesse an ihrem Weiterbetrieb beigemessen werden, wenn aus anderen Gründen als denen des formellen Bauordnungsrechts die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährdet ist. Dafür, daß dies der Fall ist, hat der Senat keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es besteht auch kein Anlaß, insoweit von Amts wegen zu ermitteln. Der Ag. hat vor der Ablehnung eines Baugenehmigungsantrages des Aufstellers der Anlage Stellungnahmen mehrerer Fachbehörden eingeholt. Nach deren Einschätzung ist zwar von Gefährdungspotentialen für verschiedene Schutzgüter auszugehen. Erkenntnisse für deren konkrete Gefährdung scheinen jedoch zu fehlen und könnten auch durch den Senat nur durch weitere Sachaufklärung gewonnen werden. Dazu besteht im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kein Anlaß. Vielmehr mag dem der Ag. zunächst für die Beurteilung der Frage nachgehen, ob der Betrieb der Anlage - z.B. wegen Verkehrsgefährdung gem. § 33 I StVO  - auch aus materiellen Gründen unverzüglich untersagt werden sollte. Die Anlage stellt schließlich keine Anwendung neuartiger Technologie mit noch unbekannten Risiken dar, für die möglicherweise vorsorgend höhere Anforderungen an den Nachweis der Unbedenklichkeit zu stellen sind (vgl. dazu OVG Münster, NVwZ 1993, 1115 = DÖV 1993, 966 = UPR 1993, 355 = BauR 1994, 211 m.w. Nachw.). Vielmehr handelt es sich um die Anwendung bekannter Techniken in einer - wie sich u.a. Stellungnahmen von Fachbehörden entnehmen läßt - bekannten Konfiguration, die lediglich in Bezug auf ihre Anwendung in einer konkreten Umgebung zu beurteilen ist.