Oberlandesgericht Hamm
(weitere Fundstellen: NVwZ 1995, 1142 f.)
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Leitsätze |
1. |
Die Mitglieder des Planungsausschusses einer Gemeinde handeln bei der Beschlußfassung als Beamte im haftungsrechtlichen Sinn. |
2. |
Zur Amtspflichtverletzung bei Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens gem. § 36 BauGB durch den Planungsausschuß für zulässige Bauvorhaben. |
3. |
Bei rechtswidriger Verweigerung des Einvernehmens steht dem Betroffenen ein Anspruch auf Ersatz der Schäden zu, die durch die rechtswidrige Verweigerung für die Dauer der Verzögerung entstanden sind. Diese beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem bei pflichtgemäßer Entscheidung und bei weiterer pflichtgemäßer Bearbeitung des Bauantrags die Baugenehmigung erteilt worden wäre, und endet im Zeitpunkt der tatsächlichen Erteilung der Baugenehmigung. |
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Zum Sachverhalt |
1. |
Der Kläger ist Kommanditist und geschäftsführender Gesellschafter der Firma J. GmbH & Co. KG, die auf einem im Eigentum des Klägers stehenden Grundstück eine Möbelfabrik betreibt. Der Flächennutzungsplan der Beklagten stellt die Grundstücke des Klhgers und das benachbarte Grundstück als gewerbliche Baufläche dar; ein Bebauungsplan besteht nicht. Mit Datum vom 19.12.1989 beantragte der Kläger eine Baugenehmigung für die Errichtung einer Lagerhalle für Spanplatten. Da für die Erteilung der Baugenehmigung durch den zuständigen Kreis das Einvernehmen der Beklagten erforderlich war, befaßte sich der Planungsausschuß der Beklagten in seiner Sitzung vom 12.3.1990 mit dem geplanten Vorhaben. Dabei lag ihm ein Beschlußvorschlag der Verwaltung vor, nach dem das gemeindliche Einvernehmen gem. § 36 BauGB erklärt werden sollte. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Bauvorhaben füge sich in die vorhandene Bebauung ein und verletze nicht das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme. Im Gegensatz dazu sah die Mehrheit der Mitglieder des Planungsausschusses in dem Vorhaben eine übermäßige Benachteiligung der anderen Anlieger, die mit dem baurechtlichen Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme nicht zu vereinbaren sei. Das Einvernehmen wurde daher verweigert und die Verweigerung in einer Sitzung vom 13. 8. 1990 bestätigt. Mit Bescheid vom 9. 10. 1990 lehnte daraufhin der Kreis H. die Erteilung der Baugenehmigung mit der Begründung ab, er könne sich über das fehlende Einvernehmen der Beklagten nicht hinwegsetzen. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren war die Beklagte beigeladen. Das Verwaltungsgericht verpflichtete den Kreis H. rechtskräftig, dem Kläger die begehrte Baugenehmigung zu erteilen. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Bauvorhaben sei gem. § 34 I 1 BauGB zulässig. Es füge sich in die vorhandene Bebauung ein und verletzte nicht das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme. Zur Begründung seiner Amtshaftungsklage hat der Kläger ausgeführt, die Baugenehmigung wäre ihm spätestens im Juni 1990 erteilt worden, wenn der Planungsausschuß der Beklagten bei seiner ersten Sitzung vom 12. 3. 1990 pflichtgemäß sein Einvernehmen erklärt hätte. Durch die Verzögerung sei ihm Schaden von 757526,63 DM entstanden.. |
2. |
Das Landgericht hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, soweit der Kläger Schadensersatzansprüche für die Verzögerung der Genehmigungserteilung vom 13.8.1990 bis zum 24.8.1991 geltend mache. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte Erfolg. |
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Aus den Gründen: |
3. |
Die Berufung des Klägers ist begründet, diejenige der Beklagten ist unbegründet. Die Beklagte ist gem. § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG dem Grunde nach verpflichtet, dem Kläger wegen der rechtswidrigen Versagung des gemeindlichen Einvernehmens aufgrund Beschlusses des Planungsausschusses vom 12.03.1990 Schadensersatz zu leisten. |
4. |
1. Ungeachtet der Formulierung im Protokoll vom 04.11.1994, auf das die Parteien bei Antragstellung am 23.01.1995 Bezug genommen haben, ist der in der letzten mündlichen Verhandlung gestellte Hauptantrag derjenige, den der Kläger zunächst als Hauptantrag gestellt hatte (vgl. BI. 540 GA). Denn er verfolgt in erster Linie Schadensersatzansprüche wegen der Verweigerung der Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens schon am 12.03.1990. Die in der mündlichen Verhandlung vom 04.11.1994 am Schluß der mündlichen Verhandlung erklärte Umstellung des bis dahin verfolgten Haupt- und Hilfsantrags erfolgte nach ausdrücklicher Erklärung der Prozeßbevollmächtigten des Klägers nur für den Fall, daß der Senat die Berufung der Beklagten ohne Durchführung einer Beweisaufnahme als abweisungsreif ansah, um auf diese Weise eine abschließende Entscheidung ohne Beweisaufnahme zu ermöglichen. Nicht beabsichtigt war hingegen, den ursprünglich mit dem Hauptantrag verfolgten weitergehenden Anspruch auch für den Fall einer Beweisaufnahme nur hilfsweise geltend zu machen. Auf die ursprünglich im Termin vom 04.11.1994 gestellten Antrage bezog sich daher die Antragstellung im Termin vom 23.01.1995, daß der Senat auch über diese Anträge zu entscheiden hatte. |
5. |
2. Dem Kläger steht der geltend gemachte Klageanspruch jedenfalls dem Grunde nach zu, § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG. Denn die Mitglieder des Planungsausschusses der Beklagten haben bei Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens gem. § 36 BauGB in der Sitzung vom 12.03.1990 ihre gegenüber dem Kläger obliegenden Amtspflichten schuldhaft verletzt. |
6. |
a) Die Mitglieder des Planungsausschusses der Beklagten haben bei ihrer Beschlußfassung als Beamte im haftungsrechtlichen Sinne gehandelt; sie haben hoheitliche Tätigkeit ausgeübt (ständige Rechtsprechung; vgl. z. B. BGH NJW 1984, 2516; NJW 1989, 976, 978 m.w.N.). In dieser Eigenschaft haben sie das Einvernehmen der Gemeinde zu dem Bauantrag des Klägers rechtswidrig verweigert. Die Zulässigkeit des Bauvorhabens beurteilte sich nämlich nach § 34 BauGB; demgemäß konnte der geplante Bau nur dann genehmigt werden, wenn die Beklagte ihr Einvernehmen erteilte, § 36 Abs. 1 BauGB. Durch das Urteil des VG M. vom 2. Juli 1991 ist auch im Verhältnis zu der im Verwaltungsprozeß beigeladenen Beklagten (§§ 63 Nr. 2, 65, 121 VwGO) rechtskräftig festgestellt, daß das Vorhaben des Klägers bauplanungsrechtlich zulässig war und demgemäß die Beklagte ihr Einvernehmen rechtswidrig verweigert hat. An diese Beurteilung ist der Senat gebunden (vgl. BGH NJW 1992, 2218; NJW 93, 3065). Damit steht eine objektive Amtspflichtverletzung der Mitglieder des Planungsausschusses fest. |
7. |
Die verletzte Amtspflicht bestand - trotz des behördeninternen Charakters des gemeindlichen Einvernehmens - auch dem den Bauantrag stellenden Kläger gegenüber als Drittem im Sinne des § 839 BGB (ständige Rechtsprechung des BGH und auch des Senats; vgl. z. B. BGH NJW 1976, 184; NJW 1992, 2691; NJW 1993, 3065, jeweils mit Nachweisen). |
8. |
b) Bei ihrer Entscheidung haben die Mitglieder des Planungsausschusses auch schuldhaft gehandelt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und auch des Senats hat bei der Gesetzesauslegung und Rechtsanwendung jeder Inhaber eines öffentlichen Amtes die Gesetzes- und Rechtslage unter Zuhilfenahme der ihm zu Gebote stehenden Hilfsmittel sorgfältig und gewissenhaft zu prüfen und sich danach aufgrund vernünftiger Überlegungen eine Rechtsmeinung zu bilden. Nicht jeder objektive Rechtsirrtum begründet einen Schuldvorwurf. Wenn die nach sorgfältiger Prüfung gewonnene Rechtsansicht des Amtsträgers als rechtlich vertretbar angesehen werden kann, dann kann aus der Mißbilligung dieser Rechtsauffassung durch die Gerichte ein Schuldvorwurf nicht hergeleitet werden. Die Verneinung des Schuldvorwurfes setzt demnach voraus, daß die letztlich als unzutreffend erkannte Rechtsmeinung nicht nur vertretbar, sondern auch aufgrund sorgfältiger rechtlicher und tatsächlicher Prüfung gewonnen worden ist (vgl. BGH NJW 1993, 530, 531 mit Nachweisen). Diese Voraussetzungen werden vom Senat nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme - Augenscheinseinnahme und Zeugenvernehmung - verneint. |
9. |
aa) Da das Bauvorhaben des Klägers nicht schon nach § 34 Abs. 2 BauGB zulässig war, hatten die Mitglieder des Planungsausschusses seine Zulässigkeit gem. § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen. Da die Erschließung des Grundstücks gesichert war, das Bauvorhaben die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse wahrte und - zumindest wegen seiner Anordnung auf dem Grundstück des Klägers - das Ortsbild nicht beeinträchtigte, war es demzufolge zu genehmigen, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die bebaut werden sollte, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügte. Wie die Ortsbesichtigung durch den Senat ergeben hat, lagen diese Voraussetzungen mit einer solchen Eindeutigkeit vor, daß sie von den Mitgliedern des Planungsausschusses nicht in vertretbarer Weise verneint werden konnten. |
10. |
Das Gebiet zwischen Z.-Straße und M. Straße wurde schon vor der Errichtung der vom Kläger 1990 beantragten Lagerhalle in erster Linie durch die umfangreichen Betriebsanlagen der Firma J. GmbH & Co. KG geprägt. Die Betriebsgebäude bedeckten zu diesem Zeitpunkt eine Fläche von insgesamt etwa 12.800 m2, nur 8 % weniger als zur Zeit der Ortsbesichtigung durch den Senat. Die damalige Situation konnte demgemäß nicht entscheidend anders beurteilt werden als heute. Schon zur Zeit der Beschlußfassung durch den Bauausschuß reichten im Süden und Südosten die vorhandenen Gebäude teilweise bis auf 3 m an die Grenze zum Grundstück W. heran. Wie der Senat selbst feststellen konnte, war die östlich gelegene Wohnbebauung an der D.-Straße dorthin orientiert und hatte auf die unmittelbare Umgebung sowohl des Grundstücks W. als auch das Grundstück des Klägers keine prägende Wirkung mehr. Das folgt einerseits daraus, daß ein Teil des gewerblich genutzten Grundstücks des Klägers zwischen diesen Wohngrundstücken und dem Grundstück W. liegt (vgl. auch die Lageskizzen Bl. 435/437 GA). Das folgt ferner aus dem großen Abstand der Wohngebäude an der D.-Straße zum Grundstück W. und zum Grundstück des Klägers. Prägende Wirkung kommt schließlich auch nicht dem jenseits des Grundstücks W. gelegenen jüdischen Friedhof sowie der nördlich gelegenen land- und forstwirtschaftlich genutzten Fläche zu, wie der Planungsausschuß der Beklagten auch nicht verkannt hat. |
11. |
bb) Weil die in Anspruch genommene Fläche zwischen der M. Straße und der Z.-Straße in eindeutiger Weise durch die vorhandene gewerbliche Nutzung geprägt wurde, konnten die Mitglieder des Planungsausschusses das Merkmal des "sich Einfügens" im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB nicht vertretbar verneinen. Zutreffend war zwar der rechtliche Ansatz, von dem ausgehend die Mehrheit der Mitglieder des Planungsausschusses nach dem Inhalt ihrer Zeugenaussage die Zulässigkeit des Bauvorhabens verneint hat. Sie haben geprüft, ob das Bauvorhaben des Klägers sich deshalb nicht einfügt, weil es die Belange des Nachbarn W. "rücksichtslos" beeinträchtigt. Jedoch konnten sie das auch aus der damaligen Sicht nicht in vertretbarer Weise annehmen. |
12. |
Nach dem Ergebnis der Augenscheinseinnahme war der vom Kläger geplante Bau für den Nachbarn W. nicht unzumutbar. Wie der Senat selbst festgestellt hat, war der geplante Bau geeignet, bisher auf das Grundstück W. einwirkende Immissionen zu vermindern, wenn er sie auch nicht ganz ausschließen konnten. Zum einen wurde der Produktionslärm weiter abgeschirmt. Zum anderen entfiel der Lkw- Parkplatz mit den typischerweise damit verbundenen Geräuschbelästigungen. Richtig ist zwar, wie die Beklagte anführt, daß nach wie vor Beeinträchtigungen durch Lkw-Verkehr vorhanden sind. Wie auch bei der Ortsbesichtigung feststellbar, halten nach wie vor in der Nähe des Grundstücks W. Lkw's, um dort entladen zu werden. Nichts spricht jedoch dafür, daß die damit verbundenen Geräuschbelästigungen - aus damaliger Sicht - stärker oder häufiger sein würden, als sie früher durch die parkenden Lkw's verursacht wurden. Während des Entladevorgangs laufen die Motoren nicht. Zu berücksichtigen war ferner, daß die Geräuschimmissionen aufgrund der früheren Nutzung als Parkplatz in der unmittelbaren Nähe der Grundstücksgrenze zum Grundstück W. verursacht wurden, während sie infolge der geplanten Errichtung der Halle davon durch einen breiteren Grundstücksstreifen getrennt wurden. |
13. |
cc) Soweit die Zeugen bekundet haben, sie hätten durch ihre Entscheidung verhindern wollen, daß das Grundstück W. "zugebaut" werden sollte, sie hätten verhindern wollen, daß er immer "vor die Wand gucken" mußte, vermag auch dies die Zeugen nicht zu entschuldigen. Mit diesen Gesichtspunkten werden bauordnungsrechtliche Gesichtspunkte angesprochen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes ist davon auszugehen, daß die nachbarlichen Interessen an ausreichender Belichtung, Besonnung und Belüftung in den bauordnungsrechtlichen Vorschriften über die Abstandsflächen konkretisiert sind; darüber hinausgehende Anforderungen köhnen aus den gem. § 34 Abs. 1 BauGB zu prüfenden planerischen Belangen nicht hergeleitet werden (vgl. BVerwG NVWZ 1985, 653). Auch wenn man den Mitgliedern des Planungsausschusses keine eingehende Kenntnis der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes abverlangt, hätten ihnen nach den eingangs geschilderten Anforderungen doch bekannt sein müssen, daß sie das Rücksichtnahmegebot gem. § 34 Abs. 1 BauGB nicht dahin erweitern durften, daß Anforderungen gestellt wurden, die über dasjenige hinausgehen, was das Bauordnungsrecht dem jeweiligen Nachbarn zumutet. |
14. |
dd) Es kommt hinzu, daß den Mitgliedern des Planungsausschusses schon vor ihrer Sitzung vom 12.03.1990 eine Vorlage der Verwaltung vorlag, in der aufgeführt war, daß sich das vom Kläger beantragte Bauvorhaben in die nähere Umgebung einfüge und das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme nicht verletze. Daran waren die Mitglieder des Planungsausschusses nicht gebunden. Sie waren allerdings gehalten - ggf. aufgrund einer gemeinsamen Ortsbesichtigung und Besprechung vor Ort - die Beeinträchtigung des Nachbarn W. durch zusätzlichen Lkw- Verkehr und Geräuschimmissionen mit den mit dem Bau verbundenen Vorteilen zu vergleichen. Das hätte bei pflichtgemäßer Abwägung vor Ort dazu geführt, daß diese nicht so hoch eingeschätzt worden wären, daß daran das vom Kläger geplante, die Bebauung seines Grundstücks abrundende und seine betrieblichen Möglichkeiten erweiternde Bauvorhaben zu seinem Nachteil hätte scheitern müssen. Schließlich durften die Mitglieder des Planungsausschusses in ihre planungsrechtliche Entscheidung keine bauordnungsrechtliche Anforderungen einbringen, die dort nicht gestellt werden. |
15. |
All das gilt umso mehr, wenn den Mitgliedern des Bauausschusses der Prozeß der Nachbarin T. gegen die Beklagte bekannt gewesen ist, wie die Beklagte behauptet. Dort hatte das Verwaltungsgericht M. zwar die vorangegangene Erweiterung der Betriebsgebäude auf die Klage der Nachbarin T. hin als "rücksichtslos" angesehen und dementsprechend die vom Kreis H. erteilte Baugenehmigung aufgehoben. Im gleichen Verfahren war später aber aufgrund einer nach Ortsbesichtigung vom Oberverwaltungsgericht erfolgten Anregung ein Vergleich geschlossen worden, der dem Kläger im wesentlichen die Verfolgung seiner baulichen Ziele ermöglichte. Das hätte signalisieren müssen, daß die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts M. vom Rechtsmittelgericht vermutlich nicht gebilligt worden wäre. Da der vorige Erweiterungsbau die Eigenart der näheren Umgebung wesentlich stärker beeinflußte und die Nachbarn stärker belastete als der vom Kläger 1990 geplante Erweiterungsbau, und in die Belange des Wohnens stärker eingriff, hätte auch dieser Prozeß Anlaß sein müssen, aufgrund einer genaueren Analyse der örtlichen Verhältnisse die nachbarliche Situation zu erfassen und am Ende die Belange des Nachbarn W. gegenüber denjenigen des Klägers anders abzuwägen. |
16. |
c) Daraus folgt, daß die Mitglieder des Planungsausschusses schon bei der Beschlußfassung vom 12.03.1990 schuldhaft in rechtswidriger Weise das gemeindliche Einvernehmen versagt haben. Dies gilt in gleicher Weise für ihre Beschlußfassung vom 13.08.1990. In der Zwischenzeit waren keine Gesichtspunkte aufgetreten, die eine abweichende Entscheidung rechtfertigten. Auf die Frage, ob und in welchem Umfang sich die Mitglieder des Planungsausschusses X. vor ihrer Beschlußfassung noch sachlich mit dem Bauantrag des Klägers befaßt haben, kommt es daher nicht an. |
17. |
3. Auch die weiteren Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruches des Klägers sind gegeben. Er hat es nicht versäumt, den ihm drohenden Schaden durch den Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Wegen seines Schadens hat er nicht die Möglichkeit anderweitigen Ersatzes. |
18. |
Da der Kläger in zweiter Instanz den Berufungsantrag dahin formuliert hat, daß mit dem mit der Klage verfolgten Anspruch Ersatz desjenigen Schadens begehrt wird, der ihm durch die rechtswidrige Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens am 12.03.1990 entstanden ist, hatte sich der Senat mit der vom Kläger behaupteten Dauer der Verzögerung nicht näher auseinanderzusetzen. Klarstellend sei allerdings darauf hingewiesen, daß der der Beklagten anzulastende Verzögerungszeitraum an demjenigen Tag beginnt, an dem bei pflichtgemäßer Entscheidung des Planungsausschusses der beklagten Stadt und weiterer pflichtgemäßer Bearbeitung durch ihre Verwaltung sowie den Kreis H. die Baugenehmigung erteilt worden wäre. Er endet zu demjenigen Zeitpunkt, zu dem nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts - weitere pflichtgemäße Bearbeitung unterstellt die Baugenehmigung tatsächlich erteilt wurde. Soweit der Zeitpunkt der Baugenehmigung im Winter statt im Sommer zu einer Verzögerung bei Baubeginn und/oder Bauausführung geführt haben sollte, wie der Kläger behauptet, wäre dies ebenfalls adäquat kausale Folge der der Beklagten anzulastenden Amtspflichtverletzung, über die im Prozeß um den Grund des Anspruchs - ebenso wie die insoweit evtl. in Betracht kommende Anwendung des § 254 BGB - nicht entschieden zu werden braucht. Dies wird das Landgericht im Rahmen seiner Entscheidung zum Umfang des geltend gemachten Anspruches prüfen und entscheiden müssen. Im Rahmen des Verfahrens über den Grund des Anspruches kommt es darauf nicht an. |