Bundesverwaltungsgericht
Urteil vom 25.11.1983
- 4 C 21/83 -
(weitere Fundstellen: BVerwGE 68, 213 f.)
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Tatbestand: |
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I. |
1. |
Der Kläger erstrebt den Umbau und die Nutzungsänderung eines ehemaligen Fabrikgebäudes in K, M straße, zu einem "Frauenwohnheim für gewerbliche Nutzung ohne Wohnnutzung". In der Anlage sollen nach dem Antrag des Klägers auf etwa 1140 mü Fläche 33 Zimmer, etliche Sanitärräume, eine Küche, ein Speiseraum, ein Imbißraum, eine Sauna, 19 Ruheräume, eine Gaststätte und eine Wohnung mit Büroraum eingerichtet werden. Das Grundstück ist im Bebauungsplan der Stadt K als Gewerbegebiet ausgewiesen. |
2. |
Der Beklagte lehnte den Antrag mit der Begründung ab, eine Dirnenunterkunft sei als Vergnügungsstätte in einem Gewerbegebiet nicht zulässig. Außerdem führe das Vorhaben zu erheblichen Nachteilen und Belästigungen für die Umgebung. Im Widerspruchsverfahren und durch das erstinstanzliche Urteil wurde die Ablehnung des Antrags mit im wesentlichen derselben Begründung bestätigt. |
3. |
Das Oberverwaltungsgericht hat unter Aufhebung der behördlichen Bescheide das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und den Beklagten verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Genehmigung der Nutzungsänderung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Es hat hierzu im wesentlichen folgendes ausgeführt: |
4. |
Die Nutzungsänderung sei nach Maßgabe des Bauplanungsrechts zulässig. In Gewerbegebieten seien Bordellbetriebe - ohne Wohnnutzung - nicht von vornherein ausgeschlossen. Sie gehörten nämlich zu den "Gewerbebetrieben aller Art" im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 der für den Bebauungsplan Nr. 159 geltenden Baunutzungsverordnung - BauNVO - in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. November 1968 (BGBl. I S. 1237, ber. 1969 I S. 11). Daran ändere nichts, daß es sich um eine "Vergnügungsstätte" handele. Die ausdrückliche Nennung der "Vergnügungsstätten" in § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO rechtfertige nicht die Annahme einer ausschließenden Gegensätzlichkeit zwischen Gewerbebetrieben und Vergnügungsstätten. Hierzu zwinge weder der Wortlaut noch die Systematik der Verordnung. Ein Bordellbetrieb könne für die hier vorhandene Umgebung keine erheblichen Nachteile oder Belästigungen zur Folge haben. Zwar entstünden Nachteile oder Belästigungen durch den Zu- und Abgangsverkehr sowie dadurch, daß nach der Lebenserfahrung in der Nähe einer solchen Einrichtung deren Besucher unangenehm auffallen. Hinzukommen könnten Auseinandersetzungen der zum "Milieu" gehörenden Personen. Diese Nachteile und Belästigungen seien jedoch im Sinne des Bauplanungsrechts für eine gewerblich genutzte Umgebung nicht erheblich. Der Standort M straße sei aus städtebaulicher Sicht wegen seiner verkehrsmäßig günstigen Lage und der geringen Wohnnutzung der Umgebung für das vorgesehene Gewerbe günstig. Die Wohnbevölkerung in der weiteren Umgebung könne nicht gestört werden, wenn sie nicht gestört werden wolle. Aus den Wohnhäusern heraus erscheine ein Sichtkontakt auf das Grundstück des Klägers nicht ohne weiteres möglich. Dies gelte insbesondere dann, wenn im Baugenehmigungsverfahren ins einzelne gehende Auflagen hinsichtlich der Gestaltung des Gebäudes und der Freiflächen des Grundstücks gemacht würden. Während der üblichen Betriebsstunden des Bordells sei eine Nutzung der anliegenden Gewerbegrundstücke normalerweise nicht zu erwarten. Der An- und Abdienungsverkehr könne von der gut ausgebauten Straße aufgenommen werden. Schulen würden durch die Einrichtung auf dem Grundstück des Klägers nicht berührt. Die M straße komme kaum als Schulweg in Betracht. Alles in allem erscheine die beabsichtigte Nutzung des Grundstücks noch zumutbar, wenn insoweit auf eine durchschnittlich empfindende Person abgestellt werde. Moralische Vorstellungen, die einer derartigen Einrichtung entgegenstehen könnten, seien im Rahmen des Bauplanungsrechts nicht von Belang. |
5. |
Im Hinblick darauf, daß bisher nur über die planungsrechtlichen Fragen der Nutzungsänderung gestritten und die Sache im übrigen nicht aufbereitet worden sei, sei nur über die planungsrechtliche Zulässigkeit der vorgesehenen Nutzung zu entscheiden. In bauordnungsrechtlicher Sicht sei die Sache nicht spruchreif. |
6. |
Hiergegen richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision des Beklagten. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts. |
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Aus den Gründen: |
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II. |
7. |
Die Revision ist zurückzuweisen. Das Berufungsurteil verletzt Bundesrecht nicht (§§ 137 Abs. 1, 144 Abs. 2 VwGO). |
8. |
Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht die bebauungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens des Klägers bejaht. Die Nutzung des ehemaligen Fabrikgebäudes als Bordell widerspricht nicht den Festsetzungen des Bebauungsplans. Sie ist deshalb nach § 30 des Bundesbaugesetzes - BBauG - zulässig. |
9. |
Im Gewerbegebiet sind gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO "Gewerbebetriebe aller Art" zulässig, soweit sie für die Umgebung keine erheblichen Nachteile oder Belästigungen zur Folge haben können. Das gewerbsmäßige Unterhalten eines Betriebs, in dem Personen der Prostitution nachgehen, ist ein Gewerbebetrieb auch im Sinne der Baunutzungsverordnung. |
10. |
Die Einordnung eines Bordells unter den Begriff der "Gewerbebetriebe aller Art" ist nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Baunutzungsverordnung Vergnügungsstätten als allgemein zulässige Nutzung ausdrücklich nur für das Kerngebiet (und in der Baunutzungsverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. September 1977, BGBl. I S. 1763, als ausnahmsweise zulässige Nutzung ausdrücklich nur für das besondere Wohngebiet) nennt. Der Senat hat im Urteil vom heutigen Tage in der Sache BVerwG 4 C 64.79 ausgeführt, daß die Aufführung spezieller gewerblicher Nutzungsarten wie der genannten Vergnügungsstätten bei einzelnen Baugebieten nicht schlechthin Ausschlußwirkung für andere Baugebiete hat, bei denen die spezielle gewerbliche Nutzungsart neben "sonstigen Gewerbebetrieben" oder neben "Gewerbebetrieben aller Art" nicht ausdrücklich aufgeführt ist. Allerdings deutet das darauf hin, daß der Verordnungsgeber eine solche spezielle gewerbliche Nutzung wegen ihres typischen Erscheinungsbildes, insbesondere wegen der typischerweise mit ihr verbundenen städtebaulichen Auswirkungen und ihrer typischen Standortanforderungen jedenfalls nicht als in der Regel mit der Zweckbestimmung des Baugebiets vereinbar angesehen hat. Es ist deshalb stets zu prüfen, welche Anlagen mit ihren jeweils besonderen Standortanforderungen und ihren jeweils besonderen Auswirkungen der Verordnungsgeber mit der von ihm vorgenommenen Typisierung zu einer speziellen gewerblichen Nutzungsart hat erfassen wollen und welche Zweckbestimmung dem jeweiligen Baugebiet zukommt, in dem "sonstige Gewerbebetriebe" oder "Gewerbebetriebe aller Art" zulässig sind. |
11. |
Daß die Baunutzungsverordnung Vergnügungsstätten als eine besondere Art gewerblicher Betriebe ausdrücklich nur den Kerngebieten als eine dort allgemein zulässige Nutzung zuordnet und damit auch den Charakter von Kerngebieten kennzeichnet, läßt erkennen, daß speziell Bordellbetriebe nicht dem typischen Erscheinungsbild der Vergnügungsstätte im Sinne der Baunutzungsverordnung entsprechen. Kerngebiete im Sinne des § 7 BauNVO sind Gebiete für zentrale Funktionen in der Stadt mit vielfältigen Nutzungen und einem - urbanen - Angebot an Gütern und Dienstleistungen für Besucher der Stadt und für die Wohnbevölkerung eines größeren Einzugsbereichs. Sie dienen darüber hinaus auch in beschränktem Umfang dem Wohnen (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 7, Abs. 3 Nr. 2 BauNVO, erweitert um § 7 Abs. 4 BauNVO 1977). Bordellbetriebe der hier beabsichtigten Art dagegen sind - anders als etwa die von der Baunutzungsverordnung typischerweise gemeinten Vergnügungsstätten wie Kinos, Tanzbars, Kabaretts usw. - Einrichtungen, für die sich im Hinblick auf die allgemeine sozialethische Bewertung und auf die sich aus dem "Milieu" ergebenden Begleiterscheinungen eher ein Standort eignet, der außerhalb oder allenfalls am Rande des "Blickfeldes" und der Treffpunkte einer größeren und allgemeinen Öffentlichkeit liegt und auch nicht in der Nachbarschaft von Wohnungen. Ob deshalb Bordellbetriebe überhaupt Vergnügungsstätten im Sinne der Baunutzungsverordnung und damit in erster Linie den Kerngebieten (und nach der BauNVO 1977 in zweiter Linie auch den besonderen Wohngebieten) zugeordnet sind, kann dahinstehen. Jedenfalls sind sie eine atypische Art der von der Baunutzungsverordnung gemeinten Vergnügungsstätten, so daß ihre Erwähnung in § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO (und in § 4 a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO 1977) nicht für ihre ausschließliche Zulässigkeit im Kerngebiet (und im besonderen Wohngebiet) und deshalb nicht schlechthin gegen ihre Zulässigkeit in einem Gewerbegebiet spricht. Die Zweckbestimmung von Gewerbegebieten ist es gerade, solchen Betrieben einen Standort zu bieten, die im Hinblick auf ihre spezifischen Standortanforderungen und ihre Auswirkungen zu Unzuträglichkeiten in Gebieten führen würden, in denen auch oder sogar vorwiegend gewohnt werden soll. |
12. |
Ein Bordell bringt auch im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO keine so erheblichen Nachteile oder Belästigungen für die Umgebung, daß es - von dem nach § 15 Abs. 1 BauNVO zu behandelnden Einzelfall abgesehen - schlechthin nicht im Gewerbegebiet zugelassen werden könnte. Bei der Zuordnung von Nutzungen zu einzelnen Baugebieten ist eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Es kommt darauf an, ob von der beabsichtigten Nutzung unter Berücksichtigung der typischen Art und Weise des Betriebs der Anlage in der Regel Nachteile und Belästigungen ausgehen können, die so erheblich sind, daß die Nutzung - von den Fällen des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BBauG abgesehen - in ein Industriegebiet verwiesen werden muß. Gewerbegebiete und Industriegebiete haben nämlich gemeinsam, daß in ihnen "Gewerbebetriebe aller Art" zulässig sind. Sie unterscheiden sich aber darin, daß die Erheblichkeit der Nachteile und Belästigungen der Maßstab dafür ist, ob der Gewerbebetrieb noch im Gewerbegebiet oder nur im Industriegebiet zulässig ist. Die von einem Bordell ausgehenden Nachteile und Belästigungen, nämlich vor allem der Lärm des Zu- und Abgangsverkehrs und sonstige "milieubedingte" Unruhe, erreichen diese Schwelle der Erheblichkeit nicht. Die Unzuträglichkeiten, die die Revision in diesem Zusammenhang anführt, nämlich ein mögliches anstößiges Verhalten von Besuchern des Betriebs oder von dort tätigen Personen gegenüber jugendlichen oder weiblichen Beschäftigten anderer Unternehmen in dem Gebiet sowie eine mögliche dem Ansehen anderer Unternehmen in dem Gebiet abträgliche Wirkung, sind nicht Nachteile und Belästigungen im Sinne des § 8 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BauNVO. Der in der Baunutzungsverordnung verwendete Begriff ist nämlich auf solche Nachteile und Belästigungen ausgerichtet, aus denen Konflikte zu anderen Nutzungsarten, insbesondere zur Wohnnutzung, entstehen können und die durch räumliche Trennung und Gliederung widerstreitender Nutzungsarten, nämlich durch Verweisung in eine andere Gebietskategorie der Baunutzungsverordnung, gelöst werden können. Dies ist aber bei den von der Revision angesprochenen Außenwirkungen eines Bordellbetriebs nicht möglich; derselbe Konflikt könnte ebenso in einem Industriegebiet auftreten. Daß derartige Unzuträglichkeiten so weit wie möglich vermieden werden, ist durch bauaufsichtliche Anforderungen an die bauliche Ausführung und Gestaltung des Betriebes und durch ordnungsbehördliche Maßnahmen zu sichern. |
13. |
Die Einordnung eines Betriebs unter den Begriff "der Gewerbebetriebe aller Art", dessen Nachteile und Belästigungen unterhalb der Schwelle der Erheblichkeit bleiben, macht ihn allerdings nicht ohne weiteres zulässig im Gewerbegebiet. Und die Erheblichkeit solcher Nachteile und Belästigungen ist nicht das einzige Merkmal für die unterschiedliche Zulässigkeit von Betrieben im Gewerbegebiet einerseits und im Industriegebiet andererseits. In Gewerbegebieten und Industriegebieten sind auch Nutzungen, die nach dem Leitbild einer geordneten städtebaulichen Entwicklung den für ein Gewerbegebiet oder ein Industriegebiet typischen Nachteilen und Belästigungen nicht a u s g e s e t z t werden sollen, nicht zulässig. Bauleitpläne sollen nämlich im Rahmen einer geordneten städtebaulichen Entwicklung auch dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern (§ 1 Abs. 6 Satz 1 BBauG). Deshalb sind z.B. gewerbliche Betriebe, die mit einer Wohnnutzung verbunden sind, wie ein Bordell, in dem die Dirnen auch wohnen, oder ein als Betrieb des Beherbergungsgewerbes einzustufendes Wohnheim, in Gewerbe- und Industriegebieten nicht zulässig. Nach dem vom Kläger zur Genehmigung gestellten Antrag sollen die Dirnen jedoch in dem Bordell nicht wohnen. Ob ein Bordell, in dem die Dirnen nicht wohnen, in einem Industriegebiet zulässig wäre, kann hier offenbleiben. Jedenfalls spricht der den Industriegebieten zukommende Zweck, der Unterbringung vorwiegend solcher Gewerbebetriebe zu dienen, die in anderen Baugebieten unzulässig sind (§ 9 Abs. 1 BauNVO), dafür, die Zulässigkeit solcher nicht erheblich belästigender Betriebe für das Industriegebiet anders zu beantworten als für das Gewerbegebiet. |
14. |
Nach § 15 Abs. 1 BauNVO kann allerdings ein Bordellbetrieb der vom Kläger beabsichtigten Art im Einzelfall im Gewerbegebiet unzulässig sein, wenn er "nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widerspricht" oder wenn von ihm "Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind". Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts liegt keines dieser Zulässigkeitshindernisse für das Vorhaben des Klägers vor. "Nach Anzahl" kann ein Bordell der Eigenart eines Gewerbegebiets widersprechen, wenn in dem Gebiet bereits ein solcher Betrieb oder gar eine Mehrzahl vorhanden ist. Der vom Kläger beabsichtigte Betrieb ist jedoch der erste dieser Art in dem Gewerbegebiet. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, daß das Gebiet durch die Zulassung des Bordells eine Prägung erlangen könnte, die es nach seiner Eigenart und Zweckbestimmung gleichsam als ein Sondergebiet für Bordellbetriebe erscheinen ließe. "Nach der Zweckbestimmung" kann ein Bordell der Eigenart eines Gewerbegebiets widersprechen, wenn etwa das Gewerbegebiet nach den Festsetzungen des Bebauungsplans gerade Betrieben mit bestimmten "besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften" dienen soll (§ 1 Abs. 4 BauNVO) oder wenn ihm nach den sich aus dem Bebauungsplan einschließlich seiner Begründung ergebenden Planungszielen und der örtlichen Situation (z.B. im Hinblick auf die Verkehrsanbindung, wie durch Gleisanschlüsse usw. oder wegen der Nähe zu bestimmten Anlagen) eine besondere Aufgabe, z.B. eine Ergänzungsfunktion, zukommt. Dafür ist hier von dem Beklagten jedoch nichts vorgetragen worden. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts gehen von dem Betrieb des Klägers auch keine unzumutbaren Belästigungen und Störungen auf die Umgebung aus. |
15. |
Der Revision kann nicht gefolgt werden, wenn sie meint, ein Bordellbetrieb sei als "sozial unwertige" Betätigung nicht erlaubt und sei damit auch bebauungsrechtlich nicht zulassungsfähig. Das von der Revision erwähnte Beispiel eines Rauschgiftvertriebs, der als strafrechtlich verbotene Betätigung auch bebauungsrechtlich nicht zulassungsfähig ist, ist zum Vergleich ungeeignet; denn das Betreiben eines Bordells allein ist nicht strafbar, sondern nur das Unterhalten oder das Leiten eines solchen Betriebs, in dem die der Prostitution nachgehenden Personen in persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit gehalten werden oder in dem die Prostitutionsausübung durch Maßnahmen gefördert wird, welche über das bloße Gewähren von Wohnung, Unterkunft oder Aufenthalt und die damit üblicherweise verbundenen Nebenleistungen hinausgehen (§ 180 a Abs. 1 StGB). Ein derartiger Betrieb wäre in der Tat auch bebauungsrechtlich nicht genehmigungsfähig. Dafür, daß ein solcher Betrieb beabsichtigt ist, gibt es aber keine Anhaltspunkte. Ein Anspruch auf Erteilung der Bebauungs- oder der Baugenehmigung für den Bordellbetrieb bestünde auch dann nicht, wenn der vom Kläger gewählte Standort innerhalb des Geltungsbereichs einer gemäß Art. 297 EGStGB erlassenen Rechtsverordnung über das Verbot der Prostitution läge. Ein Anspruch auf bebauungsrechtliche Zulassung eines Vorhabens besteht nämlich dann nicht, wenn das Vorhaben gegen andere öffentlichrechtliche Vorschriften verstößt und seine Verwirklichung daran schlechterdings scheitern muß (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Februar 1983 - BVerwG 4 C 19.81 - Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 197 m.w.Nachw. aus der Rechtsprechung des Senats).Dafür, daß der vom Kläger für das Bordell gewählte Standort im Geltungsbereich einer Rechtsverordnung nach Art. 297 EGStGB liegt, gibt es aber keine Anhaltspunkte. |
16. |
Die Feststellung, daß ein Bordell den Festsetzungen eines Bebauungsplans nicht widerspricht (§ 30 BBauG) und damit bebauungsrechtlich zulässig ist, bedeutet allerdings noch nicht, daß auch ein Anspruch auf Erteilung der Genehmigung für Umbau und Nutzungsänderung besteht. Das Oberverwaltungsgericht hat nur über die bebauungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens (allerdings noch nicht über die Zulassung der Wohnung, für die § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO in Betracht kommen kann) entschieden und den Beklagten verpflichtet, über den Antrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden; nur hierauf erstreckt sich die revisionsgerichtliche Überprüfung und Entscheidung. Bei der erneuten Entscheidung über das Vorhaben des Klägers hat der Beklagte - abgesehen von der noch ausstehenden Entscheidung über die Zulassung der Wohnung - nicht nur bauordnungsrechtliche, sondern alle einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die nach Landesrecht Gegenstand der Prüfung im Baugenehmigungsverfahren sind, zu beachten. Soweit das Landesrecht die Polizei- oder Ordnungsbehörden ermächtigt, im Einzelfall zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Ordnung den Betrieb eines Bordells zu untersagen, verstößt es nicht gegen Bundesrecht, wenn aus eben diesen Gründen die bauaufsichtliche Genehmigung für den Betrieb versagt wird. Das gilt auch dann, wenn diese Versagung im - pflichtgemäßen - Ermessen der Behörde steht; denn auch nach der Liberalisierung des Sexualstrafrechts genießt das Betreiben eines Bordells ebensowenig wie die Ausübung der Prostitution selbst (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Juli 1980 - BVerwG 1 C 45.77 - BVerwGE 60, 284 (289); BayVerfGH, Entscheidung vom 16. November 1982 - Vf 26 - VII 80 u.a. - NJW 1983, 2188 (2190)) den verfassungsrechtlich garantierten Schutz der Handlungsfreiheit und der Eigentumsfreiheit. Die sog. "Baufreiheit" kann als Ausfluß dieser verfassungsrechtlich garantierten Freiheiten nicht weitergehen als diese selbst. |