Bundesverwaltungsgericht
Beschluss vom 1.3.1978
- 7 B 144/76
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 (weitere Fundstellen: NJW 1978, 1539 f.)

 

 

Tatbestand

1.

Die Kl., die u. a. als private Wohnungsvermittlerin tätig ist, wandte sich dagegen, daß die bekl. Stadt M. ebenfalls Wohnungsvermittlung betreibt und dadurch sie, die Kl., in ihren Wettbewerbschancen erheblich beeinträchtige, weil die Bekl. für die Vermittlung einer Wohnung eine Gebühr in Höhe einer halben Nettomonatsmiete erhebe, während sie, die Kl., ebenso wie die anderen privaten Wohnungsvermittler in M. genötigt sei, eine Provision in Höhe von zwei Monatsmieten zu verlangen. Die Kl. beantragte, der Bekl. zu untersagen, Wohnungen zu vermitteln, die nicht dem Gesetz zur Sicherung der Zweckbestimmung von Sozialwohnungen unterliegen. Klage und Berufung waren ohne Erfolg. Auch die Beschwerde, mit der die Kl. die Zulassung der Revision erstrebt hatte, wurde zurückgewiesen.

 

Aus den Gründen:

2.

Die von der Kl. allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung i. S. des § 132 II Nr. 1 VwGO kommt der Rechtssache nicht zu. Für grundsätzlich bedeutsam hält die Kl. die Frage, ob das einem privaten Unternehmer durch Art. 2, 12 und 14 GG gewährleistete Grundrecht auf wirtschaftliche Dispositionsfreiheit verletzt werde, wenn ihm die öffentliche Hand Konkurrenz mache und ihn hierbei mit Hilfe öffentlicher Mittel unter Inkaufnahme von Verlusten und unter Außerachtlassung der betriebs- und volkswirtschaftlichen Sachgesetzlichkeiten unterbiete; grundsätzlich klärungsbedürftig sei weiter die Frage, ob die einseitige Subventionierung eines in öffentlicher Hand befindlichen Unternehmens zu Lasten der Privatwirtschaft gegen Art. 3 GG verstoße.

3.

Die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen sind angesichts der vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung in dem für die Entscheidung erheblichen Umfang hinreichend geklärt und geben daher der Sache keine grundsätzliche Bedeutung mehr. Das Berufungsurteil beruht in erster Linie auf der Erwägung, daß Art. 89 III 3 BayGO i. d. F. vom 5.12. 1973 (GVBl S. 599), aufgrund dessen Gemeinden, in denen die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist, mit Genehmigung der örtlich zuständigen Regierung Wohnungen vermitteln können, der Kl. kein subjektives öffentliches Recht und damit keinen Rechtsanspruch auf Einhaltung der dort für die Wohnungsvermittlung einer Gemeinde geforderten Voraussetzungen gibt. Dieses Verständnis des Art. 89 III 3 BayGO betrifft die Auslegung von Landesrecht und kann der Sache, was die Kl. auch nicht geltend macht, keine grundsätzliche Bedeutung geben. Der VGH hat weiter untersucht, ob durch die – vom VG verneinte, vom VGH nicht untersuchte, aber zugunsten der Kl. unterstellte – Verletzung objektiven Rechts, hier des Art. 89 III 3 BayGO, Grundrechte der Kl. verletzt worden sind. Er hat dies verneint, ohne damit grundsätzlich klärungsbedürftige Fragen aufzuwerfen.

4.

Was die von der Beschwerde in erster Linie angesprochenen Art. 2, 12 und 14 GG anlangt, so hat der VGH zutreffend ausgeführt, daß diese Grundrechte der Kl. weder einzeln noch in ihrer Zusammenschau einen Anspruch auf Unterlassung der Wohnungsvermittlung durch die Bekl. geben. Was den Art. 2 GG betrifft, so hat der beschließende Senat in BVerwGE 30, 191 (198)= NJW 1969, 522 die Wettbewerbsfreiheit als durch Art. 21 GG geschützt angesehen und diese Vorschrift als Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Aufhebung einer einem Konkurrenten gewährten Subvention, als die im vorliegenden Fall eine Art Subvention der Bekl. an sich selbst angenommen werden könnte, herangezogen. Der Senat hat aber eine solche Klage – dort die Aufhebung der Subventionsbewilligung, der hier der Anspruch auf Unterlassung der nach Meinung der Kl. unzulässig eigensubventionierten Wohnungsvermittlungstätigkeit der Bekl. entspricht – deswegen nicht für begründet gehalten, weil die Wettbewerbsfreiheit des Handels nicht in einem für die damalige Kl. „unerträglichen Maße eingeschränkt" (BVerwGE 30, 191 [198] = NJW 1969, 522) und die Kl. durch die Subventionierung ihrer Konkurrenten bei ihren Wettbewerbsmöglichkeiten nicht unzumutbar geschädigt worden war (BVerwGE 30, 191 [199] = NJW 1969, 522). Daß diese Voraussetzungen hier ebenfalls nicht vorliegen, ergibt sich aus den von der Beschwerde nicht beanstandeten tatsächlichen Feststellungen des VGH, wonach durch die Bekl. weder ein Verdrängungswettbewerb stattfindet noch – „bei einem Marktanteil der kommunalen Wohnungsvermittlung in M. von 5%" – von einer Auszehrung der Konkurrenz die Rede sein kann. Allerdings hat die erwähnte Entscheidung des Senats im Schrifttum Widerspruch erfahren, der sich jedoch nur gegen die rechtliche Konstruktion, und zwar dagegen richtet, daß der Senat den Art. 21 GG statt der spezielleren Art. 3, 12 oder 14 GG als Anspruchsgrundlage herangezogen hat; im Ergebnis waren sich auch die Kritiker mit der Entscheidung des Senats einig (vgl. R. Scholz, NJW 1969, 1045 zu d, Sehne, NJW 1969, 1266, Mößner, JuS 1971, 136; vgl. ferner zur Zulässigkeit kommunaler Konkurrenz auf dem Gebiet der Wohnungsvermittlung Bulla, DVB1 1975, 649 zu 2 und Rocke, DVBl 1973, 400, 404; ebenso Zumpe, Rechtliche Grenzen der kommunalen Wohnraumvermittlung, 1976, S.63-66). In der Rechtsprechung des BVerwG (vgl. BVerwGE 39, 329 [336 f.]) und – wie sich aus dem vorstehend Gesagten ergibt – im Schrifttum ist ebenfalls anerkannt, daß Art. 12 I GG nicht vor Konkurrenz schützt, auch nicht vor dem Wettbewerb der öffentlichen Hand. Das gilt umso mehr, als hier die Tätigkeit der Gemeinde durch öffentliche Zwecke gerechtfertigt ist, nämlich nach den Feststellungen des BerGer. und seiner Würdigung „sozialpolitischen Belangen Rechnung trägt". Für einen Verstoß gegen Art. 14 I GG ist nichts ersichtlich. Auch Art. 14 GG schützt nicht vor einem neuen Konkurrenten; der in der Rechtsprechung des BVerwG gemachte Vorbehalt für den Fall, daß der Konkurrent durch behördliche Maßnahme eine Monopolstellung erlangt (BVerwGE 39, 329 [337]), liegt hier nicht vor. Schließlich ist auch der Gleichheitssatz des Art. 3 I GG nicht verletzt. Die sozialpolitischen Belange, von denen der VGH – von der Beschwerde unbeanstandet – spricht, stellen einen hinreichenden Grund für die mit öffentlichen Mitteln betriebene Tätigkeit der Bekl. auf dem Gebiet der Wohnraumvermittlung dar. Dabei kann offenbleiben, ob hier überhaupt von einer nennenswerten Eigensubventionierung gesprochen werden kann angesichts der im Verfahren wiederholt aufgestellten Behauptung der Bekl., daß „die bisher angefallenen Kosten in erster Linie Investitionsausgaben" darstellen.