Bundesverwaltungsgericht
Urteil vom 10.9.1976
- 4 C 39/
74 -

 (weitere Fundstellen: BVerwGE 51, 121 ff. und NJW 1977, 400 ff.)

 

 

Leitsätze

1.

Die Zulässigkeit einer Veränderungssperre setzt nicht voraus, daß schon der ihr zugrunde liegende Beschluß, einen Bebauungsplan aufzustellen, über den Inhalt der angestrebten Planung Aufschluß gibt. Eine Veränderungssperre ist allerdings unzulässig, wenn zur Zeit ihres Erlasses der Inhalt der beabsichtigten Planung noch in keiner Weise abzusehen ist.

2.

Eine Veränderungssperre begegnet nicht schon deshalb Bedenken, weil sie nur für wenige Grundstücke oder gar für nur ein einziges Grundstück erlassen wurde.

3.

Eine Veränderungssperre ist nicht deshalb unwirksam, weil die durch sie gesicherte Planung auf gesamtstädtische oder überörtliche Gesichtspunkte zurückgeht, solange nur in einer insbesondere mit § 1 BBauG übereinstimmenden Weise gesichert ist, daß die Planung die Zulässigkeit der baulichen oder sonstigen Nutzung in dem von ihr erfaßten Gebiet regeln soll.

4.

Die Verlängerung und die Erneuerung einer Veränderungssperre schließen sich als Möglichkeiten nicht gegenseitig aus.

5.

Die Erneuerung einer Veränderungssperre ist vom Ablauf des dritten (Sperr-)Jahres an nur unter "besonderen Umständen" zulässig.

6.

Besondere Umstände, die eine zweite Verlängerung der Veränderungssperre oder eine das dritte(Sperr-)Jahr überschreitende Erneuerung der Veränderungssperre gestatten, liegen nur vor, wenn die Verzögerung des Planverfahrens durch eine ungewöhnliche Sachlage verursacht worden ist und der Gemeinde im Zusammenhang damit nicht der Vorwurf eines Fehlverhaltens gemacht werden kann.

7.

Eine der Veränderungssperre vorangegangene förmliche oder faktische Zurückstellung ist nach § 17 Abs 1 S 2 BBauG nur demjenigen gutzubringen, zu dessen Lasten sie erfolgt ist.

 

 

 

Zum Sachverhalt:

1.

Der Kläger und seine Ehefrau sind Erbbauberechtigte des Grundstücks München, M.-straße 8. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des im November 1965 in Kraft getretenen Bebauungsplanes Nr. 31 b c. Es ist unbebaut, nachdem seine vormalige Bebauung im Zuge der Anlegung des Altstadtringes abgerissen worden ist. Die Beigeladenen sind Eigentümer benachbarter Grundstücke.

2.

Der Kläger möchte das Grundstück M.-straße 8 mit einem sechsgeschossigen Wohn- und Geschäftshaus bebauen. Das Vorhaben stimmt im Kern mit den Festsetzungen des Bebauungsplanes überein, weicht von ihnen jedoch in seinem Standort und im Maß der baulichen Ausnutzung ab: Nach dem Bebauungsplan liegt die westliche Baugrenze bereits auf dem benachbarten Grundstück. Das Vorhaben des Klägers reicht demgegenüber nur bis zur westlichen Grundstücksgrenze und überschreitet dafür – im Sinne einer Verschiebung des Baukörpers in östlicher Richtung – die östliche, zum Altstadtring hin festgesetzte Baulinie um teilweise etwa 7 m und teilweise etwa 5 m. Außerdem soll im Zusammenhang mit der Verschiebung des Baukörpers das festgesetzte Maß der baulichen Nutzung geringfügig überschritten werden.

3.

Der Kläger suchte bei der Beklagten mit einem am 4. August 1970 noch einmal geänderten Antrag vom 14. Mai 1970 um die Erteilung der Baugenehmigung nach. Dem waren seit etwa 1967 zahlreiche Besprechungen und Abstimmungen mit der Verwaltung der Beklagten vorangegangen. Das ist in seinen Einzelheiten streitig. Jedenfalls unterstützte die Verwaltung der Beklagten das Vorhaben des Klägers, hielt aber, um die bebauungsrechtliche Zulässigkeit zu erreichen, eine Änderung des Bebauungsplanes für erforderlich. Ein Verfahren zur Änderung des Bebauungsplanes wurde auch eingeleitet. Es ist jedoch bisher nicht zum Abschluß gekommen.

4.

Die Beklagte lehnte den Bauantrag des Klägers durch Bescheid vom 10. Februar 1971 unter Berufung auf § 30 des Bundesbaugesetzes vom 23. Juni 1960 (BGBl. I S. 341) – BBauG – ab: Die Überschreitung der östlichen Baulinie sowie des Maßes der baulichen Nutzung widerspreche dem Bebauungsplan. Eine Befreiung könne nicht gewährt werden; dem stehe die besondere städtebauliche Situation des Grundstücks entgegen.

5.

Der Kläger hat im März 1971 Klage mit dem Antrag erhoben, die Beklagte unter Aufhebung des ergangenen Bescheides zur Genehmigungserteilung, hilfsweise, sie zur Erteilung auch entsprechender Befreiungen zu verpflichten.

6.

Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 8. September 1971 die Beklagte zur Erteilung der vom Kläger begehrten Genehmigung verpflichtet. Es hat angenommen, daß der Kläger, soweit sein Vorhaben mit den Festsetzungen des Bebauungsplanes nicht übereinstimme, Anspruch auf Befreiung habe.

7.

Gegen diese Entscheidung hat die Beklagte Berufung eingelegt. Während der Anhängigkeit des Berufungsverfahrens beschloß der Stadtrat der Beklagten am 2. Februar 1972, den Bebauungsplan Nr. 31 b c in seinem hier interessierenden Bereich abzuändern und für dieses Gebiet einen neuen Bebauungsplan Nr. 867 aufzustellen. Dazu führt das Urteil des Berufungsgerichts aus: Der Beschluß stehe im Zusammenhang mit weitergehenden Überlegungen, die die Beklagte zur künftigen städtebaulichen Gestaltung des Altstadtringes Nord-Ost anstelle. Zur Erarbeitung der Grundsätze für die Gestaltung des Altstadtringes sei ein städtebaulicher Ideenwettbewerb durchgeführt worden. Die Festsetzungen des neuen Bebauungsplanes sollten sich später am Ergebnis dieses Wettbewerbs orientieren. Die während der Anhängigkeit des Berufungsverfahrens erzielten Wettbewerbsergebnisse seien zum Gegenstand einer in dem Sinne offenen Planung gemacht worden, daß man Vertreter der Bürgerschaft, Interessenverbände, Fachstellen sowie städtische und staatliche Dienststellen an der Auswertung der Ergebnisse beteiligt habe. Die offene Planung ihrerseits habe übereinstimmend zu dem Ergebnis geführt, daß im Bereich der Kreuzung zwischen M.-straße und dem Altstadtring das Forum der M.- straße geschlossen werden solle. In der Frage jedoch, wie diese Schließung im einzelnen durchzuführen und wie daher auch das Grundstück M.-straße 8 zu bebauen sei, gingen die Lösungsvorschläge weit auseinander. Sie reichten von einer bloßen Überbrückung des Altstadtringes durch zurückgesetzte Fußgängerüberführungen bis zu einer völligen Überbauung des Altstadtringes in Fortsetzung der an der M.-straße bestehenden Baufluchten.

8.

Zur Sicherung der auf den Erlaß des Bebauungsplanes Nr. 867 gerichteten Änderung des Bebauungsplanes Nr. 31 b c verhängte die Beklagte während der Anhängigkeit des Berufungsverfahrens zwei – allein das Grundstück M.-straße 8 betreffende – Veränderungssperren: Durch Satzung vom 18. April 1972 wurde eine Sperre erlassen, die entsprechend der in ihr enthaltenen Befristung am 10. Februar 1973 wieder außer Kraft trat. Durch Satzung vom 24. Januar 1973 wurde eine erneute Veränderungssperre verhängt, die am 28. Februar 1973 wirksam wurde und auf den 10. Februar 1974 befristet war.

9.

Das Berufungsgericht hat durch Urteil vom 23. August 1973 das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Diese Entscheidung stützt sich auf die erneute Veränderungssperre vom 24. Januar 1973.

10.

Während der Anhängigkeit des Revisionsverfahrens hat die Beklagte für das Grundstück des Klägers weitere Veränderungssperren erlassen.

11.

Zunächst hat sie – noch vor der Zustellung des angefochtenen Urteils – durch Satzung vom 4. Januar 1974 die erneute Veränderungssperre vom 24. Januar 1973 um ein Jahr, d. h. bis zum 10. Februar 1975, verlängert. Sodann hat sie durch Satzung vom 23. April 1975 wiederum eine erneute Veränderungssperre verhängt, die vom 9. Mai 1975 an – dem Tag ihrer Bekanntmachung – für ein Jahr gelten sollte. Schließlich hat sie durch Satzung vom 7. Mai 1976 wiederum eine erneute Sperre beschlossen, die ein Jahr nach der Bekanntmachung außer Kraft treten soll.

12.

Die Revision führte zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

 

Aus den Gründen

13.

Die Abweisung der Klage läßt sich zumindest wegen des inzwischen eingetretenen Zeitablaufs nicht mehr auf die Erwägungen stützen, mit denen sie im angefochtenen Urteil begründet worden ist.

14.

Abzustellen ist bei der revisionsgerichtlichen Beurteilung auf die Rechtslage, auf die das Berufungsgericht abzustellen hätte, wenn es zu dieser Zeit entschiede (vgl. BVerwGE 41, 227 [230 f.]). Wäre erst jetzt im Berufungsverfahren zu entscheiden, könnte das Berufungsgericht die Abweisung der Klage nicht auf die im angefochtenen Urteil angegebenen Gründe stützen, ohne dadurch Bundesrecht zu verletzen (vgl. § 137 Abs. 1 VwGO). Das angefochtene Urteil beruht ausschlaggebend auf der Annahme, daß die Klage an der durch die Satzung vom 24. Januar 1973 verhängten Veränderungssperre scheitern müsse. Diese Annahme vermag infolge Zeitablaufs das angefochtene Urteil nicht mehr zu tragen. Die erneute Veränderungssperre vom 24. Januar 1973 ist im Februar 1974 außer Kraft getreten. Sie kann daher gegenwärtig dem Erfolg der Klage nicht mehr entgegenstehen.

15.

Das angefochtene Urteil wäre gleichwohl im Ergebnis richtig und dementsprechend die Revision nach § 144 Abs. 4 VwGO zurückzuweisen, wenn die Klage auch nach der nunmehr maßgebenden Rechtslage unbegründet sein sollte. Das läßt sich jedoch auf der Grundlage des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts abschließend nicht sagen. Daher muß das angefochtene Urteil aufgehoben und dem Berufungsgericht durch eine Zurückverweisung der Sache zur weiteren Sachaufklärung Gelegenheit gegeben werden (vgl. § 144 Abs. 3 Nr. 2 VwGO).

16.

Gegenstand des Verfahrens ist eine auf die Erteilung einer Genehmigung gerichtete Verpflichtungsklage. Ob sie – gegenwärtig – begründet ist, hängt, soweit dafür die von der Beklagten verhängten Veränderungssperren von Belang sind, davon ab, ob die erneute Veränderungssperre vom 7. Mai 1976 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 BBauG die von ihr in Anspruch genommene (Sperr-)Wirkung äußert. Auf diese Veränderungssperre ist in der vorliegenden Entscheidung abzustellen (vgl. dazu insbesondere die Urteile vom 2. Juli 1963 – BVerwG I C 110.62 – in Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 6 S. 14 [15], vom 7. Februar 1964 – BVerwG I C 104.61 – in Buchholz 406.11 § 31 BBauG Nr. 1 S. 1 [3], vom 11. November 1970 – BVerwG IV C 79.68 – in Buchholz 406.11 § 17 BBauG Nr. 1 S. 1 f., vom 1. Dezember 1974 – BVerwG IV C 6.71 – [a.a.O.] sowie die Beschlüsse vom 1. Dezember 1967 – BVerwG IV B 11.67 – in Buchholz 406.11 § 14 BBauG Nr. 2 S. 3 [5] und vom 11. Dezember 1967 – BVerwG IV B 25.67 – in Buchholz 406.11 § 14 BBauG Nr. 3 S. 6 [7]).

17.

Bedenken gegen den formgerechten Erlaß der Veränderungssperre vom 7. Mai 1976 sind derzeit nicht ersichtlich, lassen sich jedoch, da dem im vorliegenden Verfahren wegen der ohnedies gebotenen Zurückverweisung nicht näher nachgegangen zu werden brauchte, auch nicht ohne weiteres ausschließen. Das Berufungsgericht wird – erforderlichenfalls – prüfen müssen, ob die Satzung über die Veränderungssperre vom 7. Mai 1976 allen formellen Anforderungen genügt.

18.

Bei der in Rede stehenden Sperre handelt es sich um eine sogenannte erneute Veränderungssperre im Sinne des § 17 Abs. 3 BBauG. Eine solche Sperre ist nur zulässig, "wenn die Voraussetzungen für ihren Erlaß fortbestehen" (a.a.O.). Mithin erfordert eine solche Sperre zumindest, daß die allgemeinen – an jede Veränderungssperre zu stellenden – Voraussetzungen erfüllt sind. Diese allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich vornehmlich aus § 14 Abs. 1 BBauG: Eine Veränderungssperre darf nur "zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich" erlassen werden, und sie darf dies frühestens dann, wenn "die Gemeinde beschlossen" hat, "einen Bebauungsplan aufzustellen, zu ändern, zu ergänzen oder aufzuheben". Die Revision meint, daß die Veränderungssperre vom 7. Mai 1976 schon an diesen Anforderungen scheitern müsse. Dem ist nicht zu folgen.

19.

Ein Planänderungs- und zugleich Planaufstellungsbeschluß liegt, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, seit dem 2. Februar 1972 vor. Das räumt auch die Revision ein. Sie hält indessen diesen Beschluß unter Hinweis auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. Februar 1972 (BGHZ 58, 124) für nicht ausreichend, weil er nicht den Inhalt der mit ihm eingeleiteten und angestrebten Planung aufzeige. Ob der Beschluß vom 2. Februar 1972 in dieser Richtung in der Tat nichts erkennen läßt, mag auf sich beruhen. Für die Begründetheit der Klage läßt sich daraus jedenfalls nichts gewinnen. Das Gesetz verlangt nicht, daß der Planaufstellungsbeschluß (einschließlich seiner Anlagen) selbst Aussagen über den Inhalt der beabsichtigten Planung machen müsse. Es fehlt auch an einem überzeugenden Grund, die gesetzliche Regelung in diesem Sinne – einschränkend – auszulegen. Als Rechtfertigung in Betracht kommen könnte allenfalls die Überlegung, daß den von einer Planung betroffenen Grundstücken nicht die mit einem Planverfahren zusammenhängenden Nachteile zugemutet werden dürfen, wenn und solange noch unbestimmt ist, welchen Inhalt der in Aussicht genommene Bebauungsplan haben soll. Aus dieser Erwägung läßt sich jedoch zugunsten eines sich auf den Planaufstellungsbeschluß richtenden Konkretisierungserfordernisses nichts herleiten. Denn ein solcher Beschluß äußert als solcher keine für die Betroffenen nachteiligen Wirkungen. Von ihm können vielmehr einzig (Zulässigkeits-)Wirkungen ausgehen, die für die betroffenen Grundstücke von Vorteil sind. Das ergibt sich aus § 33 BBauG (vgl. dazu BVerwGE 20, 127 [128 ff.]), und diese Vorschrift bestätigt, indem sie  für eine derart vorteilhafte Auswirkung ausdrücklich einen bestimmten "Stand der Planungsarbeiten" verlangt, zusätzlich, daß der Planaufstellungsbeschluß als solcher und um seiner selbst willen über den Inhalt der mit ihm eingeleiteten Planung nichts erkennen zu lassen braucht.

20.

Der erkennende Senat hält für zweifelhaft, ob er mit seiner dargelegten Auffassung von dem Gehalt dessen abweicht, was der Bundesgerichtshof in seinem oben angeführten Urteil ausgesprochen hat. Der Bundesgerichtshof hat sich ersichtlich von der Ansicht leiten lassen, daß die nachteiligen Wirkungen einer Veränderungssperre  nicht erträglich seien, wenn die Sperre zur Sicherung einer Planung dienen solle, die sich in ihrem Inhalt noch in keiner Weise absehen lasse. Das hält auch der erkennende Senat für richtig. Aus dieser Ansicht lassen sich aber, wie oben gezeigt, keine gerade den Planaufstellungsbeschluß treffenden Schlüsse ziehen. Wesentlich ist vielmehr allein, ob beim etwaigen Erlaß einer Veränderungssperre, die ja vom Planaufstellungsbeschluß nicht nur begrifflich zu trennen ist, sondern deren Verhängung auch zeitlich mit dem Planaufstellungsbeschluß nicht zusammenzutreffen braucht, die Planung einen Stand erreicht hat, der ein Mindestmaß dessen erkennen läßt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplanes sein soll.

21.

Ob gleichwohl eine Abweichung zwischen den hier in Rede stehenden Meinungen angenommen werden muß, kann aber letztlich dahingestellt bleiben. Selbst wenn nämlich eine solche Abweichung vorliegen sollte, brauchte nicht deshalb nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes über die Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19. Juni 1968 (BGBl. I S. 661) eine Entscheidung des Gemeinsamen Senats eingeholt zu werden. Eine im Sinne von § 2 Abs. 1 des Gesetzes vom 19. Juni 1968 erhebliche Abweichung liegt nur vor, wenn es für die eine wie die andere Entscheidung auf den Punkt, in dem die Meinungen auseinandergehen, tragend ankommt. Das trifft hier jedenfalls deshalb nicht zu, weil die vom Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 10. Februar 1972 getroffene Entscheidung – nach seiner eigenen Folgerungsweise – nicht anders hätte lauten können, wenn er die Konkretisierung nicht vom Planaufstellungsbeschluß, sondern im Zusammenhang erst mit einer Veränderungssperre verlangt hätte. Der Bundesgerichtshof setzt sich an der hier interessierenden Stelle des Urteils vom 10. Februar 1972 damit auseinander, ob das Fehlen eines Planaufstellungsbeschlusses - im Sinne einer sich auf die Anwendbarkeit des § 18 BBauG auswirkenden Differenzierung (vgl dazu vor allem das Urteil vom 28. Februar 1966 - III ZR 153/64 - (BRS 19, 186f)) - als ein materieller oder als ein lediglich formeller Mangel zu werten ist (aaO S 129). Er beantwortet diese Frage unter ausschlaggebender Heranziehung des in Rede stehenden Konkretisierungserfordernisses dahin, daß das Fehlen eines Planaufstellungsbeschlusses einen materiellen Mangel bilde. Diese Ansicht trifft auch dann zu, wenn die Konkretisierung nicht unmittelbar mit dem Planaufstellungsbeschluß verbunden sein muß, sondern es ebenso genügt, wenn sie beim - zeitlich etwa nachfolgenden - Erlaß einer Veränderungssperre erreicht ist. Denn eine bei dieser Sachlage erst später erreichte (hinreichende) Konkretisierung würde eine Veränderungssperre nach der gesetzlichen Regelung doch immer nur gestatten, wenn ein Planaufstellungsbeschluß vorangegangen ist; ohne Planaufstellungsbeschluß wäre die Veränderungssperre allein mit dem erreichten (konkreten) Planungsstand nicht zu rechtfertigen. Hiernach liegt im Fehlen des Planaufstellungsbeschlusses in gleicher Weise ein - im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - materieller Mangel, wie es zutrifft, wenn von dem Planaufstellungsbeschluß selbst ein gewisser (konkretisierender) Aufschluß über den Inhalt des vorgesehenen Bebauungsplanes gefordert wird.

22.

Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall, daß die von der Revision zu § 14 Abs. 1 BBauG erhobenen Einwände unbegründet sind: Der Veränderungssperre vom 7. Mai 1976 liegt ein Planaufstellungsbeschluß zugrunde. Die Sperre ist auch im Sinne des § 14 Abs. 1 BBauG "zur Sicherung" der mit diesem Beschluß eingeleiteten "Planung" erlassen worden, d. h. zur Sicherung der Planung erforderlich  (vgl. zur Rechtfertigung dessen aus Art. 14 Abs. 1 GG BVerfGE 20, 351 [361]). Nach den übereinstimmenden Angaben der Parteien hat die Planung mittlerweile einen Stand erreicht, der nahezu den Abschluß des Verfahrens ermöglicht. Mit diesem Planungsstand stimmt das Vorhaben des Klägers nicht (voll) überein. Da dem Vorhaben der Planungsstand nicht um seiner selbst willen – in Art der Regelung, die § 33 BBauG für eine dem einzelnen vorteilhafte Planauswirkung trifft – entgegengehalten werden kann, erfordert die Sicherung der Planung den Erlaß einer Veränderungssperre.

23.

Die Revision meint, daß die Veränderungssperre vom 7. Mai 1976 selbst bei Erfüllung der sich aus § 14 Abs. 1 BBauG ergebenden Anforderungen deshalb keinen Ablehnungsgrund biete, weil sie – ebenso wie ihre Vorgängerinnen – eine unzulässige "Individualsperre" sei und zudem in einer die Sozialgebundenheit des Eigentums überschreitenden Weise (nicht örtlichen, sondern) überörtlichen Interessen diene. Die Prüfung dieser Einwände führt zu dem Ergebnis, daß auch mit ihnen die Veränderungssperre vom 7. Mai 1976 nicht zu Fall gebracht werden kann.

24.

Die Veränderungssperre vom 7. Mai 1976 ist in der Tat insofern eine "Individualsperre", als sich ihr Geltungsbereich auf das Grundstück M.-straße 8 beschränkt. Das ist jedoch nicht oder doch nicht um seiner selbst willen bedenklich. Die "Folgerichtigkeit formaler Gleichbehandlung", die als tragender Gesichtspunkt hinter dem Gebot steht, daß Gesetze grundsätzlich "allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten" müssen (vgl. Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG), ist für Bauleitplanungen ganz allgemein nicht kennzeichnend (vgl. BVerwGE 11, 14 [17]). In Bauleitplänen waltet "eine andere, auf das Planungsziel ausgerichtete und zu ungleicher Auswirkung auf die Betroffenen führende, zweckrationale Folgerichtigkeit räumlich-geometrischer Ordnung" (a.a.O.), die – unter entsprechenden Umständen – "Individualregelungen" nicht nur gestatten, sondern sogar erforderlich machen kann. Auf Grund dieser Einsicht hat der erkennende Senat bereits in seinem Beschluß vom 6. November 1968 – BVerwG IV B 47.68 – (Buchholz 406.11 § 8 BBauG Nr. 1 S. 1 f) ausgesprochen, daß Bebauungspläne nicht schon deshalb Bedenken unterliegen, weil ihr Geltungsbereich wenige Grundstücke oder gar nur ein einziges Grundstück umfaßt. Für Veränderungssperren kann nichts anderes gelten. Es wäre offensichtlich ungereimt, daß ein Bebauungsplan für nur ein Grundstück sollte erlassen, seine Erarbeitung aber entgegen dem Wortlaut des § 14 Abs. 1 BBauG nicht durch eine Veränderungssperre sollte gesichert werden können. Für die Zulässigkeit "individueller" Veränderungssperren spricht außerdem § 17 Abs. 4 BBauG. Diese Vorschrift ordnet an, daß Veränderungssperren gegebenenfalls "teilweise", also jeweils insoweit außer Kraft gesetzt werden müssen, wie die Voraussetzungen für ihren Erlaß nachträglich fortfallen. Eine solche Verringerung des Sperrbereiches kann (und wird nicht selten) dazu führen, daß die verbleibende Sperre den Charakter einer Individualsperre annimmt. Es ist nichts dafür zu erkennen, daß der Gesetzgeber das hat für schädlich erklären, also für diesen Fall entgegen dem Wortlaut des § 17 Abs. 4 BBauG hat bestimmen wollen, die Veränderungssperre dürfe nicht nur zum Teil, sondern müsse im vollen Umfange aufgehoben werden. Zuzugeben ist bei alledem selbstverständlich, daß eine "individuelle" Veränderungssperre ebenso wie ein "individueller" Bebauungsplan zu mißbilligen sein kann . Diese Möglichkeit ist jedoch keine unmittelbare Folge ihrer nur "individuellen" Geltung, sondern sie entspricht dem, was generell für Veränderungssperren und Bebauungspläne gilt. Die Tatsache, daß es sich um lediglich eine "individuelle" Regelung handelt, kann  bei Bebauungsplänen ein Anzeichen dafür sein, daß das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 4 Satz 2 BBauG verletzt ist. Aus ihr kann  sich dementsprechend bei Veränderungssperren ergeben, daß ihnen eine beachtliche Planung nicht zugrunde liegt. Diese Mängel gehen jedoch nicht auf eine Art Verbot "individueller" Regelung, sondern darauf zurück, daß unter den im Einzelfall gegebenen Umständen den für alle Bebauungspläne und alle Veränderungssperren geltenden Anforderungen nicht genügt ist. Der Hinweis auf den "individuellen" Charakter der Veränderungssperre vom 7. Mai 1976 könnte infolgedessen dem Kläger nur dann hilfreich sein, wenn sich nach Lage der Dinge aus dieser Beschränkung des Geltungsbereiches auf einen Abwägungsmangel oder einen vergleichbaren Fehler schließen ließe. Dafür ist jedoch nichts ersichtlich.

25.

Der vom Kläger gegen die Veränderungssperre vom 7. Mai 1976 erhobene Vorwurf, daß die Sperre nicht örtlichen, sondern überörtlichen Belangen diene, knüpft an die einschlägige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an. Der Bundesgerichtshof hat im Anschluß an sein Urteil vom 26. November 1954 (BGHZ 15, 268 [282 ff.]) bei Bau- und Veränderungssperren mehrfach geprüft, ob die in Rede stehende Planung als "lokale Teilplanung" die Bebaubarkeit der jeweiligen Grundstücke zum Ziel habe oder ob sie unter gesamtstädtischen oder gar überörtlichen Gesichtspunkten erfolge (a.a.O. S. 282 ff.; ferner insbesondere Urteile vom 25. Juni 1959 in BGHZ 30, 338 [346] und vom 10. Februar 1972 in BGHZ 58, 124 [130]). Diese Rechtsprechung wird ersichtlich von der Überlegung getragen, daß es – wie in anderen Zusammenhängen auch – bei der Inanspruchnahme der Sozialgebundenheit des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) einen Unterschied macht, ob das die Inanspruchnahme tragende Interesse ein im Grunde wohlverstandenes eigenes Interesse (auch) des Betroffenen ist, also bei Bauleitplänen – ähnlich wie bei der Umlegung – der Sache nach auf dem "Gedanken der gemeinsamen Interessenlage" beruht (Urteil vom 26. November 1954 [a.a.O. S. 282]), oder ob – wie vor allem bei der (klassischen) Enteignung deutlich – lediglich ein Fremdinteresse durchgesetzt werden soll. Das hält der erkennende Senat für im Ansatz einleuchtend. Zu bezweifeln ist jedoch, ob sich diese Überlegung nutzbringend auf die Bauleitplanung und das Institut der Veränderungssperre anwenden läßt (vgl. dazu auch das Urteil vom 25. Oktober 1956 in BVerwGE 4, 120 (122 f.]). Es erscheint dem Senat kaum denkbar, daß sich ein Planverfahren zulässigerweise  auf ein Grundstück erstrecken darf, ohne auf planerische Festsetzungen gerade auch für dieses Grundstück abzuzielen und ohne damit letztlich doch – im Sinne der oben erläuterten Entgegensetzung – (auch) in der eigenen Interessenlage des Betroffenen begründet zu sein. Auf den Anlaß eines Planverfahrens kann es, wie auch der Bundesgerichtshof annimmt (Urteil vom 10. Februar 1972 – [a.a.O.]), nicht ankommen. Dann erweist sich jedoch die Unterscheidung selbst als kaum oder doch kaum mit greifbarem Ertrag durchführbar. Gerade in Fällen, in denen eine Planung "an sich" durch ein "fremdes" Interesse – etwa durch den Wunsch nach Schaffung eines umfangreichen Parkplatzes – motiviert wird, ist es nicht selten im Interesse der davon betroffenen Grundstücke der näheren Umgebung geboten, sie in den Planbereich einzubeziehen, um den Interessenkonflikt voll bewältigen zu können (vgl. dazu vor allem das Urteil vom 1. November 1974 – BVerwG IV C 38.71 – in Buchholz 406.11 § 1 BBauG Nr. 10 S. 65 [69 ff. und 78 f.]). Dann aber liegt, wenn auch im Ansatz durch ein "fremdes" Interesse veranlaßt, im Ergebnis eine "gemeinsame Interessenlage" deshalb vor, weil ein allgemeines Interesse an der angemessenen Bewältigung des Interessenkonflikts besteht. Eine Planung, die selbst diese Gemeinsamkeit nicht aufweist, ist zwar – wie den der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden Vorstellungen zugegeben werden mag – faktisch denkbar; sie wird jedoch unter Beachtung des § 1 BBauG kaum jemals zulässig sein können. Der sich daraus ergebenden Frage, was insoweit an Möglichkeiten allenfalls in Betracht kommen mag, braucht aber aus Anlaß der hier zu treffenden Entscheidung abschließend nicht nachgegangen zu werden. Soweit nämlich in den vorangegangenen Überlegungen ein Unterschied zwischen den Ansichten einerseits des Bundesgerichtshofs und andererseits des erkennenden Senats zum Ausdruck kommt, fehlt es an einer entscheidungserheblichen Abweichung im Sinne von § 2 Abs. 1 des bereits oben erwähnten Gesetzes vom 19. Juni 1968 jedenfalls deshalb, weil sich bei dem hier vorliegenden Sachverhalt nicht von einem derart überörtlichen Bezug der Planung sprechen läßt, daß daraus auf Zweifel an der Zulässigkeit der Veränderungssperre geschlossen werden könnte. Bei näherer Betrachtung erschöpft sich der überörtliche Bezug der hier in Rede stehenden Planung nämlich darin, daß wegen der besonderen und gleichsam besonders empfindlichen Lage der von der Planung betroffenen Flächen die Notwendigkeit der Anpassung an die umgebende und übergeordnete Planung (vgl. § 1 Abs. 2 und 3 BBauG) höhere Anforderungen an die Rücksichtnahme stellt, als es sonst häufig der Fall ist. Allein dadurch wird die Planung nicht als eine im Kern "überörtliche" ausgewiesen. Der in Aussicht genommene Bebauungsplan soll in einem umfassenden und geradezu handgreiflichen Sinne die Zulässigkeit der baulichen Nutzung (unter anderem) des Grundstücks M.-Straße 8 regeln. Darin liegt sein eigentlicher Gehalt, und darin stellt er sich – ungeachtet aller Verflechtung mit darüber hinausreichenden Zusammenhängen – als eine "lokale Teilplanung" im Sinne auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dar. Bedenken gegen die Wirksamkeit der Veränderungssperre vom 7. Mai 1976 lassen sich aus alledem entgegen dem Vorbringen der Revision nicht gewinnen. Die Revision macht jedoch zu Recht geltend, daß die Wirksamkeit der Veränderungssperre vom 7. Mai 1976 – in einem spezifischen Sinne – das Vorliegen besonderer Umstände  voraussetze und das Vorliegen dieser Voraussetzung den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht entnommen werden kann.

26.

Das ergibt sich im einzelnen aus folgendem: Der Wortlaut des § 17 Abs. 3 BBauG könnte darauf hindeuten, daß an die Zulässigkeit einer erneuten Veränderungssperre keine weitergehenden Anforderungen zu stellen sind, als sie – im Sinne des Erörterten – beim Erlaß einer erstmaligen Veränderungssperre erfüllt sein müssen. Soweit sich im Wortlaut des § 17 Abs. 3 BBauG andeutet, daß die Erneuerung einer Veränderungssperre vor dem Ablauf der vorangegangenen Sperre nicht einmal beschlossen werden darf, ist mit der, soweit ersichtlich, allgemeinen Meinung am Wortlaut nicht festzuhalten; daher begegnet keinen Bedenken, wenn die erneute Veränderungssperre zu einer Zeit beschlossen wird, in der die vorangehende Sperre noch in Kraft ist (ebenso Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Bundesbaugesetz § 17 Rdnr. 14, Grauvogel im Kohlhammer-Kommentar zum Bundesbaugesetz § 17 Anm. 4 b und sinngemäß auch Gelzer, Bauplanungsrecht, 2. Aufl. Rdnr. 1003). Für weitergehende Voraussetzungen scheint der Wortlaut des § 17 Abs. 3 BBauG nichts herzugeben. Darin unterscheidet er sich von dem Wortlaut des vorangehenden zweiten Absatzes. Die zweite, sich auf das vierte Sperrjahr erstreckende Verlängerung einer Veränderungssperre ist nach § 17 Abs. 2 BBauG nur zulässig, wenn "besondere Umstände es erfordern". Das Oberverwaltungsgericht Koblenz hat in seinem Urteil vom 16. Dezember 1971 (1 A 54/70 – BRS 24, 119 ff.) bei der Auslegung des § 17 Abs. 3 BBauG ausschlaggebend auf diesen Unterschied im Wortlaut abgestellt, ihm entnommen, daß sich die Möglichkeiten der Verlängerung und der Erneuerung von Veränderungssperren in zeitlicher Hinsicht gegenseitig ausschließen, und dies im wesentlichen wie folgt zu erklären versucht: Eine Erneuerung komme immer erst in Betracht, wenn die Gemeinde alle Möglichkeiten der Verlängerung ausgeschöpft habe. Die auf den ersten Blick vielleicht eigenartige Tatsache, daß bei dieser Annahme die Veränderungssperre (als Verlängerung) für das vierte Jahr nur beim Vorliegen besonderer Umstände, dagegen für das fünfte Jahr (als Erneuerung) ohne weiteres zulässig sei, werde bei Berücksichtigung der in § 18 Abs. 1 Satz 1 BBauG getroffenen Regelung verständlich: Für die zweite Verlängerung brauche nicht entschädigt zu werden, während die Gemeinde bei einer Erneuerung Entschädigung leisten müsse. Durch diese Rechtsfolge werde sie hinreichend "veranlaßt ..., sorgfältig zu prüfen, ob durch eine schnellere Planung eine weitere Dauer der Veränderungssperre vermieden werden kann" (a.a.O. S. 121). Eine ähnliche Ansicht vertritt auch Gelzer. Er nimmt zwar im Unterschied zum Oberverwaltungsgericht Koblenz an, daß die Möglichkeit einer Verlängerung die Erneuerung nicht hindere (a.a.O. Rdnr. 997), hält aber ebenfalls wegen § 18 Abs. 1 Satz 1 BBauG die Erneuerung einer Veränderungssperre für nicht unter zusätzliche Voraussetzungen gestellt. Der Gefahr, daß eine Gemeinde dem Tatbestandsmerkmal der "besonderen Umstände" auszuweichen suche und anstatt der zweiten Verlängerung (schon jetzt) die Erneuerung wähle, beuge das Gesetz dadurch vor, daß bei einer das vierte (Sperr-)Jahr betreffenden Erneuerung bereits (vorzeitig) Entschädigung geleistet werden müsse (a.a.O. Rdnrn. 994, 998 und 1000). Diesen Meinungen vermag der erkennende Senat nicht zu folgen.

27.

Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts Koblenz, daß die Möglichkeit der Verlängerung die Vornahme einer Erneuerung ausschließe, erweist sich, wie der Oberbundesanwalt zu Recht geltend macht, bei näherer Betrachtung als sachwidrig. Erstens wäre die von ihr ausgehende Beschränkung zu einem wesentlichen Teil bedeutungslos, weil es den Gemeinden (zumindest praktisch) nicht verwehrt werden könnte, sich die Möglichkeit der "an sich" unzulässigen Erneuerung dadurch zu eröffnen, daß sie den Geltungsbereich oder den Inhalt der Planung verändern oder einfach die vorangegangene Veränderungssperre ablaufen lassen, um daraufhin in geringem zeitlichem Abstand eine – dann allein mögliche – Erneuerung vorzunehmen. Eine Auslegung des § 17 BBauG, mit der die Gemeinden auf derartige "Auswege" gedrängt werden, hat schon aus diesem Grunde gewichtige Bedenken gegen sich. Es kommt jedoch zweitens hinzu, daß die vom Oberverwaltungsgericht Koblenz vertretene Ansicht zu nahezu unlösbaren Schwierigkeiten in den immerhin nicht seltenen Fällen führt, in denen Gemeinden eine Veränderungssperre aufrechtzuerhalten wünschen, deren (bisherige) Gültigkeit nicht außer Zweifel ist. Während sich nach der vom erkennenden Senat für richtig gehaltenen Auffassung in diesen Fällen als Lösung die Erneuerung der Veränderungssperre anbietet, führt die hier abgelehnte Meinung dazu, daß die jeweilige Gemeinde gewissermaßen zwischen zwei Stühle gerät, weil ihr je nachdem, ob die Gültigkeitszweifel (objektiv) begründet oder unbegründet sind, allein die Möglichkeit der Verlängerung oder allein die Möglichkeit der Erneuerung zur Verfügung steht.

28.

Sowohl der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Koblenz als auch der von Gelzer vertretenen Auffassung ist ferner entgegenzuhalten, daß sie in ihrem Hinweis auf § 18 BBauG nicht schlüssig sind. Das tritt bei der Folgerungsweise von Gelzer besonders deutlich hervor. Sein Hinweis auf § 18 BBauG ist mit der Behauptung verbunden, daß eine an die Stelle der zweiten Verlängerung tretende Erneuerung unbedenklich ohne das Vorliegen besonderer Umstände zugelassen werden könne, weil sich die nach § 18 BBauG eintretende Entschädigungspflicht als ausreichende Bremse erweise. Tatsächlich gewährleistet jedoch § 18 BBauG für diesen Fall eine Entschädigung nicht. Die in ihm vorgesehene Entschädigungspflicht setzt nach dem unmißverständlichen Wortlaut erst nach dem Ablauf von vier  Jahren ein (a.a.O. Abs. 1 Satz 1). An dieser Eindeutigkeit des Wortlautes kann die Auslegung um so weniger vorbeigehen, als es sich bei § 18 Abs. 1 Satz 1 BBauG um eine Vorschrift handelt, deren Auslegung die sogenannte Junktimklausel in Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG zum Hintergrund hat. Dieselben Bedenken richten sich gegen die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Koblenz. Denn auch auf ihrer Grundlage muß, wenn nicht eine unüberbrückbare Lücke entstehen soll, angenommen werden, daß die Erneuerung einer Veränderungssperre (ohne zusätzliche Voraussetzungen) zulässig sei, wenn es im Einzelfall an "besonderen Umständen" fehlt und deshalb die Möglichkeit der zweiten Verlängerung nach § 17 Abs. 2 BBauG ausscheidet. Dann ergibt sich jedoch ebenfalls, daß es zu einer erneuten Veränderungssperre kommt, die ohne "besondere Umstände" zulässig sein soll, in Wahrheit aber durch § 18 BBauG nicht gedeckt wird.

29.

Über das Gesagte hinaus ausschlaggebend ist jedoch folgendes: Die hier abgelehnten Auffassungen werden erkennbar von der Vorstellung geleitet, daß im Verhältnis zur – entschädigungslos hinzunehmenden – zweiten Verlängerung einer Veränderungssperre (§ 17 Abs. 2 BBauG) die Erneuerung, weil mit Entschädigung verbunden, der für den Betroffenen mindere Eingriff sei und ihm deshalb eher zugemutet werden könne. Diese Überlegung ist aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht haltbar. Der in der zweiten Verlängerung liegende "Eingriff" bedarf deshalb keiner Entschädigung, weil es sich bei § 17 Abs. 2 BBauG um eine Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG entsprechende Bestimmung des Eigentumsinhalts handelt und daher in der Inanspruchnahme der mit § 17 Abs. 2 BBauG geschaffenen Möglichkeit (einer zweiten Verlängerung) überhaupt kein Eingriff in das Eigentum liegt. Wird das hinreichend beachtet, so kann keine Rede davon sein, daß sich, wenn das fünfte Jahr erreicht ist, für den Betroffenen die Situation verbessere (und deshalb keine zusätzlichen Anforderungen mehr gestellt zu werden brauchten). In Wahrheit ist es so, daß sich bei rechtlicher Betrachtung seine Situation verschlechtert, weil im Wechsel vom vierten zum fünften Jahr die berechtigte Inanspruchnahme der Eigentumsbindung durch einen (wenn auch entschädigungspflichtigen) Eigentumseingriff abgelöst wird. Davon ganz abgesehen wird aber von der Gegenmeinung Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG übersehen. Auch enteignende Eingriffe sind nicht deshalb ohne weiteres zulässig, weil für sie eine Entschädigung zu gewähren ist. Die "Eigentumsgarantie des Art. 14 GG ... hat nicht in erster Linie die Aufgabe ..., die entschädigungslose Wegnahme von Eigentum zu verhindern, sondern den Bestand des Eigentums in der Hand des Eigentümers zu sichern. Die ... Auffassung, die Eigentumsgarantie sei ihrem wesentlichen Gehalt nach eine Eigentumswertgarantie und der Zugriff auf das Eigentum sei hinzunehmen, wenn der Betroffene nur ausreichend entschädigt werde, steht mit dem Sinngehalt des Art. 14 GG nicht in Einklang... Die Eigentumsgarantie ist nicht zunächst Sach-, sondern Rechtsträgergarantie. Das Grundrecht gewährt vor allem die Befugnis, jede ungerechtfertigte Einwirkung auf den Bestand der geschützten Güter abzuwehren" (BVerfGE 24, 367 [400]).

30.

Aus alledem folgt: Die Möglichkeit, nach § 17 Abs. 1 Satz 3 oder nach § 17 Abs. 2 BBauG eine bereits verhängte Veränderungssperre zu verlängern, schließt nicht aus, anstatt dessen die Veränderungssperre zu erneuern (§ 17 Abs. 3 BBauG). Geschieht dies, so steht die Erneuerung – materiell – unter keinen anderen Voraussetzungen, als sie bei einer entsprechenden Verlängerung stünde. Eine die zweite Verlängerung ersetzende Erneuerung ist somit nur bei Vorliegen besonderer Umstände statthaft (ebenso OVG Bremen, Urteil vom 4. März 1971 – I BA 2/71 – in BRS 24, 121 [122], OVG Lüneburg, Urteil vom 15. Oktober 1974 – VI A 196.73 –, Ernst/Zinkahn/Bielenberg a.a.O. § 17 Rdnr. 15, Grauvogel a.a.O. § 17 Anm. 3 c und Klaus Meyer in Meyer/Stich/Tittel, Bundesbaurecht § 17 BBauG Rdnr. 4). Daß gleichwohl zwischen der zweiten Verlängerung und der ihr entsprechenden Erneuerung einer Veränderungssperre in verfahrensrechtlicher Beziehung – insbesondere darin, wessen Zustimmung eingeholt werden muß – Unterschiede bestehen, läßt sich zwar nicht aus dem sachlichen Zusammenhang erklären, muß aber als ausdrückliche Regelung des Gesetzes hingenommen werden.

31.

Alle Veränderungssperren, die vier Jahre (also den durch die zweite Verlängerung gedeckten Zeitraum) überschreiten, stehen in ihrer Zulässigkeit unter keiner anderen Anforderung, als sie § 17 Abs. 2 BBauG für die Zulässigkeit der zweiten Verlängerung aufstellt. Auch sie sind – in einem noch näher zu beschreibenden Sinne – nur bei Vorliegen von "besonderen Umständen" zulässig (ebenso Klaus Meyer a.a.O.; vgl. ferner Ernst/Zinkahn/Bielenberg a.a.O. Rdnr. 1). Das ergibt sich aus Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG. Eine enteignende Veränderungssperre dient dem allgemeinen Wohl nur dann, wenn das zugrunde liegende Planverfahren wegen besonderer Umstände nicht innerhalb der vom Bundesbaugesetz vorgesehenen Zeit abgeschlossen werden konnte.

32.

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 25. Juni 1959 (BGHZ 30, 338 [348]) ausgesprochen, "daß eine Bauplanung" grundsätzlich "selbst unter außergewöhnlich schwierigen Verhältnissen bei einer von der Verwaltung zu fordernden Anspannung ihrer Kräfte und bei der gebotenen Umsicht und intensiven Bearbeitung innerhalb von drei Jahren zu Ende geführt werden kann". In offensichtlichem Anschluß an diese Entscheidung hat das Bundesbaugesetz in § 17 Abs. 1 BBauG die für den Erlaß von Bauleitplänen grundsätzlich ausreichende Zeit ebenfalls auf drei Jahre bemessen und diesen Zeitraum sodann durch § 17 Abs. 2 BBauG für besondere Sachlagen um ein zusätzliches Jahr erweitert. Darin liegt – namentlich in der Überschreitung der im Urteil vom 25. Juni 1959 genannten Dreijahresfrist – eine durch Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG gedeckte Bestimmung des Eigentumsinhaltes, die jedoch nicht nur zu Lasten, sondern auch zugunsten des betroffenen Grundeigentums wirkt. Mit den ersten beiden Absätzen des § 17 BBauG hat das Bundesbaugesetz verbindlich zum Ausdruck gebracht, daß die Schaffung von Bebauungsplänen im Regelfall innerhalb von drei Jahren bewältigt werden (kann und auch) muß und diese Frist bei "besonderen Umständen" um ein Jahr überschritten werden darf. Ein Planverfahren, das in seiner zeitlichen Ausdehnung selbst darüber noch hinausreicht, entzieht sich der Regel in einem Maße, die es in seinen etwa enteignenden Wirkungen als dennoch dem Gemeinwohl dienend nur erscheinen lassen kann, wenn – und wenn erst recht  – besondere Umstände vorliegen. Unabhängig davon, daß mit dem Ablauf spätestens des vierten Jahres die Veränderungssperre eines Grundstücks von der Eigentumsbindung in die Enteignung umschlägt, setzt die Zulässigkeit einer solchen Sperre vom Ablauf des dritten Jahres an das Vorliegen besonderer Umstände voraus, und zwar dies mit weiterem Zeitablauf in einer die Anforderungen kontinuierlich steigernden Weise. Fehlt es – in welchem Zeitpunkt auch immer – an hinreichenden "besonderen Umständen", so führt eine gleichwohl verhängte Veränderungssperre nicht etwa zu einer irgendwie erhöhten oder vorzeitig zu leistenden Enteignungsentschädigung. Eine solche Veränderungssperre ist vielmehr unzulässig und infolgedessen unwirksam (vgl. Urteil vom 11. November 1970 – BVerwG IV C 79.68 – in Buchholz 406.11 § 17 BBauG Nr. 1 S. 1 [4]). Die "besonderen Umstände" sind – in dem einen wie in dem anderen Stadium – nicht Merkmale des die Entschädigungspflicht begründenden Tatbestandes (§ 18 BBauG), sondern solche der Zulässigkeit von Veränderungssperren (§ 17 BBauG).

33.

Besondere Umstände liegen nur vor, wenn ein Planverfahren durch eine Ungewöhnlichkeit gekennzeichnet wird, "die sich von dem allgemeinen Rahmen der üblichen städtebaulichen Planungstätigkeit wesentlich abhebt" (Ernst/Zinkahn/Bielenberg a.a.O. § 17 Rdnr. 11), mag es sich bei dieser Ungewöhnlichkeit um Besonderheiten des Umfanges, des Schwierigkeitsgrades oder des Verfahrensablaufes handeln (vgl. Klaus Meyer a.a.O. § 17 Rdnr. 2). Notwendig ist weiterhin ein ursächlicher Zusammenhang; gerade die Ungewöhnlichkeit des Falles muß ursächlich dafür sein, daß die Aufstellung des Planes mehr als die übliche Zeit erfordert. Auch das reicht jedoch zur Rechtfertigung einer den Zeitraum von drei Jahren überschreitenden Veränderungssperre nicht aus. Hinzukommen muß vielmehr außerdem noch, daß die jeweilige Gemeinde die – verzögerungsverursachende – Ungewöhnlichkeit nicht zu vertreten hat. Vertreten muß eine Gemeinde insoweit jedes ihr vorwerfbare Fehlverhalten, wobei im allgemeinen davon ausgegangen werden kann, daß Mängel, die in der Sphäre der Gemeinde auftreten – z. B. eine zu Verzögerungen führende Überforderung der mit der Planung beschäftigten Dienstkräfte oder ein sich als zu umfangreich erweisender Zuschnitt des Plangebietes –, auf ein Fehlverhalten der Gemeinde zurückzuführen sind. Das ist aber nur eine – widerlegbare – Regel. Mängel, die in der Sphäre der Gemeinde auftreten, müssen nicht stets auf ein Fehlverhalten zurückzuführen sein. Kann eine Gemeinde dartun, daß sie sich im jeweiligen Zeitpunkt objektiv vernünftig verhalten hat, kann ihr nicht dennoch der Vorwurf eines Fehlverhaltens gemacht werden.

34.

Das Erfordernis, daß besondere Umstände vorliegen müssen, setzt mit dem Ablauf des dritten (Sperr-)Jahres ein. Was an "besonderen Umständen" verlangt werden muß, steigert sich im Maße des Zeitablaufes. Mit Rücksicht auf diese Rechtsfolge kann im Einzelfall eine wesentliche Rolle spielen, wie die sich aus § 17 BBauG ergebenden Fristen zu berechnen sind. Das hängt uU von § 17 Abs 1 Satz 2 BBauG ab. Diese Vorschrift bestimmt, daß auf eine Veränderungssperre die ihr (etwa) vorangegangene Zeit der förmlichen Zurückstellung eines Baugesuchs (vgl § 15 BBauG) anzurechnen ist. Der erkennende Senat hat dazu in seinem Urteil vom 11. November 1970 - BVerwG IV C 79.68 - (Buchholz 406.11 § 17 BBauG Nr 1 S 1 (2)) entschieden, daß § 17 Abs 1 Satz 2 BBauG auf die Fälle einer sogenannten faktischen Zurückstellung - dh wenn "ein Genehmigungsantrag nicht hinreichend zügig bearbeitet, sonstwie verzögert oder rechtswidrig abgelehnt wird" (aaO) - entsprechende Anwendung findet. Darauf beruft sich die Revision mit dem Ziel, den im vorliegenden Fall für die Berechnung maßgebenden Beginn der Frist bis in das Jahr 1968 vorzuverlegen. Dieses Bemühen bleibt erfolglos. Die entsprechende Anwendung des § 17 Abs 1 Satz 2 BBauG muß - gerade als entsprechende Anwendung - die mit § 17 Abs 1 Satz 2 BBauG getroffene Entscheidung respektieren. Diese aber setzt, weil es anderenfalls nicht zu einer förmlichen Zurückstellung hätte kommen können, bei unmittelbarer Anwendung voraus, daß ein Baugesuch gestellt wurde. Darauf darf auch bei der entsprechenden Anwendung nicht verzichtet werden. Daher kann die über § 17 Abs 1 Satz 2 BBauG anrechenbare Zeit nicht vor dem Eingang des Baugesuchs beginnen; sie beginnt bei der entsprechenden Anwendung des § 17 Abs 1 Satz 2 BBauG in dem Zeitpunkt, in dem die zuständige Behörde über das Baugesuch hätte entscheiden müssen. Das ist im vorliegenden Fall - von allen weiteren Voraussetzungen der Anwendung des § 17 Abs 1 Satz 2 BBauG einmal abgesehen - der 10. Februar 1971, also der Tag, an dem die Behörde tatsächlich entschieden hat. Im angefochtenen Urteil ist zutreffend dargelegt, daß nach Lage der Dinge der Beklagten der Vorwurf einer die Entscheidung unangemessen verzögernden Handhabung nicht gemacht werden kann. Angesichts dessen kommt, wie auch das Berufungsgericht angenommen hat, die (entsprechende) Anwendung des § 17 Abs 1 Satz 2 BBauG im vorliegenden Fall überhaupt nur in Betracht, wenn die Versagung am 10. Februar 1971 rechtswidrig erfolgt sein sollte.

35.

Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob im vorliegenden Fall § 17 Abs 1 Satz 2 BBauG entsprechend anzuwenden ist. Es hat gemeint, daß insbesondere der Frage nach der Rechtswidrigkeit der Versagung nicht nachgegangen zu werden brauche. Die Beklagte habe die erste Sperre vom 18. April 1972 auf den 10. Februar 1973 befristet und mit der darin liegenden zeitlichen Beschränkung auf nur rund neun Monate bereits von sich aus dem Kläger die seit dem 10. Februar 1971 vergangene Zeit gutgebracht. Dieser Gedankengang ist schlüssig; er erweist sich indessen mittlerweile als infolge des Zeitablaufs nicht mehr erschöpfend: Von der Rechtswidrigkeit der am 10. Februar 1971 erfolgten Versagung hängt nämlich ab, ob das Erfordernis besonderer Umstände schon vom 10. Februar 1974 oder erst vom 10. Mai 1975, dh von dem Tage an eingreift, an dem das Inkrafttreten der ersten Sperre drei Jahre zurücklag. Überdies ist der Beginn der Frist wichtig dafür, mit welchem Anforderungsgrad besondere Umstände vorliegen müßten, wenn mit dieser Erwägung selbst die Satzung vom 7. Mai 1976 noch soll gehalten werden können.

36.

Dazu ist im einzelnen zu sagen: Die Festlegung auf den 10. Februar 1971 wäre unproblematisch, wenn die Beklagte dadurch, daß sie die erste Sperre für nur rund neun Monate verhängte, die nicht in Anspruch genommenen 15 Monate (vgl § 17 Abs 1 Satz 1 BBauG) endgültig gewissermaßen verschenkt hätte. Das ist aber nicht der Fall. Eine Gemeinde, die - aus welchen Gründen immer - mit der ersten Veränderungssperre die Zeit von zwei Jahren unterschreitet, kann gleichwohl, und zwar notfalls mit Hilfe einer Erneuerung, drei Sperrjahre in Anspruch nehmen, ohne daß besondere Umstände vorzuliegen brauchen.

37.

Im Schrifttum wird von einigen Autoren die Ansicht vertreten, daß die nach § 17 Abs 1 Satz 2 BBauG gebotene Anrechnung nicht nur zugunsten desjenigen wirke, dessen Baugesuch zurückgestellt wurde, sondern daß sie die Veränderungssperre schlechthin treffe (so Ernst/Zinkahn/Bielenberg aaO § 17 Rdnr 3, Gelzer aaO Rdnr 988 und Grauvogel aaO Anm 2a, bb). Dem vermag der erkennende Senat nicht beizupflichten. Erstens wäre es, wie Gelzer aaO zutreffend bemerkt, "recht ungewöhnlich, daß die Regelung eines Einzelfalles eine derart maßgebliche Wirkung auf die spätere generelle Regelung haben" sollte. Außerdem führte das zweitens bei der entsprechenden Anwendung des § 17 Abs 1 Satz 2 BBauG zu der nachgerade unverständlichen Konsequenz, daß der von einer Veränderungssperre Betroffene, um sich dieser Sperre (vorzeitig) zu erwehren, im Plangebiet gleichsam auf die Suche gehen könnte, um einen Betroffenen zu finden, dessen Baugesuch in der Vergangenheit verzögerlich behandelt oder rechtswidrig abgelehnt wurde. Wichtiger als das ist jedoch die Einsicht, daß es überhaupt an einer einleuchtenden Erklärung dafür fehlt, weshalb die einen einzelnen treffende Verzögerung das verkürzen sollte, was später anderen an Dauer einer Veränderungssperre zugemutet werden darf. Sicherlich hätte das Gesetz eine solche - wenn auch wenig sachgerechte - Auswirkung anordnen können. Die Annahme, daß es das tatsächlich getan hat, wäre aber nur dann zu rechtfertigen, wenn sich diese Lösung eindeutig aus dem Gesetz ergäbe. Davon kann keine Rede sein. Die hier abgelehnte Meinung scheint davon auszugehen, daß in § 17 Abs 1 Satz 2 BBauG ein an die Gemeinde gerichteter Anrechnungsbefehl liegt, um auf dieser Grundlage folgern zu können, daß die Gemeinde beim nachträglichen Erlaß einer Veränderungssperre notwendig (nicht "individuell" anrechnen könne, sondern) allgemein anrechnen müsse. Das mag als Folgerung zutreffen. Es beruht jedoch auf einer falschen Voraussetzung. § 17 Abs 1 Satz 2 BBauG muß keineswegs - anstatt als objektive Anrechnungsvorschrift - als ein an die Gemeinde gerichteter Anrechnungsbefehl verstanden werden. Sein Wortlaut bringt eine derartige Anknüpfung nicht zum Ausdruck; auch der Zusammenhang mit dem vorangehenden ersten Satz legt sie nicht nahe. Außerdem ist allgemein anerkannt, daß eine Gemeinde die von ihr erlassene Veränderungssperre überhaupt (selbst) nicht zu befristen braucht (vgl Ernst/Zinkahn/Bielenberg aaO Rdnr 1 und Gelzer aaO Rdnr 984). Ist demnach aber der Wortlaut durchaus offen, so muß der Auslegung der Vorzug gegeben werden, die sachgerechter oder gar allein sachgerecht ist. Das aber kann allein die Ansicht für sich in Anspruch nehmen, daß eine vorangegangene Zurückstellung (oder eine ihr entsprechende faktische Zurückstellung) demjenigen und nur demjenigen gutzubringen ist, dem sie auferlegt wurde. Die Wirkung dessen muß dann notwendig gleichermaßen individuell sein. Daraus folgt, daß unter den Voraussetzungen des § 17 Abs 1 Satz 2 BBauG eine - für andere noch geltende - Veränderungssperre demjenigen gegenüber keine Wirkung entfaltet, den sie bei Berücksichtigung der anzurechnenden Zeit mit einer zeitlich zu lang ausgedehnten Sperre belegen würde. Bei der Beantwortung der Frage, ob das zutrifft, müssen die Regelungen in § 17 Abs 1 Satz 3 und in § 17 Abs 2 BBauG - ebenfalls wiederum "individuell" - zugunsten der Gemeinde in Rechnung gestellt werden. Das heißt: Ergibt sich bei einer für zwei Jahre verhängten Veränderungssperre (§ 17 Abs 1 Satz 1 BBauG), daß bei einem bestimmten Betroffenen die Sperre infolge Anrechnung (§ 17 Abs 1 Satz 2 BBauG) nicht wirksam ist, so kann sich dieser Betroffene darauf dennoch nicht berufen, wenn im Hinblick auf sein Grundstück doch immerhin die Voraussetzungen vorliegen, unter denen die Sperre nach § 17 Abs 1 Satz 3 BBauG verlängert werden dürfte. Entsprechendes gilt für die Heranziehung des § 17 Abs 2 BBauG und für das dortige Tatbestandsmerkmal der "besonderen Umstände". Eine Einschränkung ist lediglich für die Fälle zu machen, in denen die Gemeinde eine nach ihrer Ansicht nicht mit Entschädigungspflichten verbundene Veränderungssperre erlassen hat und sich über § 17 Abs 1 Satz 2 BBauG später ergibt, daß die Sperre in einem Einzelfall (zwar wegen der vorliegenden besonderen Umstände gehalten werden könnte, dies aber, weil bereits vier Jahre überschritten sind) zu einer Entschädigungspflicht führt. In Fällen dieser Art hängt die Beantwortung der Frage, mit welcher Auswirkung die Anrechnung zu erfolgen hat, von den Gegebenheiten des Einzelfalles ab. Jedenfalls darf es nicht dahin kommen, daß einer Gemeinde, die in der Alternative zwischen der Freigabe eines Vorhabens und seiner entschädigungspflichtigen Verhinderung der Freigabe den Vorzug geben würde, über § 17 Abs 1 Satz 2 BBauG eine Entschädigungspflicht aufgezwungen wird

38.

Im vorliegenden Fall ist durch die - sich auf eine mittlerweile länger zurückliegende Zeit beziehenden - Feststellungen des Berufungsgerichts nicht gesichert, daß die Veränderungssperre vom 7. Mai 1976 mit besonderen Umständen gerechtfertigt werden kann. Weder steht fest, von welchem Zeitpunkt an - im Sinne des soeben Gesagten - besondere Umstände vorliegen mußten, um eine weitere Veränderungssperre zu rechtfertigen, noch steht fest, ob überhaupt in einem nennenswerten Sinne besondere Umstände gegeben waren und sind. In der zweitgenannten Richtung gibt es allerdings Anhaltspunkte, die dafür sprechen, daß in einem zumindest für das vierte Sperrjahr ausreichenden Sinne besondere Umstände vorgelegen haben mögen. Die von der Planung betroffenen Grundstücke haben, wie oben schon in anderem Zusammenhange bemerkt wurde, eine besondere und gleichsam besonders empfindliche Lage, aus der sich besondere Schwierigkeiten ihrer Anpassung an die Umgebung und an die für diese bestehenden Pläne ergeben haben. Daraus muß zwar nicht folgen, daß das Planverfahren nicht innerhalb von drei Jahren abgeschlossen werden konnte, aber es liegt doch nicht fern, daß dies anzunehmen sein könnte. Andererseits fehlt es freilich im vorliegenden Fall auch nicht an Anhaltspunkten dafür, daß sich die Beklagte zugunsten der Veränderungssperre vom 7. Mai 1976 nicht mehr auf besondere Umstände berufen kann, weil dies durch eigenes Fehlverhalten ausgeschlossen wird. Die Beklagte hat seinerzeit, wie sie selbst vorträgt, eine die einschlägigen Regeln des Bundesbaugesetzes überschreitende sogenannte "offene Planung" eingeleitet und - nach der Behauptung des Klägers - aufeinanderfolgend mehrere Gutachten eingeholt. Selbstverständlich ist weder das eine noch das andere um seiner selbst willen zu mißbilligen. Andererseits kann aber auch nicht daran vorbeigesehen werden, daß das Streben der Beklagten nach einer möglichst von weiten Teilen der Bevölkerung getragenen und auch fachlich abgestützten Planung weder eine eigene Entscheidungsschwäche rechtfertigt noch die Beklagte von der Grundvorstellung des Gesetzes zu befreien vermag, daß Planverfahren in der Regel in drei Jahren abgewickelt werden können und müssen. Es liegt geradezu in der Natur der Sache, daß sich bei Planungen fast immer Argumente dafür finden lassen werden, sie noch nicht abzuschließen, sonder durch weitere Bemühungen das Ergebnis zu verbessern oder zusätzlich abzusichern. Derart zu argumentieren, ist - gerade wegen der in dieser Argumentation liegenden Gefahr der Endlosigkeit - bei der verbindlichen Bauleitplanung nur im Rahmen der Fristen des § 17 BBauG oder doch unter gehörigem Respekt vor diesen Fristen vertretbar. Daß sich - vielleicht - noch bessere Lösungen denken lassen, rechtfertigt nicht, eine Planung (auch in ihrer das Eigentum belastenden Auswirkung) auf Dauer in der Schwebe zu halten. Alledem wird das Berufungsgericht aus Anlaß des Tatbestandsmerkmals der "besonderen Umstände" nachzugehen haben.

39.

Die Zurückverweisung der Sache könnte allerdings dann vermieden werden, wenn den festgestellten Tatsachen zu entnehmen wäre, daß die Klage selbst für den Fall der Unwirksamkeit der Veränderungssperre vom 7. Mai 1976 deshalb erfolglos bleiben muß, und zwar erfolglos deshalb, weil ihr die Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr 31bc entgegenstehen. Darüber läßt sich jedoch bei dem gegebenen Stand der Dinge ebenfalls Abschließendes nicht sagen.

40.

Keinem Zweifel begegnet, daß das Vorhaben des Klägers, wenn es nach dem Bebauungsplan Nr 31bc in Verbindung mit § 30 BBauG beurteilt wird, wegen seiner Abweichung von den Festsetzungen dieses Planes unzulässig ist. Das Verwaltungsgericht hat auf dem Boden dieser Einsicht - mit einem für den Kläger günstigen Ergebnis - erwogen, ob der Bebauungsplan Nr 31bc (soweit er dem Vorhaben entgegensteht) nicht als Hindernis deshalb ausscheidet, weil von seinen Festsetzungen nach § 31 Abs 2 Satz 1 BBauG Befreiung erteilt werden muß. Auch dem wird das Berufungsgericht erforderlichenfalls nachzugehen haben. Dazu mag aber darauf hingewiesen werden, daß nach Ansicht des erkennenden Senats die vom Verwaltungsgericht angegebenen Gründe nicht ausreichen, um der Klage stattgeben zu können. Das Verwaltungsgericht hat das Institut der Befreiung herangezogen, wie wenn es sich dabei einerseits um ein ganz allgemein zur Verfügung stehendes Mittel zur Vermeidung von Unbilligkeiten und andererseits um ein Mittel zum Ausgleich von Planungsfehlern handelte. Die Befreiung ist aber weder das eine noch das andere. Die für den Senat übersehbare Sachlage deutet darauf hin, daß es im vorliegenden Fall an einer "nicht beabsichtigten Härte" im Sinne des § 31 Abs 2 Satz 1 BBauG fehlt. Die Härte, mit der der Bebauungsplan Nr 31bc den Kläger trifft (vgl zum Begriff der Härte das Urteil vom 4. April 1975 - BVerrof IV C 43.72 - in Buchholz 407.4 § 9 FStrG Nr 14 S 1 (5)), dürfte nicht unbeabsichtigt sein. Die Bewilligung einer Befreiung "setzt ... voraus, daß es sich um einen - aus welchem Grunde auch immer - 'an sich' dem Schutzgut der Norm entzogenen (Sonder-)Fall handelt. Für die Regelfälle dagegen ist das, was ... ein Plan bestimmt, grundsätzlich auch dann beabsichtigt, wenn es sich als Härte erweist". Infolgedessen setzt jede Befreiung "ein Mindestmaß an Verallgemeinerung oder Abstraktion voraus". Ist eine bestimmte Festsetzung" 'im Angesicht des Falles' für diesen Fall so und nicht anders gewollt ..., ist für eine Befreiung kein Raum" (Urteil vom 14. Juli 1972 - BVerwG IV C 69.70 - in BVerwGE 40, 268 (272f)).

41.

Das Berufungsgericht wird jedoch prüfen müssen, ob das Verwaltungsgericht nicht eventuell deshalb richtig entschieden hat, weil aus den von ihm angeführten Gründen (zwar keine Befreiung erteilt werden muß, aber eine Befreiung auch gar nicht notwendig ist, weil) der Bebauungsplan Nr 31bc in seinen dem Vorhaben des Klägers nachteiligen Festsetzungen als nichtig angesehen werden muß. Bei einer in ihrer Härte beabsichtigten Festsetzung stellt sich nicht die Frage, ob eine Befreiung möglich ist, sondern vielmehr, ob der Plan insoweit nicht gegen grundlegende Vorschriften des Planungsrechts, insbesondere gegen § 1 BBauG verstößt (vgl das Urteil vom 14. Juli 1972 aaO S 273). Was das erstinstanzliche Urteil zum Bebauungsplan Nr 31bc ausführt, läßt sich zu einem immerhin wesentlichen Teil dahin verstehen, daß der Beklagten insoweit ein Planungsfehler vorzuhalten sei. Sollte das zutreffen, bedürfte der Kläger keiner Befreiung, weil dann der Bebauungsplan (insoweit) infolge seiner (teilweisen) Nichtigkeit dem Vorhaben gar nicht entgegensteht. Dann müßte für die Beurteilung des Vorhabens (insoweit) auf andere Vorschriften, vermutlich auf § 34 BBauG zurückgegriffen werden.