Bundesverwaltungsgericht
Urteil vom 26.04.1979
- 3 C 111/79
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 (weitere Fundstellen: BVerwGE 58, 45 ff.)

 

Leitsatz

 

Richtlinien, in denen bestimmt ist, unter welchen Voraussetzungen die im Haushaltsgesetz einschließlich Bundeshaushaltsplan zweckbestimmt ausgewiesenen Förderungsmittel an den "Empfängerkreis" zu verteilen sind, unterliegen grundsätzlich keiner richterlichen Interpretation. Die Verwaltungsgerichte haben sich auf die Überprüfung zu beschränken, ob aufgrund solcher Richtlinien überhaupt eine "Verteilung" öffentlicher Mittel vorgenommen werden kann (Vorbehalt des Gesetzes) und bejahendenfalls, ob bei Anwendung der Richtlinien in Einzelfällen, in denen die begehrte Leistung versagt worden ist, der Gleichheitssatz verletzt oder der Rahmen, der durch die gesetzliche Zweckbestimmung gezogen ist, nicht beachtet worden ist.

 

Gründe

1.

Der Kläger begehrt eine Prämie für die mit Vertrag vom 1. April 1971 vorgenommene langfristige Verpachtung seiner landwirtschaftlich genutzten Grundflächen (17,312 ha) an den Landwirt B. . Dieser bewirtschaftete damals nach seinen eigenen Angaben 65 ha eigene und 243 ha gepachtete landwirtschaftliche Nutzflächen. Der Kläger stützt seinen Antrag vom 7. April 1971 auf die Richtlinien des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (BML) zur Förderung der langfristigen Verpachtung durch Prämien vom 10. März 1969 (MinBl BML 1969 S 55).

2.

Das Landwirtschaftsamt P. lehnte den Antrag nach vorheriger Einholung einer Stellungnahme der Regierung der Oberpfalz und des Bayer Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit Bescheid vom 19. Oktober 1971 deshalb ab, weil agrarstrukturelle Vorteile mit der Verpachtung nicht verbunden seien. Zur weiteren Begründung machte sich das Landwirtschaftsamt den Inhalt der zuvor eingeholten Entscheidung des Bayer Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 28. September 1971 zu eigen. Hierin heißt es:

3.

"Die Verpachtung von landwirtschaftlichen Nutzflächen an Großbetriebe kann nur dann gefördert werden, wenn keine Pachtbewerber mit aufstockungsbedürftigen und entwicklungsfähigen Betrieben vorhanden sind und daher die Weiterbewirtschaftung der Flächen in Frage gestellt wäre. Wie aus dem Vorlagebericht hervorgeht, waren im vorliegenden Fall andere Landwirte - (gemeint sind die Landwirte Ba. und E.) - zur Pachtung der in Frage stehenden Flächen bereit, konnten aber mit dem besonders günstigen Pachtpreisangebot des Großbetriebes nicht mithalten. Agrarstrukturelle Vorteile sind mit der Verpachtung nicht verbunden".

4.

Die Beschwerde des Klägers wies die Regierung der Oberpfalz mit Bescheid vom 23. Februar 1973 ua mit dem Hinweis auf die generelle Entschließung des Bayer Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 16. Juni 1969 zurück, nach der für die Durchführung sowohl der im Auslaufen befindlichen Landesrichtlinien als auch der neuergangenen Bundesrichtlinien der Grundsatz gelte, daß keine Prämie gewährt werden könne, wenn der landwirtschaftliche Betrieb des Pächters eindeutig über die Größe einer vollen bäuerlichen Existenz hinausgehe.

5.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage, die auf Aufhebung der behördlichen Bescheide und auf Verpflichtung des Beklagten, die beantragte Verpachtungsprämie zu gewähren, gerichtet war, durch Urteil vom 18. Februar 1974 unter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Klagefrist aus folgenden Gründen abgewiesen: Aus der Präambel der Richtlinien und dem allgemeinen Bezuschussungszweck (Ziff 2.51 der Richtlinien) ergebe sich, daß die Verpachtung an Großbetriebe nicht förderungswürdig sei. Das Ziel der Richtlinien - die Schaffung möglichst vieler Vollerwerbsbetriebe - werde nicht erreicht, wenn die zur Pacht angebotenen Flächen von einigen Großbetrieben zusammengepachtet würden. Nur wenn andere förderungswürdige Bewerber nicht vorhanden seien, sei auch die Verpachtung an einen Großbetrieb prämienfähig (so die an die Regierungen gerichtete Entschließung des Bayer Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 6. April 1971); dies sei hier aber nicht der Fall gewesen.

6.

Mit der Berufung hat der Kläger sein Klagebegehren weiterverfolgt. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Nachbarn des Klägers, die Landwirte E. und Ba., als Zeugen "über die Vorgänge im Zusammenhang mit der Verpachtung der landwirtschaftlichen Grundflächen des Klägers" vernommen. Es hat sodann durch Urteil vom 9. April 1976 unter Neufassung des Tenors des erstinstanzlichen Urteils den Bescheid des Landwirtschaftsamts P. vom 19. Oktober 1971 und den Widerspruchsbescheid der Regierung der Oberpfalz vom 23. Februar 1973 aufgehoben, die Klage im übrigen abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Das Landwirtschaftsamt P. sei nicht zur Entscheidung über den Prämienantrag zuständig gewesen. Durch Art 15 Abs 1 des Gesetzes zur Förderung der bayerischen Landwirtschaft vom 27. Oktober 1970 (GVBl 1970 S 504) sei das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten für zuständig erklärt worden. Eine nach Art 15 Abs 2 dieses Gesetzes zulässige Zuständigkeitsübertragung auf nachgeordnete Behörden durch Rechtsverordnung sei nicht erfolgt. Die danach gebotene Aufhebung der ablehnenden Bescheide wegen fehlender Zuständigkeit erfolge aber nur zur Klarstellung, denn mit seinem eigentlichen Begehren, die Prämie zu erhalten, könne der Kläger keinen Erfolg haben. Insoweit trete der Senat der Auffassung des Erstgerichts bei.

7.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Revision des Klägers, mit der er sinngemäß beantragt, den Beklagten zu verpflichten, ihm die begehrte Verpachtungsprämie zu gewähren und die vorinstanzlichen Urteile insoweit aufzuheben, als sie diesem Begehren nicht entsprochen hätten.

8.

In seiner Revisionsbegründung rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Die vom Erstgericht und vom Berufungsgericht getroffene Auslegung der Bundesrichtlinien vom 10. März 1969 stelle eine nicht zulässige Beeinträchtigung der landwirtschaftlichen Großbetriebe dar. Ein Verbot, die Prämie zu gewähren, wenn an einen Großbetrieb verpachtet werde, enthielten die Richtlinien nicht. Der Kläger werde durch die vom Verwaltungsgerichtshof vertretene Auffassung in seinen grundgesetzlich geschützten Freiheitsrechten verletzt. Er werde gezwungen, seinen landwirtschaftlichen Betrieb an Bewerber zu verpachten, die ihre Landwirtschaft auf Grundflächen von weniger als rd 100 ha betrieben. Aus agrarstrukturellen Gründen dürfe seine Entscheidungsfreiheit indessen nicht beeinträchtigt werden.

9.

In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger ergänzend vorgetragen, der Landwirt B. habe keinen Großbetrieb; insbesondere habe das Berufungsgericht nichts darüber gesagt, was unter einem Großbetrieb zu verstehen sei. Hätten Großbetriebe ausgeschlossen werden sollen, so hätte dies vom Gesetzgeber ausdrücklich erklärt werden müssen. Eine solche Diskriminierung der Großbetriebe sei auch nicht gewollt gewesen. Im übrigen hätten seine persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse sowie der Umstand berücksichtigt werden müssen, daß kein anderer Pachtbewerber als der Landwirt B. die landwirtschaftlichen Gebäude habe übernehmen wollen.

10.

Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen. Er verteidigt das angefochtene Urteil und weist ergänzend darauf hin, das Bayer Staatsministerium habe mit Schreiben vom 12. Februar 1976 die endgültige Einstellung der Förderung der langfristigen Verpachtung durch Prämien verfügt.

11.

Der Oberbundesanwalt beteiligt sich - ohne eigenen Antrag - am Verfahren. Er hat in der mündlichen Verhandlung insbesondere dargelegt, die Bundesrichtlinien seien keine Rechtsvorschriften. Sie seien innerdienstlichen Anweisungen vergleichbar. Außenwirkung erhielten die Richtlinien erst durch ihre Anwendung in der Praxis, und zwar unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Selbstbindung. Eine Praxis, daß bei Verpachtung an Großbetriebe Prämien gewährt worden seien, habe der Verwaltungsgerichtshof nicht festgestellt.

12.

Die Revision ist unbegründet.

13.

Nach dem Revisionsantrag ist ausschließlich darüber zu befinden, ob das Verpflichtungsbegehren des Klägers, dem beide vorinstanzlichen Urteile nicht entsprochen haben, Erfolg haben kann. Diese Frage ist zu verneinen.

14.

Eine Vorschrift des Bundesrechts, das allein der revisionsgerichtlichen Beurteilung unterliegt (§ 137 Abs 1 Nr 1 VwGO), nach der der Kläger einen Rechtsanspruch auf die von ihm begehrte Verpachtungsprämie hat, gibt es nicht. Der Kläger hat lediglich einen Anspruch, daß der Beklagte über sein Begehren in ermessensfehlerfreier Weise (entsprechende Anwendung des § 114 VwGO) entscheidet, insbesondere frei von Willkür (Art 3 Abs 1 GG) seine Entscheidung trifft. Unter diesem rechtlichen Blickwinkel ist - unbeschadet des Umstandes, daß die Förderung von langfristigen Verpachtungen durch Prämien bereits im Februar 1976 eingestellt worden sein soll - die vom Beklagten durch die in den vorinstanzlichen Gerichtsverfahren gestellten Anträge zum Ausdruck gebrachte Ablehnung der begehrten Verpachtungsprämie aus revisionsgerichtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Deshalb erweisen sich auch das die Verpflichtungsklage abweisende Urteil und das die Berufung zurückweisende Urteil im Ergebnis als richtig.

15.

1. Eine gesetzliche Grundlage für die Bereitstellung der Förderungsmittel, die dem Beklagten zur Verfügung stehen, um Verpachtungsprämien der vom Kläger begehrten Art zu gewähren, ist gegeben. Es fehlt hingegen an einer normativen Basis für die Abwicklung des Förderungsprogramms; das ist jedoch rechtlich unerheblich.

16.

a) Rechtsgrundlage für die Bereitstellung der Förderungsmittel durch den Beklagten ist das Haushaltsgesetz 1969 (BGBl II S 793) in Verbindung mit dem Bundeshaushaltsplan, in dessen Kap 10 02 Tit 882 13 "Zuweisungen für besondere agrarstrukturelle Maßnahmen" ausgewiesen sind. In den Erläuterungen zu diesem Titel ist ua bemerkt:

"Außerdem soll die langfristige Verpachtung kleinerer landwirtschaftlicher Betriebe durch Zuschüsse nach Maßgabe besonderer Richtlinien gefördert werden".

17.

Das Haushaltsgesetz einschließlich Bundeshaushaltsplan ist zwar kein Gesetz im materiellen Sinne. Gleichwohl kann die im Haushaltsgesetz 1969 vorgenommene Bereitstellung der Förderungsmittel und deren Zweckbindung mit der Auflage, die Zuschüsse nach Maßgabe besonderer Richtlinien zu gewähren, in verfassungsrechtlicher Sicht als ausreichende Rechtsgrundlage für die vorgesehene Subventionierung angesehen werden. Dem Bundesgesetzgeber war es jedenfalls bei Verkündung des Haushaltsgesetzes 1969 und damit vor Erlaß des Einundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 12. Mai 1969 (BGBl I S 359), durch dessen Art I ua die Art 91a, 104a in das Grundgesetz eingefügt worden sind, verfassungsrechtlich nicht verwehrt, im Bereich seiner Gesetzgebungszuständigkeit (hier Art 72 Abs 2 Nr 3; Art 74 Nrn 17, 18 GG) in einem Haushaltsgesetz die genannten Förderungsmittel bereitzustellen und lediglich deren Verwendungszweck im Rahmen der Subvention zu umreißen, im übrigen aber die Verteilung entsprechend dem Subventionszweck durch Erlaß von Richtlinien den Stellen vorzubehalten, die kraft der Verfassung dazu berufen sind (vgl BVerfGE 39, 96 (110); 41, 291 (304)).

18.

Bei gegenteiliger Auffassung müßte der Kläger im übrigen mit seinem Begehren schon deshalb scheitern, weil es an der für die Bereitstellung öffentlicher Mittel für Subventionszwecke erforderlichen gesetzlichen Grundlage fehlte. Er könnte sich dann auch nicht auf eine Verwaltungspraxis, nach der gleichwohl Verpachtungsprämien gewährt worden seien, mit Erfolg berufen. Der allgemeine Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) gibt in Fällen dieser Art keinen Anspruch, rechtswidriges Handeln zu wiederholen.

19.

b) Die Regelung der Frage, unter welchen Voraussetzungen die bereitgestellten Mittel entsprechend dem gesetzlich festgelegten Zweck zu gewähren sind, ist hingegen nicht durch Rechtsnormen erfolgt. Die Abwicklung des gesetzlich umrissenen Förderungszwecks ist - wie in der Anmerkung zum Bundeshaushaltsplan vorgesehen - durch Richtlinien geregelt, und zwar im Bereich des Beklagten durch die Richtlinien des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zur Förderung der langfristigen Verpachtung durch Prämien vom 10. März 1969 (MinBl BML 1969 S 55) und die Bayer Durchführungsbestimmungen für diese Bundesrichtlinien vom 20. Mai 1969 (LMBl 1969 S 75) sowie die dazu ergangenen Entschließungen des Bayer Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 16. Juni 1969 und vom 6. April 1971 (beide nicht veröffentlicht, sondern an die Regierungen schriftlich bekanntgemacht). Richtlinien dieser Art sind keine Rechtsnormen. Sie haben keinen Rechtssatzcharakter. Sie sind zwar auch dazu bestimmt, Maßstäbe zu setzen für die Verteilung der Förderungsmittel; insoweit regeln sie das Ermessen der letztlich für die Verteilung bestimmten Stellen, wobei in diesem Zusammenhang offenbleiben kann, unter welchen Voraussetzungen diesen zunächst nur für den Verwaltungsablauf vorgesehenen Richtlinien auch - und mit welcher Rechtsfolge - Außenwirkung beizumessen ist. Selbst wenn unterstellt wird, daß diesen Richtlinien bei pflichtgemäßer Anwendung eine - wie auch immer geartete - Außenwirkung zukommt, kann ihnen jedenfalls insoweit kein Rechtssatzcharakter beigemessen werden, als sie Voraussetzungen aufstellen, unter denen die Verpachtungsprämie zu gewähren ist. Der erkennende Senat schließt sich insoweit der Rechtsprechung des 6. und 7. Senats des Bundesverwaltungsgerichts an (s Urteil vom 28. April 1978 - BVerwG 7 C 43.76 - (Buchholz 451.55 Subventionsrecht Nr 54) mit weiteren Nachweisen), ohne damit von der Rechtsprechung des 1. Senats des Bundesverwaltungsgerichts abzuweichen (Urteile vom 16. September 1975 - BVerwG 1 C 38.74 - (Buchholz 424.3 Förderungsmaßnahmen Nr 1 = RdL 1975, 325) und vom 6. Dezember 1978 - BVerwG 1 C 42.75 -), in welcher diese Frage offengeblieben ist und in der die hier in Rede stehenden Bundesrichtlinien vom 10. März 1969 lediglich "zugunsten der Kläger als gültiges Bundesrecht betrachtet" worden sind.

20.

Von diesem Ergebnis, daß die hier maßgeblichen Richtlinien keinen Rechtssatzcharakter haben, gehen auch die Urteile der Vorinstanzen aus. Gleichwohl ergibt sich aus den Gründen dieser Entscheidungen, daß die Instanzgerichte mit dem Wortlaut der Richtlinien so verfahren sind, als wären sie Rechtsvorschriften. Das Berufungsgericht hat - insoweit in Übereinstimmung mit den oben zitierten Gründen des erstinstanzlichen Urteils - unter Rückgriff auf den in der "Präambel" der Richtlinien vom 10. März 1969 umrissenen Zweck der Verpachtungsprämie die Bestimmungen der Richtlinien, in denen die Voraussetzungen für die Gewährung der Prämie angeführt sind, in einer Weise ausgelegt, wie es nach den Regeln der Gesetzesauslegung geboten wäre. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

"Die Richtlinien vom 10.3.1969 enthalten kein ausdrückliches Verbot, bei Verpachtung an Großbetriebe eine Prämie zu gewähren. Aus ihrer Präambel kann man jedoch entnehmen, daß es Ziel der Prämiengewährung war, landwirtschaftliche Betriebe, die zu ihrer Vergrößerung Pachtland benötigen, zu fördern. Man könnte zwar argumentieren, daß auch der größte Betrieb, der sich vergrößern will, zusätzliches Land benötigt, weil sonst eine Vergrößerung nicht erfolgen kann. Jedoch ist angesichts der Zielsetzung der Landwirtschaftspolitik der letzten Jahre, möglichst vielen Betrieben eine dauerhafte und ausreichende Existenzgrundlage zu verschaffen, die Auslegung geboten, daß in erster Linie die Verpachtung an förderungswürdige Betriebe unterstützt werden sollte. Auch Nr 2.51 der Richtlinien läßt erkennen, daß der Betrieb des Pächters mit der Pachtfläche ein Vollerwerbsbetrieb werden oder in absehbarer Zeit die Größe eines solchen erreichen soll. Hiermit in Einklang steht, daß nach der LME vom 6.4.1971 wegen der zunehmenden Schwierigkeiten geeignete Pächter für angebotenes Pachtland zu finden, die Prämie künftig auch zu gewähren ist, wenn die Flächen mangels aufstockungswilliger Betriebe von Großbetrieben aufgenommen werden. In erster Linie sollten also aufstockungsbedürftige Betriebe gefördert werden".

21.

Die "Auslegung" von Verwaltungsrichtlinien der hier in Rede stehenden Art in der Weise, wie sie das Berufungsgericht vorgenommen hat, ist mit Bundesrecht nicht vereinbar.

22.

Hat die Exekutive durch ein (wenn auch nur Haushaltsgesetz) Gesetz die Befugnis erhalten, durch Richtlinien zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen zweckbestimmte Zuwendungen an den gesetzlich festgelegten "Empfängerkreis" zu verteilen sind, dann sind diese - für den Bereich der gesetzesfreien Erfüllung öffentlicher Aufgaben erlassenen - Richtlinien grundsätzlich keiner richterlichen Interpretation unterworfen. Der Richter hat nach dem Grundsatz der Gewaltenteilung (Art 20 Abs 2 und 3 GG) und im Hinblick auf Art 19 Abs 4 GG zu prüfen, ob auf Grund einer solchen Richtlinie überhaupt eine "Verteilung" öffentlicher Mittel vorgenommen werden darf (Vorbehalt des Gesetzes) und bejahendenfalls - wie hier (s unter Buchst a) -, ob bei Anwendung der Richtlinien in Einzelfällen, in denen die begehrte Leistung versagt worden ist, der Gleichheitssatz verletzt oder der Rahmen, der durch die gesetzliche Zweckbestimmung gezogen ist, nicht beachtet worden ist. Bei der Prüfung, ob eine solche Nichtbeachtung vorliegt, macht es keinen Unterschied, ob die zur Bewilligung zuständige Stelle sich bei der Entscheidung des Einzelfalles auf den schlichten Wortlaut der Richtlinien berufen oder diesen ihrerseits interpretiert hat; entscheidend ist, ob das Ergebnis des Einzelfalles im Widerspruch zum gesetzlich bestimmten Förderungszweck steht.

23.

Verteilungsmaßstäbe, die in Richtlinien niedergelegt sind, die - wie hier - ihre gesetzliche Grundlage im Haushaltsgesetz einschließlich Bundeshaushaltsplan - also in einem lediglich formellen Gesetz - haben, sind hiernach als Ermessensrichtlinien besonderer Art anzusehen. Sie erfüllen zwar im Bereich der darreichenden Verwaltung eine Funktion, die in der Regel Rechtsnormen zukommt. Das aber berechtigt den Richter nicht, sie wie Rechtsnormen auszulegen. Die Überprüfung der Anwendung solcher Richtlinien durch die Verwaltungsgerichte hat sich im Hinblick auf Art 19 Abs 4 GG an den Maßstäben zu orientieren, die in § 114 VwGO für die Fälle gesetzt sind, in denen die Behörden durch Rechtsvorschriften des materiellen Rechts ermächtigt worden sind, nach ihrem Ermessen zu handeln.

24.

2. Die Gründe des Berufungsurteils verletzen mithin Bundesrecht; die Entscheidung selbst stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs 4 VwGO).

25.

Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, die gemäß § 137 Abs 2 VwGO nicht mit zulässigen und begründeten Rügen angegriffen und deshalb für das Bundesverwaltungsgericht bindend sind, hat der Beklagte die Richtlinien des BML vom 10. März 1969 durch seine Durchführungsbestimmungen vom 20. Mai 1969 (aaO) für den Bereich des Freistaates Bayern übernommen und sie generell durch seine Entschließungen vom 16. Juni 1969 und 6. April 1971 interpretiert. Hiernach ist die Verpachtungsprämie grundsätzlich nur zu gewähren, wenn der Betrieb des Pächters zu den aufstockungsbedürftigen Betrieben gehört, wobei sich aus dem Zusammenhang der Entscheidungsgründe ergibt, daß der Beklagte einen landwirtschaftlichen Betrieb jedenfalls dann nicht mehr zu den aufstockungsbedürftigen Betrieben rechnet, wenn dieser im Zeitpunkt der Anpachtung erheblich mehr als 100 ha landwirtschaftliche Flächen (Eigenland und Pachtland) umfaßt (s auch Entschließung vom 16. Juni 1969). Solche Betriebe werden von dem Beklagten als Großbetriebe bezeichnet; wird an sie verpachtet, so steht dies nach der Entschließung vom 6. April 1971 der Gewährung einer Verpachtungsprämie nur dann nicht entgegen, wenn kein aufstockungsbedürftiger Betrieb für das angebotene Pachtland zu finden ist.

26.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Bundesrichtlinien vom 10. März 1969 auch einer Interpretation zugänglich gewesen wären, wie sie der Kläger und der Oberbundesanwalt in ihren schriftsätzlichen Ausführungen für richtig halten. Die vom Berufungsgericht ermittelte, mit den Entschließungen des Bayer Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 16. Juni 1969 und 6. April 1971 übereinstimmende Interpretation der vom Beklagten übernommenen Bundesrichtlinien vom 10. März 1969 verletzt kein Bundesrecht, auf das sich der Kläger zu seinen Gunsten berufen könnte. Die Grenzen der Interpretation oder Ergänzung von Bundesrichtlinien vorliegender Art durch das jeweilige Land oder durch die im Einzelfall zur Entscheidung berufene Behörde werden - jedenfalls im Verhältnis zu dem Subventionsbewerber - hier allein durch den im Bundeshaushaltsplan umrissenen Subventionszweck bestimmt. In diesen Grenzen hält sich die vom Berufungsgericht festgestellte Interpretation. Die Zweckbestimmung lautet:

"Zuweisungen für besondere agrarstrukturelle Maßnahmen"

und in den Erläuterungen hierzu ist bestimmt:

" ... die langfristige Verpachtung kleinerer landwirtschaftlicher Betriebe (soll) durch Zuschüsse nach Maßgabe besonderer Richtlinien gefördert werden ... . Dementsprechend gehören in den Rahmen dieses Titels insbesondere folgende Maßnahmen: ...

Ziff 4) Hilfen bei freiwilliger Landabgabe und freiwilliger Verpachtung".

27.

Hiernach kann es unter der gebotenen entsprechenden Anwendung des § 114 VwGO nicht beanstandet werden, wenn der Beklagte die Prämiengewährung nach den Bundesrichtlinien vom 10. März 1969 so handhabt, wie es nach den Feststellungen des Berufungsgerichts der Fall ist.

28.

Der Kläger erfüllt nicht die Voraussetzungen, die zu erfüllen wären, um ihm eine Verpachtungsprämie gewähren zu können. Das hat das Berufungsgericht auf Grund der durchgeführten Beweisaufnahme entschieden. Die zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen hat der Kläger innerhalb der Revisionsbegründungsfrist nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsgründen angegriffen (§ 137 Abs 2 VwGO).

29.

Das Berufungsgericht hat auch nicht festgestellt, daß der Beklagte bei seiner Entscheidung von den Maßstäben abgewichen ist, die er sich durch die Interpretation der Bundesrichtlinien selbst gesetzt hat. Zu den vom Kläger genannten Fällen G. und M., in denen nach seiner Darstellung eine Prämie bei einer Verpachtung an einen Großbetrieb gewährt worden ist, hat der Kläger im übrigen in der Tatsacheninstanz nicht einmal behauptet, daß aufstockungsbedürftige Betriebe vorhanden gewesen seien.

30.

Soweit der Kläger mit seinen Rügen, das Berufungsgericht habe die Richtlinien falsch ausgelegt (insbesondere den Begriff des Großbetriebes verkannt), die Verletzung materiellen Rechts geltend gemacht hat, gehen seine Angriffe fehl. Es kann in diesem Zusammenhang auf die oben gemachten Ausführungen zu der Frage, inwieweit die Verwaltungsgerichte zur Überprüfung der Richtlinien befugt sind, verwiesen werden.

31.

Die weitere Rüge, der Beklagte hätte die persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse des Klägers berücksichtigen müssen, könnte selbst dann keinen Erfolg haben, wenn der Beklagte diese Gesichtspunkte im Rahmen der gesetzlichen Zweckbestimmung hätte berücksichtigen dürfen; ihre Nichtberücksichtigung stellt keinen Rechtsverstoß im Sinne des § 114 VwGO dar.

32.

Nach allem war die Revision zurückzuweisen.