Niedersächsisches
Oberverwaltungsgericht
Urteil vom
8.2.1990
- 12 C 1/88
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(weitere Fundstellen: NVwZ 1991, 693 f.)
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Tatbestand |
1. |
Die Ast. wenden sich gegen die von der Ag. verordnete Anleinpflicht für Hunde. Die 6,5 Quadratkilometer große Nordseeinsel Baltrum ist das Gemeindegebiet der Ag. Die westliche Hälfte der Insel ist bewohnt, die östliche Hälfte besteht überwiegend aus Naturschutzgebieten. Die Insel liegt im Nationalpark "Niedersächsisches Wattenmeer". Das Inselgebiet mit Ausnahme des bewohnten Ortsteiles ist von der Verordnung über den Nationalpark "Niedersächsisches Wattenmeer" vom 13. 12. 1985 (GVBl, 533) erfaßt. Gem. § 5 II in Verbindung mit Anlage 2 der Verordnung gilt für die "Zwischenzone" des Nationalparkes das Verbot, Hunde frei laufen zu lassen, soweit dies nicht im Rahmen der ordnungsgemäßen Jagdausübung geschieht. Der frühere Landkreis Norden hat mit Verfügung vom 8. 6. 1970 ein Kraftfahrzeugverbot auf der Insel angeordnet; davon sind durch Ausnahmeregelung drei Feuerwehrfahrzeuge und ein Rettungsfahrzeug befreit; auch der Verkehr mit Elektrokarren oder Elektrofahrzeugen ist untersagt. Der Rat der Ag. hatte ebenso wie 1976 am 22. 3. 1978 eine Verordnung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auf der Insel Baltrum erlassen; in § 8 II (Halten von Haustieren) war bestimmt, daß Hunde auf öffentlichen Wegen und Plätzen, insbesondere auch im Kurbereich, stets an der Leine zu führen sind. Eine spätere Verordnung vom 24. 8. 1987 sah überhaupt keine Anleinpflicht für Hunde vor. Derzeit gilt die Polizeiverordnung vom 5. 7. 1988, geändert durch Verordnung vom 31. 1. 1989. In ihrem § 5 III heißt es wie folgt:
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2. |
Die acht Ast. sind Einwohner der Gemeinde Baltrum, die Hunde halten. Sie fühlen sich durch die Regelungen über die Anleinpflicht von Hunden in der geltenden Verordnung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung 1988 in ihren Freiheitsrechten gem. Art. 2 I GG beeinträchtigt. Außerdem verstößt die Anleinpflicht nach ihrer Auffassung gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen im Tierschutzgesetz (§ 18 I Nr. 1). Die Verordnung ist nach ihrer Auffassung ohne ausreichende Rechtsgrundlage in den §§ 32, 33 NdsSOG erlassen worden und verstößt außerdem gegen bundesrechtliche Regelungen zum Straßenverkehrsrecht (§ 28 II StVO). Die Ast. beantragten, die Verordnung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in der Gemeinde Baltrum vom 5. 7. 1988 in der Fassung vom 31. 1. 1989 für nichtig zu erklären, soweit sie in § 5 III 4 bestimmt, daß eine ganzjährige Anleinpflicht für Hunde auf allen öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen im ganzen Kurbereich und in der geschlossenen Ortslage i. S. des § 2 I der Verordnung mit Ausnahme des Bereichs besteht, der sich aus der der Verordnung beigefügten Karte Nr. 2 ergibt, welche Bestandteil dieser Verordnung ist. |
3. |
Der Antrag hatte Erfolg. |
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Aus den Gründen: |
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4. |
Der Antrag ist zulässig. Bei der Anordnung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (SOG-VO) der Ag. handelt es sich um eine unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift i. S. des § 47 I Nr. 2 VwGO. Die Ast. sind auch antragsbefugt. Einen Normenkontrollantrag kann jede natürliche Person stellen, die durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung einen Nachteil erlitten oder in absehbarer Zeit zu erwarten hat (§ VWGO § 47 VWGO § 47 Absatz II 1 VwGO). Als Hundehalter sind die Ast. von der Regelung in der Anordnung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung über die ganzjährige Anleinpflicht betroffen. |
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5. |
Der Antrag ist auch begründet. Die zur Überprüfung gestellte Satzungsvorschrift in § 5 III ist fehlerhaft und daher für nichtig zu erklären (47 VI 2 VwGO). |
6. |
Die Regelung über die ganzjährige Verpflichtung der Hundehalter, ihre Tiere nur angeleint auf den in der der Verordnung beigefügten Karte Nr. 2 bezeichneten öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen zu führen, hat keine ordnungsrechtliche Rechtsgrundlage in den §§ 32, 33 NdsSoG. Zwar dürfte eine Anleinpflicht während der Hochsaison ordnungsrechtlich gerechtfertigt sein; indessen fehlt es an der ordnungsrechtlichen Rechtsgrundlage für eine Anleinpflicht während der Nebensaison und vor allem in den Wintermonaten. |
7. |
Die strittige Regelung muß durch die Ermächtigung in §§ 32, 33 NdsSOG gedeckt sein. Gemeinden dürfen für ihren Bezirk zur Abwehr abstrakter Gefahren Verordnungen nach den für Satzungen geltenden Vorschriften erlassen (§ 33 I Nr. 1, II NdsSOG). Abstrakte Gefahr ist eine nach allgemeiner Lebenserfahrung oder den Erkenntnissen fachkundiger Stellen mögliche Sachlage, die im Fall ihres Eintritts eine Gefahr darstellt; eine Gefahr ist eine Sachlage, bei der im einzelnen die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, daß in absehbarer Zeit ein Schaden für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung eintreten wird (§ 2 Nr. 1a, Nr. 2 NdsSOG). |
8. |
Während der Saison halten sich auf der Insel nach Angaben der Ast. 6000 Menschen auf, nach Angabe der Ag. sollen es sogar 9000 Menschen sein; von diesen bringt ein geringer Prozentsatz eigene Hunde auf die Insel mit; in dem Werbesprospekt der Kurverwaltung sind die einzelnen Gästehäuser gekennzeichnet, die zur Aufnahme von mitgebrachten Hunden bereit sind. Die Zahl der auf die Insel von Gästen mitgebrachten Hunde ist von der Ag. nicht ermittelt worden. |
9. |
Es mag sein, daß die von der Ag. betonten Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im engen Ortsbereich für die in der Hauptsaison zahlreichen Gäste entstehen. Nach allgemeiner Lebenserfahrung können frei laufende Hunde im Einzelfall eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung herbeiführen. Welche Unfälle durch frei herumlaufende Hunde in dichtbewohnten Gebieten mit starkem Fußgängerverkehr entstehen könnten, ergibt sich aus der zivilgerichtlichen Rechtsprechung zu § 833 BGB (vgl. z.B. Soergel-Zeuner, 11. Aufl. (1985), § 833 Rdnr. 43); auf die von der Ag. vorgetragenen Unfälle durch unbeaufsichtigte Hunde braucht daher nicht näher eingegangen zu werden. Auch das Anspringen durch unerzogene Hunde ist seltener, wenn Hunde angeleint geführt werden. Insoweit kann bei hoher Gästebelastung der Insel durchaus eine abstrakte Gefahr bestehen. |
10. |
Auch die öffentliche Ordnung könnte dadurch gefährdet werden, daß Hunde unangeleint in dem engen Inselbereich herumlaufen. Angeleinte Hunde setzen ihren Kot in der Regel vom Halter oder Führer kontrolliert ab; sie verschmutzen Straßen und Wege in Wohngebieten seltener, zumal der Hundehalter oder Hundeführer sofort für Reinigung sorgen kann. Wenn Hundekot auf öffentlichen Straßen und Wegen herumliegt, können insbesondere für die Kinder der Gäste gesundheitliche Risiken entstehen. Kinder sind gerade während der Ferienzeit besonders aktiv und spielen auf Straßen und Wegen lebhaft, wenn kein Kraftfahrzeugverkehr herrscht. Es ist dabei leicht möglich, daß Kinder mit Hundekot in Berührung kommen. Allgemein ist bekannt, daß Darmparasiten von Hunden Gefahren für Menschen darstellen. Darmparasiten sind nicht nur für unsere Haustiere schädlich, sie gefährden auch die Gesundheit des Menschen; nimmt der Mensch infektiöse Askarideneier auf, so entwickeln sie sich in dessen Körper zwar nicht zum ausgewachsenen Wurm, die Larven wandern jedoch durch den menschlichen Organismus, dabei werden verschiedene Krankheitsformen beobachtet (Müller, Niedersächsischer Jäger 1990, 54). |
11. |
Insgesamt dürfte die öffentliche Ordnung auf der Insel Baltrum berührt sein, wenn bei großer Gästedichte Hunde unangeleint im Ortsbereich und in den angrenzenden, in der Karte bezeichneten Gebieten herumlaufen. Der Gemeindeverwaltung der Nordseeinsel wäre auch das Recht zuzugestehen, die äußere Ordnung auf der Insel in einer ihr sinnvoll erscheinenden Weise zu gestalten. Dabei dürfen auch Wertvorstellungen der Gemeinde den Inhalt des Begriffs der öffentlichen Ordnung auf der Insel mitbestimmen (vgl. zum Begriff der öffentlichen Ordnung z. B. Drews-Wacke-Vogel-Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl. (1986) S. 245 ff.). |
12. |
Dies alles gilt jedoch nur für Zeiten erhöhten Personenaufkommens auf Baltrum. Außerhalb der Hauptsaison mit wenig Gästebetrieb sind die bezeichneten abstrakten Gefahren nach der Lebenserfahrung erheblich geringer. In der Nebensaison halten sich nur die 20 bis 30 Hunde der örtlichen Hundehalter auf der Insel auf, nur wenige Gäste bringen in dieser Zeit ihren Hund auf die Insel mit. Diese wenigen Hunde lassen sich von den Hundehaltern leicht kontrollieren. Sollten einzelne schwer erziehbare Hunde Gefahren und Risiken für Menschen (oder andere Hunde) auf der Insel darstellen, so hat die Ag. die Möglichkeit, individuell mit entsprechenden Ordnungsverfügungen einzuschreiten und eine Anleinpflicht oder sogar einen Maulkorbzwang zu verfügen. Eine generelle Anleinpflicht ist in dieser Zeit aber nicht geboten. |
13. |
Die Ag. hat aufgrund ihrer Erfahrungen mit dem zu erwartenden Gästeaufkommen in der Hauptsaison und in der Nebensaison den Zeitraum zu bestimmen, in dem die bezeichneten abstrakten Gefahren wegen hoher Gästedichte entstehen können. Das Gericht darf in den Ermessensspielraum des örtlichen Satzungsgebers nicht eingreifen, sondern muß diese zeitliche Begrenzung dem örtlichen Satzungsgeber anvertrauen. Demgemäß war die zur Überprüfung gestellte Satzungsvorschrift wegen Unvereinbarkeit mit der ordnungsrechtlichen Rechtsgrundlage für den Zeitraum außerhalb der Hochsaison insgesamt für nichtig zu erklären, ohne daß das Gericht eigene Vorstellungen hinsichtlich des Zeitraumes für die Anleinpflicht verbindlich machen durfte. |
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14. |
Insgesamt sprechen jedoch keine durchgreifenden Bedenken gegen eine Regelung über eine zeitlich begrenzte Anleinpflicht von Hunden in dem von der Ag. bezeichneten Inselbereich. |
15. |
1. Die ortsrechtliche Regelung in § 5 ist nicht deshalb unzulässig, weil es sich um eine aufgrund Landesrecht erlassene Regelung handelt, die in das Gebiet des Straßenverkehrsrechts eingreift. Die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes erstreckt sich auch auf das Straßenverkehrsrecht (Art. 74 Nr. 22 GG). Das Straßenverkehrsrecht regelt ordnungsrechtliche Anforderungen an den Verkehr und die Verkehrsteilnehmer, um Gefahren abzuwehren und die Sicherheit und Ordnung des Verkehrs zu ermöglichen; in diesem Sinne ist das Straßenverkehrsrecht sachlich begrenztes Ordnungsrecht, für das dem Bund - abweichend vom sonstigen Ordnungsrecht - die Gesetzgebung zukommt (BVerfGE 30, 371 (378, 380)). Als Ordnungsrecht werden dem Straßenverkehrsrecht alle Regelungen der Ausübung des Gemeingebrauchs zugerechnet, die aus verkehrsbezogen-ordnungsrechtlichen Gründen, nicht hingegen aus sonstigen ordnungsrechtlichen (oder aus ästhetischen oder städtebaulichen) Gründen erfolgen sollen; damit hat das Straßenverkehrsrecht die Regelungsaufgabe, daß die Ausübung des Gemeingebrauchs in einer gemeinverträglichen Art und Weise geschieht (BVerfGE 67, 299 = NJW 1985, NJW 1985, 371 (373) = DVBl 1985, 49). |
16. |
Eine bundesrechtlich abschließende, Landesrecht ausschließende Regelung läge vor, wenn möglicherweise ergänzende Regelungen des Landesrechts ausgeschlossen sein sollen (Art. 31, 72 I GG; BVerfG, NJW 1972, 859). Dies trifft für § 6 StVG und die Gesamtheit der auf diese Vorschrift gestützten Rechtsvorschriften zu, darunter die Straßenverkehrsordnung und die Straßenverkehrszulassungsordnung. Hieraus folgt, daß örtliche Polizeiverordnungen mit verkehrsordnungsrechtlichem Inhalt ungültig sind. Das ist hier aber nicht der Fall. |
17. |
Zwar enthält die Straßenverkehrsordnung in § 28 Regelungen über Tiere im Straßenverkehr. Haus- und Stalltiere, die den Verkehr gefährden können, sind von der Straße fernzuhalten; sie sind dort nur zugelassen, wenn sie von geeigneten Personen begleitet sind, die ausreichend auf sie einwirken können; es ist verboten, Tiere von Kraftfahrzeugen aus zu führen; von Fahrrädern aus dürfen nur Hunde geführt werden (§ 28 I StVO). Die allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung vom 24. 1. 1970 (VGl 1970, 58) erläutert diese Regelung über das Führen von Hunden im Straßenverkehr für die Verwaltungspraxis. Wenn Hunde auf Straßen mit mäßigem Verkehr nicht an der Leine, sondern durch Zurufe oder Zeichen geführt werden, so soll das in der Regel nicht zu beanstanden sein. Hunde gehören im Straßenverkehr an die sichere Leine, wenn zu besorgen ist, daß Verkehrsgefahren entstehen. Eine grundsätzliche Verpflichtung des Hundehalters und -führers, den Hund im Verkehr anzuleinen, besteht demnach nicht (Schmidt, DAR 1962, 232). Danach würde eine örtliche ordnungsrechtliche Verordnung dann nichtig sein, wenn sie verkehrsbezogen regelte, daß Hunde im Straßenverkehr nur angeleint geführt werden dürfen. In diesem Falle griffe die Verordnung in das bundesrechtliche Straßenverkehrsrecht ein, das eine solche allgemeine Anleinpflicht mit Bezug auf den Straßenverkehr, d. h. zur Verhinderung von Gefahren für den Straßenverkehr, gerade nicht vorsieht (vgl. hierzu OLG Düsseldorf, VerkMitt. 1983, 78 = StT 1983, 502). |
18. |
Eine solche verkehrsbezogen-ordnungsrechtliche Regelung liegt indessen nicht vor, wenn die ordnungsrechtliche Verordnung erkennbar nicht zur Abwehr von Verkehrsgefahren erlassen worden ist, sondern aus allgemeinen ordnungsrechtlichen Gründen. Dies ist der Fall, wenn entsprechende ordnungsrechtliche Verordnungen den Hundeführer verpflichten, seinen Hund in Anlagen anzuleinen (vgl. die Regelungen von Dortmund, Düsseldorf und Essen). Eine Verpflichtung zum Anleinen von Hunden auf öffentlichen Anlagen und in Waldungen dient zweifellos nicht der Abwehr von Verkehrsgefahren, sondern ausschließlich der Abwehr von anderen Gefahren für die öffentliche Ordnung, insbesondere der Vermeidung von Belästigungen von Personen, die in den Anlagen spazierengehen. Entsprechendes gilt hier. Die Ag. will durch § SOG-VO § 5 ihrer SOG-VO Lärm und Unruhe durch spielende und dabei meist bellende Hunde vermeiden; es soll ausgeschlossen werden, daß Kurgäste von Hunden verfolgt oder sonstwie belästigt werden, schließlich soll die Verschmutzung des innerörtlichen Bereichs durch unkontrolliert abgesetzten Hundekot erschwert werden. Damit steht fest, daß es sich bei der strittigen Regelung in der Verordnung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung um eine "sonstige ordnungsrechtliche" Regelung handelt, die nicht verkehrsbezogen ist. |
19. |
2. Die Anleinpflicht für Hunde verstößt auch nicht gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht in Art. 2 I GG. Art. 2 I GG enthält einen doppelten Schutzbereich; das Grundrecht schützt zum einen die "freie Entfaltung der Persönlichkeit", zum anderen die "allgemeine Handlungsfreiheit". Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bildet den materiellen Maßstab, nach dem die allgemeine Handlungsfähigkeit eingeschränkt werden darf (zuletzt BVerfG, NJW 1989, 2525 = DÖV 1989, 989). Wenn man davon ausgeht, daß das Führen von Hunden im Ortsbereich in den Schutzbereich des Art. 2 I GG fällt, so ist die Verpflichtung zum Anleinen von Hunden dabei für den Hundehalter oder Hundeführer hier jedenfalls nicht unverhältnismäßig belastend. Wer auf der Insel Baltrum einen Hund hält oder als Kurgast einen Hund dorthin mitnimmt, muß von vornherein wissen, daß auf dem engen Inselbereich, der durch die Nationalparkschutzverordnung noch weiter eingegrenzt wird, für Hunde kein idealer Entfaltungsraum ist. Die Beengtheit des Raumes auf der Insel und die Überfüllung der Insel während eines längeren Zeitraums im Jahre steht einer freien Entfaltung der Aktivität eines Hundes ohnehin entgegen. Demgemäß stellt eine Anleinpflicht auf Baltrum einen deutlich sichtbaren Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht dar. |
20. |
3. Auch ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz vom 24. 7. 1972 (BGBl I, 1277 mit Änderungen) ist nicht erkennbar. Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, darf das artgemäße Bewegungsbedürfnis seines Tieres nicht dauernd und nicht so einschränken, daß dem Tier vermeidbare Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden (§ 2 I Nr. 2 TierSchutzG). Auf der Insel Baltrum gibt es durchaus Bereiche, in denen Hunde unangeleint geführt werden dürfen. Diese Bereiche können die Hundehalter gelegentlich aufsuchen. Für die Art und Weise des Führens an der Leine gibt die Verordnung über das Halten von Hunden im Freien vom 6. 6. 1974 (BGBl I, 1265) in § 3 Regeln. |
21. |
Das Tierschutzrecht ist nach allem durch die Satzung nicht berührt. |
22. |
Wegen der unter II. dargelegten Bedenken ist indessen die Satzungsvorschrift wegen Ungültigkeit für nichtig zu erklären. |