Bayerischer Verfassungsgerichtshof
Entscheidung vom 25.9.2012
- Vf. 17-VI/11
-

(weitere Fundstellen: NVwZ-RR 2013, 1 ff.)

Leitsatz:

 

Verfassungsrechtliche Überprüfung behördlicher und verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen zur Umbenennung einer Straße am Maßstab des im Recht auf Achtung der Menschenwürde verankerten postmortalen Persönlichkeitsrechts und des Willkürverbots.

Zum Sachverhalt:

1.

Auf Antrag einer seiner Fraktionen beschloss der Stadtrat der Landeshauptstadt München am 18. 7. 2007, die Benennung der "Meiser-Straße" aufzuheben. In der Sitzungsvorlage wurde ausgeführt, der sachliche Grund für die Umbenennung bestehe darin, dass der verstorbene frühere Landesbischof Meiser wegen seiner Äußerungen vor, während und nach der Zeit des Nationalsozialismus die durch die Straßenbenennung ihm zuteil gewordene Ehrung nicht (mehr) verdiene. Seine Äußerungen anti-judäischer Art seien sehr gravierend; vor allem habe er erste Äußerungen schon 1926 getätigt. Am 20.2.2008 beschloss der Stadtrat, die "Meiser-Straße" in "Katharina-von-Bora-Straße" umzubenennen. Der Bf., ein Enkel des im Jahre 1956 verstorbenen Landesbischofs Meiser, erhob am 7.3.2008 Klage zum Verwaltungsgericht mit dem Antrag, die Stadtratsbeschlüsse vom 18.7.2007 und vom 20.2.2008 aufzuheben. Das Verwaltungsgericht wies die Anfechtungsklage als unbegründet ab (VG München, Urt. vom 11. November 2008, Az. M 2 K 08.1074). Die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung wies der VGH München zurück(VGH München, Urt. v. 2.3.2010, Az. 8 BV 08.3320) zurück. Die vom Bf. gegen die Nichtzulassung der Revision erhobene Beschwerde wies das BVerwG mit Beschluss vom 17.12.2010 (9 B 60/10) zurück.

 

Aus den Gründen:

III.

2.

Die Verfassungsbeschwerde ist zumindest teilweise unzulässig.

3.

1. Unzulässig ist die Verfassungsbeschwerde jedenfalls, soweit der Beschwerdeführer geltend macht, der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe mit der Annahme der Unzulässigkeit der Anfechtungsklage die Anforderungen an die Darlegung einer Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO überspannt, wegen der diesbezüglichen "Überraschungsentscheidung" das rechtliche Gehör verletzt und damit zugleich gegen das Recht auf ein faires Verfahren und das Gebot effektiven Rechtsschutzes verstoßen. Hinsichtlich dieser auf das (Verwaltungs-)Prozessrecht gestützten Rügen fehlt es bereits an der Erschöpfung des Rechtswegs.

4.

Für die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde nach Art. 120 BV ist es gemäß Art. 51 Abs. 2 Satz 1 VfGHG erforderlich, zuvor den durch die ordentlichen Rechtsmittel gegebenen Rechtsweg zu erschöpfen. Die Verfassungsbeschwerde ist ein letzter außerordentlicher Rechtsbehelf, der nur dann zulässig ist, wenn alle sonstigen verfahrensrechtlichen Möglichkeiten ergriffen worden sind. Zur Erschöpfung des Rechtswegs gehört auch die in den Verfahrensordnungen vorgesehene Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zu einem Bundesgericht (VerfGH vom 3.5.2012).

5.

Der Beschwerdeführer hat zwar mit Schriftsatz vom 11. Mai 2010 beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingelegt. Wie sich aus dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Dezember 2010 Az. 9 B 60.10 ergibt, hat er es aber versäumt, in seinem Antrag auf Zulassung der Revision entsprechende Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise substanziiert darzulegen.

6.

2. Soweit die Verfassungsbeschwerde auf eine Verletzung des durch das Recht auf Achtung der Menschenwürde geschützten postmortalen Persönlichkeitsrechts des am 8. Juni 1956 verstorbenen Landesbischofs Dr. Meiser gestützt wird, erscheint es fraglich, ob der Beschwerdeführer zur Geltendmachung dieser Rechtsposition befugt ist.

7.

Die in 100 BV ebenso wie in Art. 1 Abs. 1 GG aller staatlichen Gewalt auferlegte Verpflichtung, die Menschenwürde zu schützen, endet nicht mit dem Tod (BVerfG vom 24.2.1971 = BVerfGE 30, 173/194; VerfGH vom 4.7.1996 = VerfGH 49, 79/92; Lindner in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, 2009, RdNr. 35 zu Art. 100). Postmortal geschützt wird zum einen der allgemeine Achtungsanspruch, der dem Menschen kraft seines Personseins zusteht, und zum anderen der sittliche, personale und soziale Geltungswert, den die Person durch ihre eigene Lebensleistung erworben hat (vgl. BVerfG vom 5.4.2001 = NJW 2001, 2957/2959; BVerfG vom 22.8.2006 = NJW 2006, 3409). Da die Erinnerung an einen Verstorbenen mit der Zeit verblasst und dementsprechend auch das Schutzbedürfnis schwindet, reicht der grundrechtliche Schutz der Ehre und des Persönlichkeitsbilds allerdings nicht unbeschränkt über das Lebensende hinaus (BVerfGE 30, 173/196; BGH vom 20.3.1968 = BGHZ 50, 133/140 f.; BGH vom 8.6.1989 = NJW 1990, 1986/1988; Dreier in Dreier, GG, 2. Aufl. 2008, RdNr. 75 zu Art. 1 Abs. 1; Kunig in v. Münch, GG, Bd. 1, 6. Aufl. 2012, RdNr. 15 zu Art. 1).

8.

Wie lange der postmortale Schutz fortbesteht, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Auf eine generelle zeitliche Begrenzung kann vor allem deshalb verzichtet werden, weil nach allgemeinem Verständnis nur ein beschränkter Kreis von Personen befugt ist, den Anspruch eines Verstorbenen auf Achtung des postmortalen Persönlichkeitsrechts geltend zu machen (OLG München vom 26.1.1994 = NJW-RR 1994, 925; OLG Köln vom 24.9.1998 = NJW 1999, 1969). Wegen des höchstpersönlichen Charakters dieses Rechts können insoweit – neben den vom verstorbenen Rechtsinhaber noch zu Lebzeiten Berufenen – nur die "nächsten Angehörigen" des Verstorbenen als wahrnehmungsberechtigt angesehen werden (BGHZ 50, 133/140; BGH vom 4.6.1974 = VersR 1974, 1080; OLG München vom 28.7.1989 = NJW-RR 1990, 1435; OLG Köln NJW 1999, 1969; OLG Hamm vom 5.10.2000 = NJW 2002, 609/610). Selbst wenn dazu aus dem Kreis der Verwandten grundsätzlich auch Abkömmlinge zweiten Grades (§ 1589 Abs. 1 Satz 3 BGB) gehören können (vgl. OLG Köln NJW 1999, 1969), dürfte jedenfalls zu fordern sein, dass zwischen dem Verstorbenen und demjenigen Nachkommen, der den postmortalen Persönlichkeitsschutz geltend macht, ein besonderes persönliches Näheverhältnis bestanden hat.

9.

An dieser Voraussetzung dürfte es hier fehlen. Der Beschwerdeführer hat nach eigenen Angaben seinen Großvater, den früheren Landesbischof Dr. Meiser, nicht mehr gekannt, da er erst ein knappes Jahr nach dessen Tod geboren wurde (http://www.landesbischof-meiser.de/downloads/der-gekreuzigte-bischof.pdf S. 8 und 15). Er gehört daher wohl nicht zu den (noch lebenden) "nächsten Angehörigen", die das postmortale Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen gleichsam treuhänderisch wahrnehmen und verteidigen können. Auch wenn er die Verfassungsbeschwerde in enger Abstimmung mit früher geborenen Abkömmlingen erhoben haben sollte, die mit dem damaligen Landesbischof noch in familiärer Gemeinschaft zusammengelebt haben, dürfte er hieraus nicht die Ermächtigung ableiten können, sich gegen eine mögliche Grundrechtsverletzung seines Vorfahren im eigenen Namen zur Wehr zu setzen.

10.

Ob der Beschwerdeführer aus diesem Grund mit der Rüge einer Verletzung des postmortalen Persönlichkeitsrechts (Art. 100 BV) mangels eigener Wahrnehmungszuständigkeit ausgeschlossen ist, sodass nur mehr ein Verstoß gegen das Willkürverbot (Art. 118 Abs. 1 BV) zu prüfen wäre, kann aber dahingestellt bleiben.

IV.

11.

Die Verfassungsbeschwerde ist, soweit sie nicht wegen fehlender Erschöpfung des Rechtswegs bereits als unzulässig anzusehen ist, jedenfalls unbegründet. Das Berufungsurteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 2. März 2010, mit dem eine Verletzung des postmortalen Persönlichkeitsrechts des verstorbenen Landesbischofs Dr. Meiser durch die angefochtenen Beschlüsse des Stadtrats der Landeshauptstadt München vom 18. Juli 2007 und 20. Februar 2008 verneint und damit das klageabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 11. November 2008 im Ergebnis bestätigt wurde, verstößt nicht gegen die zur Prüfung stehenden Vorschriften der Bayerischen Verfassung.

12.

1. Gerichtliche Entscheidungen können im Verfassungsbeschwerdeverfahren nur in engen Grenzen überprüft werden. Der Verfassungsgerichtshof ist kein Rechtsmittelgericht; es ist nicht seine Aufgabe, fachgerichtliche Entscheidungen allgemein auf die Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen, der Auslegung der Gesetze und ihrer Anwendung auf den konkreten Fall zu kontrollieren. Im Rahmen der Verfassungsbeschwerde ist nur zu prüfen, ob das Gericht gegen die vom Beschwerdeführer bezeichneten Normen der Bayerischen Verfassung verstoßen hat, die ein subjektives Recht verbürgen. Hinsichtlich der Anwendung von Landesrecht, hier des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes, ist zu prüfen, ob maßgebende Rechtssätze der Bayerischen Verfassung außer Acht gelassen wurden. Das ist der Fall, wenn das Gericht den Wertgehalt einer ein subjektives Recht verbürgenden Norm der Bayerischen Verfassung und ihre in das einfache Recht hineinwirkende Bedeutung – ihre Ausstrahlungswirkung – verkannt hat (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 15.7.2005 = VerfGH 58, 168/174; VerfGH vom 15.3.2007 = VerfGH 60, 58/61 f.; VerfGH vom 16.5.2011 Vf. 73-VI-10; VerfGH vom 26.5.2011). Dieselben Grundsätze gelten für die Überprüfung von Verwaltungsakten, die Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens gewesen und in diesem Verfahren nicht beanstandet worden sind (VerfGH vom 4.7.2005 = VerfGH 58, 161/164).

13.

2. Im Rahmen dieser eingeschränkten Prüfung kann ein Verfassungsverstoß durch die angegriffenen behördlichen und gerichtlichen Entscheidungen nicht festgestellt werden.

14.

a) Die das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs tragende Begründung, aus der Umbenennung einer Straße könne sich für den ursprünglichen Namensgeber noch keine mögliche Rechtsverletzung ergeben, da ihm hierdurch keine geschützte Rechtsposition entzogen werde und seine Belange – anders als die der Straßenanlieger – auch nicht in die gebotene Ermessensentscheidung einzustellen seien, ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Mit dieser Auslegung der für die Straßenbenennung maßgebenden einfachgesetzlichen Bestimmung des Art. 52 Abs. 1 BayStrWG hat der Verwaltungsgerichtshof weder die Ausstrahlungswirkung des im Recht auf Achtung der Menschenwürde (Art. 100 BV) verankerten postmortalen Persönlichkeitsrechts verkannt noch gegen das im Gleichheitsgrundsatz (Art. 118 Abs. 1 BV) wurzelnde allgemeine Willkürverbot verstoßen.

15.

aa) Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Klage war nicht eine Verpflichtung zum Widerruf oder zur Unterlassung abträglicher Äußerungen über den verstorbenen Landesbischof, sondern der im Wege einer Anfechtungsklage verfolgte Antrag, die vom Stadtrat der Beklagten am 18. Juli 2007 und 20. Februar 2008 beschlossene und durch Bekanntmachung als Allgemeinverfügung (Art. 35 Satz 2 Alt. 2 BayVwVfG) nach außen hin vollzogene Umbenennung der Meiserstraße in Katharina-von-Bora-Straße aufzuheben und damit dem ursprünglichen Straßennamen wieder Geltung zu verschaffen. Entsprechend diesem klägerischen Begehren hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der Klagebefugnis geprüft, ob durch den sachbezogenen Verwaltungsakt der Umbenennung, der sich aus der Aufhebung der vorher bestehenden Benennung und der Neubenennung der Straße zusammensetzt, subjektive Rechte des früheren Namensgebers verletzt werden könnten. Er ist hierbei anknüpfend an seine frühere Rechtsprechung (vgl. BayVGH vom 8.9.1982 = VGH n. F. 35, 156/158) zu dem Ergebnis gelangt, dass die den Gemeinden erteilte Befugnis, den öffentlichen Straßen Namen zu geben (Art. 52 Abs. 1 BayStrWG), allein ordnungsrechtlichen Zwecken diene, sodass dadurch für einzelne Personen keine geschützten Rechtspositionen, sondern lediglich tatsächliche Vorteile begründet würden.

16.

Dieses Gesetzesverständnis, wonach sich aus Art. 52 Abs. 1 BayStrWG jedenfalls kein unmittelbarer Anspruch auf Beibehaltung eines bestehenden Straßennamens ergibt, findet im Wortlaut der Bestimmung eine hinreichende Grundlage und wird auch vom Beschwerdeführer nicht grundsätzlich infrage gestellt. Er wendet sich jedoch dagegen, dass den Namensgebern von Straßen bei deren späterer Umbenennung nicht einmal ein Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung und damit auf Berücksichtigung ihrer persönlichen (Bestands-)Interessen zugebilligt wird, wie es für die Anlieger der Straßen mittlerweile ganz überwiegend anerkannt ist (vgl. BayVGH vom 19.2.1988 = VGH n. F. 41, 26/28) und auch in der angegriffenen Entscheidung nochmals bestätigt wird. Diese Schlechterstellung der Namensgeber gegenüber den Anliegern lässt sich aber sachlich rechtfertigen, da die beiden Personengruppen von der Umbenennung in ungleicher Weise betroffen sind.

17.

Das Recht der Anwohner einer Straße, dass die Gemeinde bei der Namensänderung ihre Interessen mitabwägt, wird damit begründet, dass die Änderung des Straßennamens für die Anwohner eine Vielzahl von Nachteilen tatsächlicher und rechtlicher Art (§ 126 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB; Art. 3 Abs. 1 Nr. 11 MeldeG; § 5 Abs. 2 Nr. 9 PAuswG) zur Folge haben könne (VGH n. F. 41, 26/28; BayVGH vom 16.5.1992 = BayVBl 1995, 726). Es sei daher davon auszugehen, dass der Gesetzgeber das in Art. 52 Abs. 1 BayStrWG eingeräumte Ermessen gerade auch im Hinblick auf die Belange der Anlieger vorgesehen habe. Bei der (Um-)Benennung einer Straße sei somit auch das Interesse in Betracht zu ziehen, dass die Ordnungsfunktion des verliehenen Namens gewahrt bleibe und die Anwohner nicht unzumutbar belastet würden (BayVGH BayVBl 1995, 726/727; BayVGH vom 15.4.1999 Az. 8 B 95.589).

18.

Für denjenigen, nach dem eine Straße benannt wurde, kann sich die spätere Umbenennung nicht in ähnlicher Weise nachteilig auswirken. Bei ihm ist die Straßenbezeichnung – anders als bei den Anliegern – nicht Teil der seiner Identifizierung dienenden Wohnanschrift; sie hat insoweit keinen Bezug zur persönlichen Lebenssphäre.

19.

bb) Soweit die Gemeinden ihre Straßen nach (meist schon verstorbenen) Persönlichkeiten benennen, verfolgen sie damit über die reine Ordnungsfunktion hinaus zwar auch die Absicht, verdienten Bürgerinnen und Bürgern eine besondere Ehre zu erweisen. Allein wegen dieses von der Ermessensbestimmung des Art. 52 Abs. 1 BayStrWG gedeckten Nebenzwecks (vgl. Schmid in Zeitler, BayStrWG, RdNr. 1 zu Art. 52 m. w. N.) müssen aber die jeweiligen Namensgeber noch nicht als berechtigt angesehen werden, sich gegen spätere Umbenennungen "ihrer" Straßen auch auf gerichtlichem Weg zur Wehr setzen und dabei eine Berücksichtigung ihrer Belange verlangen zu können. Dies wäre von Verfassungs wegen nur geboten, wenn die genannten Personen durch die Namensänderung in einem eigenen Recht betroffen wären. Mit der Wahl eines personenbezogenen Straßennamens wollen die Gemeinden aber lediglich ihre besondere Wertschätzung der betreffenden Person öffentlich zum Ausdruck bringen, also eine schlicht-hoheitliche Ehrenerklärung abgeben. Sie wollen damit nicht zugleich für den Geehrten einen rechtlich geschützten persönlichen Sonderstatus begründen, wie es etwa bei der Verleihung von Titeln, Orden oder Ehrenzeichen geschieht, die nur unter bestimmten Voraussetzungen wieder entzogen oder aberkannt werden können (vgl. § 4 OrdenG).

20.

Auch die Verwaltungspraxis der Landeshauptstadt München lässt nicht erkennen, dass den namensgebenden Personen mit der Bezeichnung der jeweiligen Straße, die durch adressatlosen Verwaltungsakt erfolgt, ein einklagbares Recht auf fortdauernde Verwendung ihrer Namen oder zumindest auf ermessensfehlerfreie Berücksichtigung ihrer Interessen bei künftigen Namensänderungen gewährt werden sollte. Eine solche Anreicherung der gemeindlichen Benennungsbefugnis um subjektiv-rechtliche Elemente findet sich insbesondere nicht in den in der Beschlussvorlage des Kommunalausschusses vom 25. September 2003 erläuterten Grundsätzen, nach denen frühere Umbenennungen erfolgten. Da der dazu gefasste Beschluss des Ausschusses sich nur auf die zuvor diskutierte "Entkolonialisierung der Münchner Straßen" bezog, kann auch nicht angenommen werden, dass er für alle künftige Namensänderungen verwaltungsintern verbindliche "Leitlinien" festschreiben sollte, zumal die Vollversammlung des Stadtrats daran ohnehin nicht gebunden gewesen wäre. Selbst wenn jedoch die Landeshauptstadt in der Vergangenheit nur unter engeren Voraussetzungen als im Fall Meiser Straßenbezeichnungen aufgehoben haben sollte, die an bestimmte Personen erinnern, ergäbe sich daraus im vorliegenden Fall noch kein rügefähiger Gleichheitsverstoß. Denn einen Anspruch auf gleiche Ermessensausübung durch eine Behörde hat nur derjenige, der durch das behördliche Handeln in einem subjektiven Recht betroffen ist (vgl. Rüfner in Bonner Kommentar zum Grundgesetz, RdNr. 158 zu Art. 3 Abs. 1).

21.

cc) Eine mögliche (Grund-)Rechtsverletzung lässt sich entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers auch nicht damit begründen, dass mit der Umbenennung der Meiserstraße die in dieser Bezeichnung liegende Ehrung rückgängig gemacht werde, worin für den verstorbenen Landesbischof eine "Entehrung" liege, die sein postmortales Persönlichkeitsrecht verletze. Bei dieser Argumentation wird übersehen, dass allein mit dem Entschluss zur Änderung eines Straßennamens noch kein (negatives) Werturteil über diejenige Person abgegeben wird, nach der die Straße zuvor benannt war. Hebt eine Gemeinde im Zusammenhang mit einer Neubenennung den bisherigen Straßennamen auf, so erklärt sie damit gegenüber der Öffentlichkeit, dass sie an ihrer früheren Entscheidung, dem Namensgeber in dieser Form eine besondere Ehre zu erweisen, für die Zukunft nicht mehr festhält.

22.

Um einen – aus der angefochtenen Umbenennung folgenden – faktischen Grundrechtseingriff darzutun, genügt hier auch nicht der Hinweis auf die in der Sitzungsvorlage Nr. 02-08/V 10389 enthaltene kritische Bewertung der Persönlichkeit des bisherigen Namensgebers, vor deren Hintergrund der Stadtrat am 18. Juni 2007 nach kontroverser Debatte die Entnennung der Straße beschlossen hat. Ob durch bestimmte Aussagen in der schriftlichen Sitzungsvorlage der Kommunalreferentin tatsächlich das postmortale Persönlichkeitsrecht des früheren Landesbischofs verletzt wurde, bedurfte im Rahmen der erhobenen Anfechtungsklage keiner Prüfung. Denn in einem solchen Grundrechtsverstoß läge noch keine Verletzung einer verfahrens- oder materiellrechtlichen Anforderung an die Umbenennung nach Art. 52 Abs. 1 BayStrWG, die zur Rechtswidrigkeit dieses sachbezogenen Verwaltungsakts und damit zu dessen gerichtlicher Aufhebung führen könnte.

23.

Gegenstand der Beschlussfassung im Stadtrat war, wie aus dem Protokoll der Sitzung vom 18. Juli 2007 hervorgeht (S. 142), nur der in der Vorlage unter Punkt "II." formulierte Antrag auf Aufhebung der bestehenden Straßenbenennung Meiserstraße, nicht dagegen der unter Punkt "I." abgedruckte Vortrag der Referentin, in dem auf mehr als sieben Druckseiten der Sachverhalt dargestellt und im Sinn des Beschlussvorschlags inhaltlich gewürdigt wurde. Die dort angeführten Gründe für eine Umbenennung der Straße wurden auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt herangezogen, um die Stadtratsentscheidung zu begründen; bei der im Amtsblatt der Landeshauptstadt öffentlich bekannt gemachten Allgemeinverfügung zur Änderung des Straßennamens wurde vielmehr nach Art. 39 Abs. 2 Nr. 5 BayVwVfG von einer formellen Begründung gänzlich abgesehen.

24.

Soweit der Beschwerdeführer einzelne Aussagen in der Sitzungsvorlage Nr. 02-08/V 10389 für ehrenrührig oder sachlich unzutreffend hält, beruft er sich demnach nicht auf eine Grundrechtsverletzung, die sich aus dem Regelungsinhalt der angefochtenen Verfügung oder der Art und Weise ihrer Bekanntgabe ergibt. Er macht vielmehr geltend, dass bereits während des auf die Umbenennung abzielenden Verwaltungsverfahrens – unabhängig von der späteren Sachentscheidung – durch öffentliche Äußerungen von Amtsträgern das postmortale Persönlichkeitsrecht des verstorbenen Landesbischofs als eines nicht am Verfahren Beteiligten verletzt worden sei. Dass gerichtlicher Rechtsschutz hiergegen nach der Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nicht im Rahmen einer Anfechtungsklage gegen die Umbenennung gewährt werden kann, sondern eine (auf den grundrechtlichen Abwehr- bzw. Folgenbeseitigungsanspruch gestützte) Unterlassungsklage voraussetzt, entspricht der verwaltungsprozessualen Regelung des § 44 a Satz 2 Alt. 2 VwGO und kann schon aus diesem Grund nicht als willkürliche oder offensichtlich sachwidrige Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen angesehen werden (vgl. U. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, RdNr. 32 zu § 39).

25.

b) Die Verfassungsbeschwerde hat demnach schon deshalb keinen Erfolg, weil die im Urteil des Verwaltungsgerichtshofs getroffene Feststellung der Unzulässigkeit der Anfechtungsklage verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Ob die Klage darüber hinaus auch als unbegründet abgewiesen werden durfte, bedarf hier somit keiner Entscheidung.